von Marco Tito Aronica (Donnerstag, 11.07.2019 - 13:00 Uhr)
Vom Geheimtipp zum geliebten Spin-Off: Square Enix untersucht die erfolgreiche Ernte von 2016 und optimiert die Qualität der Saat um ein Vielfaches. Wir erklären euch, was Dragon Quest - Builders 2 noch besser macht als sein Vorgänger.
Ein Donnerschlag reißt euch aus dem Schlaf. Es ist kalt, nass und der Regen wird von einem Sturm durch das morsche Holz getragen. Ihr habt euch nicht einmal den Schlafsand aus den Augen gerieben, da werdet ihr von einem klapprigen Skelett zur Strafarbeit verdonnert. Ihr seid ein lästiger Gefangener, der sich aber dank seiner Fähigkeiten als Erbauer äußerst nützlich für die zwielichtigen Schurken erweisen könnte.
Ihr nehmt die Treppe nach oben und könnt aufgrund des schwarzen Himmels nur schwer erkennen, dass ihr euch auf einem Schiff befindet. Ihr erledigt Aufgaben für die faule Crew des Skelettkapitäns, die euch im Rahmen eines Tutorials die wichtigsten Spielmechaniken beibringen. Doch plötzlich zieht ein Sturm auf, der mehrere Löcher in den Rumpf hämmert - der Bildschirm wird schwarz. Wieder werdet ihr aus einem unfreiwilligem Schlaf geweckt. Dieses Mal ist es ein wohltuendes Meeresrauschen und das sanfte Plätschern der Wellen, die sich an quadratischen Blöcken brechen.
Diese karge und trostlose Insel wird bald euch gehören. Zusammen mit anderen Bewohnern verwandelt ihr die graue Idylle in ein blühendes Paradies. Die Geschichte von Dragon Quest - Builders 2 ist schnell erzählt und gewohnt eindimensional. Das wird euch auch gar nicht weiter stören, denn der Fokus liegt klar im Herzen eurer Kreativität.
Für alle, die mit Dragon Quest - Builders 2 so gar nichts anfangen können: Es handelt sich um ein Spin-Off der japanischen Rollenspielserie "Dragon Quest", die bereits seit 1986 mit ganz eigenem Humor und Charme bei der Spielerschaft punktet. Das Action-Rollenspiel wird durch die schöpferische Freiheit von Minecraft ergänzt und schafft ein völlig neues Genre. Euch ist mit Sicherheit auch der kleine Protagonist mit Stachelfrisur aufgefallen. Der ähnelt nicht ohne Grund einem berühmten und stets hungrigen Saiyajin aus Dragon Ball, denn Akira Toriyama ist neben der erfolgreichen Anime- und Manga-Reihe auch für das Charakter-Design von Dragon Quest verantwortlich.
Der zweite Teil macht das charmante Spinoff zu einer eigenen Serie und ist wesentlich mehr als nur ein Aufguss von altbekannten Mechaniken. Die Fortsetzung übertrifft ihren ohnehin starken Vorgänger und ihr dürft euch auf zahlreiche Neuerungen freuen.
Direkt nach Spielstart erhaltet ihr eure eigene Insel geschenkt, das Eiland des Erwachens. Hier gibt es weder Vegetation, noch eine Menschenseele - zumindest anfangs. Euer Ziel ist es, verschiedene Inseln zu bereisen, dort nach Ressourcen sowie willensstarken Helfern zu suchen und diese dann für den Aufbau eines eigenen Paradieses zu nutzen. Das ist sehr motivierend und regt euren schöpferischen Drang als Erbauer sofort an.
Anstatt von Kapitel zu Kapitel zu springen und eure Kunstwerke im digitalen Niemandsland zurückzulassen, wie das noch im Vorgänger der Fall war, verbringt ihr nun viel mehr Zeit auf einzelnen Inseln und könnt jederzeit zurückkehren, sofern ihr das wollt.
Eure erste Begegnung im Spiel ist die mit Malroth - einem frechen Dreikäsehoch mit loser Zunge. Wer er ist oder wie er auf das Eiland des Erwachens gekommen ist, wisst ihr zu diesem Zeitpunkt nicht. Ihr werdet Partner und euer Handlanger erweist sich als äußerst große Hilfe. Ihr seid nicht mehr länger alleine unterwegs. Malroth ist ein begnadeter Kämpfer und hält Monster fern, die sich euch nähern. Aber auch eurer Fähigkeit als Erbauer eifert er fleißig nach. Haut ihr auf Bäume ein, um Holz für die Siedlung zu gewinnen, sammelt Malroth ebenfalls Ressourcen ein - tolle Neuerung!
Ganz allgemein hat sich das Spieltempo enorm erhöht. Damit wurde ein großes Problem des Vorgängers auf kreative Weise gelöst. Ihr erreicht viel schneller einen befriedigenden Fortschritt und fühlt euch gleich viel produktiver. Hier mal ein paar Beispiele, die für mehr Tempo sorgen:
ihr könnt jetzt sprinten, solange eure Ausdauer-Anzeige gefüllt ist
ein Hängegleiter erlaubt euch das Überwinden großer Strecken in der Luft
später im Spiel werden Fahrzeuge freigeschaltet, die mehr als eine Person transportieren können
Werkzeuge und Waffen nutzen sich nicht mehr ab und ihr verbringt nicht die Hälfte eures kostbaren Tages an der Werkbank
wichtige Gegenstände oder Ressourcen, die ihr für eine Mission oder einen Bauplan benötigt, werden bei der Herstellung markiert
Helfer in Siedlungen bauen selbständig Felder an, wenn ihr ihnen die Ressourcen zur Verfügung stellt
Euch werden durch diese Neuerungen mehr Freiheiten gewährt und das Gameplay wird nicht ausgebremst.
Während ihr eure erste Siedlung aufbaut, wird euch eines schnell klar: Dragon Quest - Builders 2 setzt mehr auf Landwirtschaft und erweitert das kreative Klötzchenbauen damit um eine entspannte Tätigkeit mit Wohlfühlfaktor. Ihr baut Salat, Weizen und Tomaten aber nicht nur für eigene Zwecke an. Ihr habt eine Familie zu versorgen, eure fleißigen Helfer, die den Boden umpflügen, Samen pflanzen oder euch mit schepperndem Applaus belohnen, wenn ihr einen Gefallen erfüllt habt.
Ihr bekommt so schnell das Gefühl von einer Gemeinschaft, die ihr aufbauen, führen und versorgen müsst. Euch wachsen die Charaktere trotz ihres unerschöpflichen Rededrangs ans Herz und ihr investiert gerne Zeit in die Landwirtschaft, um für ein glückliches Zusammenleben zu sorgen. Ihr persönliches Glück drücken Mitmenschen mit Herzchen aus, die sie fallen lassen. Das sind sogenannte Dankbarkeitspunkte, mit denen ihr die Siedlungen und die Effektivität eurer Mithelfer aufleveln und verbessern könnt.
Später schaltet ihr mit Dankbarkeitspunkten sogar neue Rezepte, Anleitungen und Inseln frei. Ihr erhaltet somit einen zusätzlichen Ansporn, der euch förmlich durch die Missionen treibt und nie Langeweile aufkommen lässt. Kein Handgriff ist umsonst!
Die Inseln, die ihr auf eurer Suche nach neuen Ideen und Ressourcen bereist, sind riesig. Von miefigen Sümpfen über einen dichten Dschungel lädt die erste Insel namens Grünwald zusätzlich in eine staubige Wüste ein. Überall findet ihr unterschiedliche Ressourcen, und alles zu erkunden, wird Tage dauern. Zum Glück erleichtert euch eine Schnellreise die ausgiebige Exkursion.
Rein optisch hat sich gar nicht viel getan. Der Charme der bunten Klötzchen-Optik bleibt bestehen und lädt förmlich dazu ein, der eigenen Kreativität mehr Spielraum zu geben. Obendrauf könnt ihr jetzt sogar in die Ego-Perspektive wechseln. Schnell werdet ihr aber feststellen, dass ihr die Übersicht einer Verfolgerperspektive beim Bauen benötigt - nur eine nette Dreingabe also.
Als Entdecker seid ihr nunmehr nicht allein. Square Enix spendiert Dragon Quest - Builders 2 nämlich einen Mehrspielermodus, in dem ihr mit bis zu vier Spielern gleichzeitig in einer Welt am Traum vom Postkartenidyll arbeitet. Alles das, was Builders 2 so besonders macht, könnt ihr also mit Freunden teilen - wie schön! Wie ihr den Multiplayer- und Koop-Modus freischalten könnt, zeigen wir euch an anderer Stelle.
Bei all den Lobeshymnen gibt es allerdings ein paar Kleinigkeiten, die für Unmut sorgen. Der Einstieg ist sehr zäh und ihr werdet erschlagen von langen Textboxen, die teilweise auch viel zu klein sind. Die Charaktere sind meist liebenswert, haben euch viel zu erzählen und profitieren von wundervoll geschriebenen, humorvollen Dialogen, doch sie plappern einfach zu viel. Viel zu viel. Schon sehr früh habe ich mich dabei erwischt, wie ich wiederholt den X-Knopf gedrückt (wir haben übrigens auf einer PlayStation 4 getestet) und die Texte nur noch überflogen habe. Und das ist sehr schade, denn trotz der Übersetzung ins Deutsche geht der typische "Dragon Quest"-Humor keinesfalls verloren.
Die Kämpfe sind immer noch sehr unübersichtlich und eintönig. Ihr holt zum Schlag aus, weicht aus, schlagen, ausweichen, draufhauen, wegrennen. Und eure kleine Spielfigur geht auf dem Schlachtfeld völlig unter, weil auch andere Dorfbewohner zur Waffe greifen und euch meistens mehr als nur ein Gegner überfällt.
Eines muss ich im Test noch erwähnen, was meine spielerische Freiheit zu Beginn sehr stark eingeschränkt hat: Im Gegensatz zu Minecraft werdet ihr an die Hand genommen und mithilfe von Aufträgen und Missionen durch die Kampagne geleitet. Das ist auch gut so, denn genau das hält euch stets auf Trab. Dieses System birgt aber auch Risiken, wie ich erfahren musste.
Anstatt einen kleinen Raum für euren Freund Bonanzo zu bauen, geht ihr einfach mal spontan auf Erkundungstour. Ihr trefft stumme NPCs, die nicht mit euch sprechen wollen. Die melden sich nämlich erst zu Wort, wenn ihr sie im Rahmen einer bestimmten Aufgabe besuchen sollt. Später sammelt ihr Ressourcen für einen Bauplan und verbringt dadurch Stunden außerhalb der sicheren Zone. Ihr kehrt zurück, fangt an zu bauen und plötzlich stehen zwei Bewohner mit einer Truhe hinter euch, in der alle benötigten Ressourcen zu finden sind - die Suche hättet ihr euch also sparen können, wenn ihr vorher euren Mitmenschen mit dem Fragezeichen über dem Kopf angesprochen hättet.
Das sind letztendlich aber nur Kleinigkeiten, die euch etwas den Schein von Freiheit rauben. Habt ihr diese Erfahrung einmal gemacht, wird euch das kein zweites Mal passieren.
Größer, länger, besser: Im Vergleich zum Vorgänger hat die knuffige Aufbausimulation auf fast allen Erntefeldern ordentlich zugelegt. Wer in den trockenen Mittelbreiten des Sommerlochs umherirrt, der wird hier eine reine Quelle mit ausreichend Wasser finden. Zum Ende fassen wir Dragon Quest - Builders 2 für euch noch einmal zusammen:
Dragon Quest - Builders 2 erscheint voraussichtlich am 12. Juli 2019 für PlayStation 4 und Nintendo Switch
der Download des Spiels (ohne Updates) ist nur 1,68 GB groß
Mischung aus Action-Rollenspiel und Minecraft
Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler
Charakter-Designs von Akira Toriyama
Charaktere und Siedlungen steigen im Level
erhöhtes Spieltempo sorgt für befriedigenden Fortschritt
ihr könnt euch mit Tieren wie Hunden oder Hühnern anfreunden
chaotische Kämpfe nach immergleichem Muster
ausschweifende Dialoge mit typischem "Dragon Quest"-Humor
gigantische Bosskämpfe schließen Kapitel ab
minimalistische Optik, die mit Details überzeugt
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Für mich ist Dragon Quest - Builders 2 das perfekte Spiel für das aktuelle Sommerloch, bei dem ich mich einfach zurücklehnen kann und die Gemütlichkeit in ihrer reinsten Form genieße. Als ich meinem Hirn diesen Test extrahiert habe, hat mich immer ein Gefühl von Glückseligkeit begleitet. Und genau das strahlt dieses Spiel für mich aus. Die Dialoge sind lustig, die Charaktere putzig und das können mir euch kleine Fehler nicht madig machen.
Wer den Vorgänger gespielt hat und damit Spaß hatte, der kann ohne Bedenken zugreifen - versprochen! In einer Videospielwelt voller Dystopien, Waffengewalt und Lootboxen ist das würfelförmige Abenteuer eine willkommene Abwechslung zum Entspannen.
spieletipps meint: Ein Abenteuer zum Wohlfühlen und Entspannen. Macht fast alles besser als sein Vorgänger.
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