Fire Emblem - Three Houses

Test Fire Emblem: Three Houses - Drei Abenteuer zum Preis von einem?

von Sergej Jurtaev (Donnerstag, 25.07.2019 - 17:41 Uhr)

Nach drei erfolgreichen Teilen auf Nintendo 3DS, feiert die „Fire Emblem“-Serie mit Three Houses ihre Rückkehr auf einer Heimkonsole. Auf die bekannte Erfolgsformel wollen sich die Entwickler nicht verlassen, denn so viel sei verraten: Three Houses schlägt eine neue Richtung ein!

Schon wieder auserwählt?

Fire Emblem: Three Houses, ein rundenbasiertes, taktisches Fantasy-Rollenspiel für Nintendo Switch, kann seinen langatmigen Einstieg nicht lange verbergen, aber zumindest zu Spielbeginn geht alles ganz schnell: Ohne einer nachvollziehbaren Begründung werdet ihr bei eurem ersten Besuch im „Garreg Machׅ“-Kloster zum neuen Magister ernannt und sollt euch fortan um eine Klasse kümmern.

Ein Fremder ohne Erfahrung und mit wankelmütiger Erinnerung, der zudem mit einem geheimnisvollen Mädchen verbunden ist, die ebenfalls an Amnesie leidet? Ihr merkt es schon, der gespielte Akkord des Auserwählten erklingt laut und aufdringlich. Auf diese Weise geratet ihr auch – wie so oft – in einen politischen Zwist, bei dem das Kloster und seine Erzbischöfin im Mittelpunkt stehen.

Fire Emblem - Three Houses: E3 2019 Story-Trailer

Durch eine interessante Handlung zeichnen sich die „Fire Emblem“-Spiele selten aus. Und auch wenn Three Houses viele Fragen plump präsentiert, trügt der Schein: Euch erwartet eine spannende und wendungsreiche Geschichte, die sehr gut unterhält.

Ihr fragt euch garantiert, inwiefern die Wahl eines Hauses die Geschichte beeinflusst. Den roten Faden der Geschichte könnt ihr erst einmal nicht abrupt umlenken. Vielmehr verlaufen Gespräche anders und ihr bekommt die Sichtweisen der jeweiligen Schüler mit, die in die Probleme selbstredend involviert werden. Mit zunehmender Spielzeit zeichnen sich aber immer mehr Unterschiede ab und im letzten Viertel gehen die Wege deutlich auseinander.

Mehr Simulation

Ein sehr wichtiger Bestandteil von Three Houses ist das „Garreg Machׅ“-Kloster, das euch als Basis dient. In eurem neuen – und verdammt großen – Zuhause vertreiben sich die Schüler die Zeit in der Bibliothek, trainieren auf dem Übungsplatz oder schlagen sich den Magen im Speisesaal voll.

Als Lehrer solltet ihr mit euren Schülern nicht nur reden, sondern auch gemeinsame Aktivitäten planen. Ihr könnt mit ihnen zum Beispiel im Chor singen, gemeinsam essen, sie zu einem Tee einladen oder ihnen Geschenke kaufen. Das verbessert nicht nur eure Beziehung zu den Schülern, sondern steigert auch ihre Motivation zum Lernen. Im Unterricht könnt ihr danach ganz genau bestimmen, in welchen Bereichen sich eure Schüler verbessern sollen. Das wiederum senkt ihre Motivation und der Spaß geht von vorne los.

Ihr könnt die Laufbahn eurer Schüler nach Belieben beeinflussen. So individuell war Fire Emblem noch nie.
Ihr könnt die Laufbahn eurer Schüler nach Belieben beeinflussen. So individuell war Fire Emblem noch nie.

Durch den ständigen Austausch mit euren Schülern schafft es Three Houses eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen, die innerhalb der Serie ihresgleichen sucht. Erfreulich ist das auch deshalb, weil die Schüler oft spannende Hintergrundgeschichten haben, die euch aufgrund der emotionalen Bindung mehr abholen.

Wichtig bei euren Erkundungen ist, dass ihr nicht alles machen könnt. Für bestimmte Aktivitäten müsst ihr Punkte ausgeben, sodass selbst im Simulationsaspekt von Three Houses taktisches Geschick gefragt ist. Im Übrigen könnt ihr natürlich auch mit den Schülern der anderen Häuser interagieren. Das ist sogar zu empfehlen, denn wenn ihr bestimmte Bedingungen erfüllt, könnt ihr sie rekrutieren und sie so für euer Haus gewinnen.

Die Spielzeit von Three Houses übersteigt die von Fire Emblem: Awakening oder Fates um mindestens das Doppelte. Die deutlich längere Spielzeit ist dabei auf die Erkundungen im Kloster und die intensive Beziehungspflege zurückzuführen. Puristischen Taktikfüchsen wird das vermutlich weniger gefallen, denn zwischen den Schlachten gibt es dadurch viel Leerlauf. Die Erkundungen sind theoretisch optional, aber das Gefühl, man könne etwas verpassen, schwingt immer mit.

Weniger Rollenspiel

Im Kloster gibt es noch so viel mehr zu entdecken: Ihr könnt angeln, gärtnern, den Marktplatz unsicher machen oder die verlorenen Objekte der Schüler suchen. Rollenspielliebhaber werden sich zudem über die Nebenquests freuen, die es im Kloster zu erledigen gibt. Die Freude währt aber nicht lang, denn das oberflächliche und repetitive Quest-Design wird schnell demaskiert.

Das liegt mitunter auch daran, dass sich alles vorerst im Kloster abspielt und ihr keine anderen Gebiete erkundet. Das ist schade, denn mit Fire Emblem Echoes hatte die Spielreihe zuletzt angedeutet, mehr Rollenspiel sein zu wollen. Optimal war es in Echoes zwar noch nicht, aber zumindest konntet ihr dort diverse Dungeons erkunden, wertvolle Truhen plündern und kleinere Gegnergruppen in Zufallskämpfen eliminieren.

Eine entspannte Teerunde lenkt euch von den blutigen Kämpfen ab.
Eine entspannte Teerunde lenkt euch von den blutigen Kämpfen ab.

Mehr Taktik?

Das Herzstück des Spiels ist selbstredend das taktische Kampfsystem, das ebenfalls viele Veränderungen erfahren hat. Die Veteranen unter euch werden in erster Linie aufgrund des fehlenden Waffendreiecks verwirrt sein. Für gewöhnlich erhalten Einheiten in Fire Emblem einen Vorteil, wenn sie gegen bestimmte Einheiten kämpfen (Schwert → Axt → Lanze → Schwert) – in Fates wurde sogar ein zweites Dreieck eingeführt.

Das ist in Three Houses nicht mehr so und besonders in den ersten zehn bis 20 Spielstunden, wird die taktische Herangehensweise stark eingeschränkt. Die Kämpfe sind dadurch relativ leicht und der Gedanke entsteht, dass das Spiel einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden soll. Dazu passt auch, dass ihr – wie schon in Echoes – Fehler korrigieren dürft, indem ihr die Zeit zurückdreht. Hardcore-Fans wird das vielleicht stören, aber es ist ein tolles Feature. Denn mal ehrlich: Jeder startet doch sonst die Mission neu, wenn ein Charakter stirbt.

Nicht sehr nützlich, aber erwähenswert: Ihr könnt das Schlachtfeld aus der „Third Person“-Perspektive erkunden.
Nicht sehr nützlich, aber erwähenswert: Ihr könnt das Schlachtfeld aus der „Third Person“-Perspektive erkunden.

Mit zunehmender Spielzeit erhaltet ihr neue Möglichkeiten auf dem Schlachtfeld. Es geht nämlich mehr darum Battalione zu befehligen, Waffentechniken weise zu nutzen und neue Fähigkeiten freizuschalten. So könnt ihr dann auch zum Beispiel die Effektivität eurer Waffen erhöhen, sodass das Waffendreieck zumindest noch vage im System steckt. Das Waffendreieck wird durchaus adäquat ersetzt, wobei es letztlich Geschmackssache ist, welches System euch besser gefällt.

Der 3DS lässt grüßen

Es scheint, als habe sich die „Fire Emblem“-Serie zu sehr an Handhelds gewöhnt, denn die technische Perspektive von Three Houses ist enttäuschend. Die Anime-Charaktermodelle beißen sich doch stark mit den tristen Farben der Umgebungen. Dazu kommen schwache Animationen, matschige Texturen und Objekte (Bäume, Büsche, Bänke etc.), die bis zum Erbrechen recycelt werden.

Botanische Abwechslung sucht ihr im Kloster vergebens. Ein Baum sieht aus wie der andere.
Botanische Abwechslung sucht ihr im Kloster vergebens. Ein Baum sieht aus wie der andere.

Überraschend bei dieser bescheidenen Qualität ist, dass die Bildrate nicht immer stabil ist und im Hintergrund merklich Spielabschnitte geladen werden müssen. Da ihr viel Zeit im Kloster verbringt und andere Gebiete Mangelware sind, wäre eine qualitativ hochwertige Gestaltung angebracht gewesen.

Die Priorität lag woanders – vermutlich auf den Dialogen. Der Umfang der Textzeilen ist enorm und so gut wie alles in Three Houses ist auf Englisch/Japanisch vertont. Zusammen mit den schönen Zwischensequenzen und dem fulminanten Ohrwurm-Soundtrack wird die Präsentation des Spiels gerettet.

Bewertung von Sergej Jurtaev

Fire Emblem: Three Houses probiert sehr viel und hebt sich von den Vorgängern deutlich ab. Ich persönlich bin ein geduldiger Spieler und liebe es, jede Ecke im Kloster abzuklappern und die Beziehungen aufzubauen. Noch nie waren mir meine Mitstreiter wichtiger als in Three Houses, und das rechne ich dem Spiel hoch an.

Die Beziehungspflege kann aber auch schnell zum langweiligen Alltag und reinster Fleißarbeit ausarten, da der Tagesablauf irgendwann repetitiv wird und Aktivitäten wie das Angeln oder Gärtnern nur simpel implementiert sind. Wenn ihr keine Freude an den zahlreichen Gesprächen finden könnt, dann wird Three Houses einen schweren Stand bei euch haben.

Mein Lieblingsteil ist Three Houses (noch) nicht geworden. Unter anderem deswegen, weil mir das klassische System mit dem Waffendreieck besser gefällt und ich die Kämpfe zu leicht finde. Nichtsdestotrotz erwartet euch ein sehr gutes Spiel, das mit einem üppigen Umfang daherkommt und das Sommerloch alleine stopfen könnte.

83

spieletipps meint: Gutes Strategie-Rollenspiel, das mit frischen Neuerungen überrascht, aber nicht immer überzeugt. Technisch leider oft antiquiert.

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