Ghost Recon: Breakpoint

Test Ghost Recon: Breakpoint | Ein Shooter steht am Scheideweg

von Martin Seng (Montag, 07.10.2019 - 14:58 Uhr)

Ein Team aus Elitesoldaten, eine idyllische Insel als riesiger Spielplatz und niemand Geringeres als der Punisher Jon Bernthal, der versucht, euch zur Strecke zu bringen. Die Prämisse von Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint klingt vielversprechend und scheint auf den ersten Blick auch zu halten, was sie verspricht. Doch nach nur wenigen Stunden zeichnet sich ein anderes, unschönes Bild ab ...

Ghost Recon - Breakpoint: We are Brothers - Gameplay Trailer

Der erste Eindruck klappt noch

Die Insel Aurora ist eine Idylle inmitten des Südpazifiks. Auf ihr hat Skell Technology seinen Sitz, ein hochmodernes Unternehmen, das sich einer besseren Zukunft durch innovative Technologie verschrieben hat. Als Teil der Ghosts, einer Spezialeinheit, seid ihr gerade auf einer Mission und fliegt über Aurora, da werdet ihr mitsamt euren Helikoptern abgeschossen. Nachdem ihr euch aus den Trümmern befreit und Überlebende eurer Einheit gesucht habt, kommt ihr schnell dahinter, was auf der Insel passiert:

Die Wolves, eine ebenso gut ausgebildete Einheit wie die Ghosts, haben die Insel und die dort befindliche Technik in Geiselhaft genommen und jagen euch gnadenlos. Ihr Anführer ist der charismatische Colonel Cole D. Walker (Jon Bernthal), mit dem ihr eure eigene Vergangenheit habt. Ihr schließt euch also der lokalen Rebellengruppe an, sucht eure Ausrüstung zusammen und tretet gegen die Wolves an. Doch der Kampf der beiden Spezialeinheiten entäuscht nach nur kurzer Zeit.

Nicht nur die Wolves setzen euch zu, auch Drohnen zählen zu euren Gegnern.
Nicht nur die Wolves setzen euch zu, auch Drohnen zählen zu euren Gegnern.

Ihr werdet schnell merken, dass die Handlung von Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint alles anderes als außergewöhnlich, sondern eine von vielen generischer Military-Shooter-Stories ist. Da hilt auch Darsteller Jon Bernthal nicht, den man aus den Erfolgsserien The Walking Dead und Marvel's The Punisher kennt.

Statt euch mit dem talentierten Schauspieler an Bord eine spannende Geschichte zu präsentieren, die frisch ist und nicht auf ausgetretenen Pfaden wandert, bekommt ihr denselben Einheitsbrei vorgesetzt, in dem Gut und Böse schon von vornherein glasklar sind. Und das ist nicht das einzige Mal, dass die Ghosts in Breakpoint Wege einschlagen, die in die falsche Richtung führen.

Da ihr gegen die Wolves in der Unterzahl seid, müsst ihr alles gegen sie einsetzen - zur Not auch das Messer.
Da ihr gegen die Wolves in der Unterzahl seid, müsst ihr alles gegen sie einsetzen - zur Not auch das Messer.

Von Überfluss zu überdrüssig?

Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint leidet an einer Krankheit, die heutzutage einige Spiele plagt: Überfluss. Wohin ihr auch blickt, es warten Aufgaben auf euch. Haupt- und Nebenmissionen, die Suche nach speziellen Waffen, Items zum Sammeln und so weiter. Der Third-Person-Shooter hat das Looten zu einem noch wichtigeren Element gemacht, als es in Ghost Recon: Wildlands schon der Fall war.

Grundsätzlich ist das für euch als Spieler nichts Negatives, schließlich bekommt ihr viel zu tun. Doch was bringt euch die Fülle, wenn nahezu alle Aufgaben lieblos gestaltet und die Quests nicht motivierend sind? Warum bessere Waffen sammeln und aufrüsten, wenn eure Standardausrüstung für die meisten Kämpfe reicht? Obwohl ihr massig Optionen habt, um eure Waffen und Rüstung auszubauen und selbst in höheren Leveln noch neues Equipment freischalten könnt, bleibt dadurch ein fader Beigeschmack. Denn eigentlich braucht ihr nicht das teure Sniper-Gewehr, wenn auch die einfache Pistole reicht.

Oftmals reicht schon die Pistole, um euch gegen starke Gegner zur Wehr zu setzen.
Oftmals reicht schon die Pistole, um euch gegen starke Gegner zur Wehr zu setzen.

Macht, was immer ihr wollt - wenn ihr könnt

Wie schon in Tom Clancy's Ghost Recon: Wildlands lässt euch auch die neue Mission der Ghosts viel spielerische Freiheit. Wie ihr einen gegnerischen Stützpunkt erobert, bleibt euch überlassen. Ob ihr euch in bester "Sam Fisher"-Manier durch die Basis schleicht, aus der Distanz mit dem Scharfschützengewehr angreift oder als Rambo mit Schrottflinte und LMG nach vorne stürmt - das Spiel schreibt euch nicht vor, wie ihr zu spielen habt. Doch dafür schränkt es euch an anderer Stelle ganz gewaltig ein:

Alles was ihr tut, wird von kleinen Bugs begleitet, die nerviger werden, je öfter ihr sie erleben müsst. Ob es nun das Klettern ist, bei dem ihr unkontrolliert über Steine glitcht, das schlechte Treffer-Feedback beim Schießen oder die zahlreichen Fehler in der KI der Gegner - Fehler begleiten euch überall und trüben das Spielerlebnis erheblich. Und auch sonst machen die Ghosts technisch keine allzu gute Figur.

Spielerisch anspruchsvoll sind die Feuergefechte dank der schlechten Gegner-KI kaum.
Spielerisch anspruchsvoll sind die Feuergefechte dank der schlechten Gegner-KI kaum.

Da wäre zum Beispiel die grafischen Erscheinung des Spiels: Während Gesichtsanimationen noch gut aussehen, muss sich die Landschaft der Insel Aurora hinten anstellen. Ihr fahrt über leere und unspektakuläre Weiten, schaut euch viele aufploppenden Texturen an und kommt mehr als nur einmal an den gleichen Bäumen, Häusern und Bunkern vorbei. Anstatt euch mit der Insel einen großen, dafür aber eher lieblosen Spielplatz zu bieten, wäre eine kleinere und detailiertere Welt wünschenswert gewesen.

Bug-Supergau: Nervige und krasse Bugs, die zum Spielabbruch geführt haben

Bug-Supergau: Nervige und krasse Bugs, die zum Spielabbruch geführt haben
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Das größte Problem, welches Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint dadurch bekommt, ist, dass das Spiel keine eigene Identität hat. Vielmehr wirkt es wie das Kind von Just Cause und Splinter Cell, das es trotz des Potenzials dieser Mischung nicht schafft, auf eigenen Beinen zu stehen.

Der Sprung mit dem Parachute aus dem Helikopter - Just Cause lässt grüßen.
Der Sprung mit dem Parachute aus dem Helikopter - Just Cause lässt grüßen.

Zur Kasse, bitte!

Der unbeliebte Siegeszug von Mikrotransaktionen macht aucht nicht vor den Ghosts halt. Im Gegenteil, obwohl euch ein Großteil der Waffentarnungen kostenfrei zur Verfügung steht, bittet euch Ubisoft für viele andere ordentlich zur Kasse. Und die Ingame-Währung - die so genannten Ghost Coins - sind alles andere als preiswert. Fünf Euro werden für 600 der Münzen fällig, 80 Euro hingegen für 12.000. Möchtet ihr euch mit den Coins etwa ein Fahrzeug kaufen, müsst ihr zwischen mindestens acht und zehn Euro investieren. Je nachdem, welche Waffentarnung ihr haben wollt, müsst ihr noch tiefer in die Tasche greifen. Bis zu 15 Euro möchte das Spiel dafür von euch haben - und das, obwohl es sich hier um einen Vollpreistitel handelt.

Ihr wollt für das Sniper-Gewehr einen coolen Skin? Dann müsst ihr satte 10 Euro zahlen.
Ihr wollt für das Sniper-Gewehr einen coolen Skin? Dann müsst ihr satte 10 Euro zahlen.

Der wirkliche spielerische Vorteil hält sich zwar in Grenzen, dennoch könnt ihr mit Echtgeld deutlich schneller an Spielern vorbeiziehen, die auf die klassische Art aufsteigen wollen. Mit barer Münze kommt ihr problemlos an neue Waffen und Tarnungen heran. Angesichts der Tatsache, dass ihr mehrere hundert Euro investieren müsst, damit ihr alle Inhalte bekommt, hinterlassen die Mikrotransaktionen hier einen sehr negativen Eindruck.

Mehr Sinn und Freude im Multiplayer

Zu sagen, dass ihr mit den Ghosts keinen Spaß haben könnt, wäre dennoch falsch. Gerade mit Freunden und Kollegen könnt ihr im Online-Koop oder PvP-Modus viel erleben und sobald ihr in der Gruppe spielt, ändert sich eure Spielweise automatisch. Gegnerische Basen werden taktischer angegangen und auch die Suche nach Loot macht zusammen deutlich mehr Sinn und Freude. Doch auch wenn ihr mit mehreren spielt, plagen euch die vielen kleinen Spielfehler immerzu.

In der Gruppe macht es einfach mehr Spaß, trotz Bugs und Mikrotransaktionen.
In der Gruppe macht es einfach mehr Spaß, trotz Bugs und Mikrotransaktionen.

Selbst wenn ihr alleine spielt, wird euch jederzeit angeboten, andere Spieler einzuladen, mit ihnen zu spielen und das Spiel gemeinsam zu genießen. Zugegeben, das Spiel wird euch in der Gruppe besser unterhalten als alleine, dennoch dürfen Solo-Spieler nicht vernachlässigt werden. Diesen Eindruck macht Ghost Recon: Breakpoint jedoch leider häufig.

Bewertung von Martin Seng

Was habe ich mich auf dieses Spiel gefreut. Die Insel Aurora fand ich spannend, die Trailer sahen vielversprechend aus und nach dem starken Vorgänger waren meine Erwartungen hoch. Noch dazu bin ich davon ausgegangen, dass mich mit Jon Bernthal ein starker Antagonist erwartet. Und was bekam ich? Einen halbgaren Third-Person-Shooter, der unsauber auf den Markt geworfen wurde und nicht einmal genau weiß, was er überhaupt sein will.

Auch wenn mir die Feuergefechte Spaß gemacht haben, war ich von der dämlichen Gegner-KI genervt sowie von dem ungenauen Verhalten der Fahrzeuge. Von der platten Story brauche ich erst gar nicht anfangen, da es hier nichts Nennenswertes gibt, auf das ich eingehen könnte. Auch wenn ich den Solo-Modus eigentlich dem Multiplayer vorziehe, war das Zusammenspiel mit mehreren überraschend spaßig. Sogar die vielen kleinen Fehler fielen nicht so sehr ins Gewicht, wenn man plant, wie man den Gegner geschlossen angreift.

Dennoch kann es nicht sein, dass Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint nur halb fertig auf den Markt kommt. Dass das Spiel irgendwann mal einen Gold-Status erreicht hat, kann ich mir nur damit erklären, dass hier schnelle Produktion über Qualität gestellt wurde. Und der finanzielle Erfolg soll offenbar noch zusätzlich durch unverschämt teure Ingame-Items sichergestellt werden.

So steht das neue Abenteuer der Ghosts aktuell leider am Scheideweg für mich. Ob ich der Spezialeinheit auch in Zukunft die Treue halten werden, weiß ich nicht. Denn dafür muss Ubisoft erst einmal sehr viel nachbessern. Patches, Preisänderungen und Bug Fixes sind definitiv angebracht, ebenso wie zukünftig motivierendere Quests und Aufgaben.

Aktuell kann ich Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint nur denjenigen empfehlen, die ausschließlich im Team spielen und keinen auf Hochgalnz getrimmten Shooter erwarten. Allen anderen rate ich hingegen ab.

65

spieletipps meint: Viel Potential, das kaum genutzt wurde: Ein technisch unsauberes Spiel, das nur gemeinsam wirklich Spaß macht und freche In-Game-Käufe anbietet.

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