von Sergej Jurtaev (Mittwoch, 04.03.2020 - 15:00 Uhr)
Die achte Pokémon-Generation sorgte zuletzt für viel Trubel und spaltete die Fan-Gemeinde. Wie könnte man die Gemüter besser besänftigen als mit einem Hauch Nostalgie? Da kommt Pokémon Mystery Dungeon: Retterteam DX gerade recht! Immerhin handelt es sich dabei um das Remake eines 15 Jahre alten Spiels, das damals auf Game Boy Advance beziehungsweise Nintendo DS erschien und bei Anhängern hoch im Kurs steht. Ob das Spielprinzip immer noch begeistern kann, klärt unser Test.
Überblick zu Pokémon Mystery Dungeon: Retterteam DX
Spielzeit: ca. 12 bis 15 Stunden für die Haupt-Story
Multiplayer: nein
Switch-Online-Funktionen: ja
Speicherdaten-Cloud: kompatibel
amiibo-Support: nein
Versionen: Standard, Standard (digital)
In Pokémon Mystery Dungeon DX spielt ihr keinen Trainer, sondern schlüpft in die Rolle eines Pokémon. Nach einem kurzen Persönlichkeitstest wird für euch das passende Pokémon ermittelt. Wenn euch das nicht gefällt, könnt ihr anschließend aber auch frei wählen. Das ist eine sinnvolle Neuerung im Vergleich zum Original, um Spielern den ständigen Neustart zu ersparen.
Es stellt sich heraus, dass euer gewähltes Taschenmonster unfreiwillig in diesem Körper feststeckt und eigentlich ein Mensch ist. Wieso ihr in ein Pokémon verwandelt wurdet, gilt es in der circa zwölf bis 15 Stunden langen Story herauszufinden. Nebenher wird die heile Pokémon-Welt zunehmend von Naturkatastrophen geplagt. Dadurch geraten zahlreiche Pokémon in brenzlige Situationen und müssen aus Dungeons gerettet werden. Gemeinsam mit euren Partner-Pokémon gründet ihr ein Retterteam, um den Hilfesuchenden unter die Arme zu greifen.
Pokémon Mystery Dungeon DX ist durchaus story- und textlastig. Glücklicherweise gelingt es dem Spiel, eine interessante Ausgangslage zu kreieren, die vor allem den Pokémon-Fans eine willkommene Abwechslung bietet, die mit DX in die „Mystery Dungeon“-Serie einsteigen. Der Handlung tut es gut, dass ihr keinen stummen Charakter spielt, sondern sich euer Pokémon an den Konversationen beteiligt. Die Dialoge strotzen dabei vor Charme und Witz. Wenn Pokémon zum Beispiel darüber debattieren, ob ein Digda nun Beine hat oder nicht, darf man schon mal schmunzeln.
Im Mittelpunkt stehen selbstredend die Dungeons und eure Aktivitäten als Retterteam. Diesbezüglich erwartet euch eine Mischung aus Rollenspiel und Roguelike. Mit jedem Durchgang wird ein Dungeon neu generiert, wobei die Pokémon, die ihr dort als Gegner antrefft, die gleichen bleiben. Die Gegner bewegen sich nur, wenn ihr euch bewegt, sodass euch bei Sichtkontakt ein rundenbasiertes Kampfystem erwartet, das hier und da taktische Raffinesse erfordert.
Es gibt viele unterschiedliche Attackentypen, die weise zusammengestellt werden müssen. Einige Attacken eignen sich für den Nahkampf, andere treffen ihr Ziel über mehrere Felder oder attackieren Gegner in der Umgebung. Zusätzlich haben Pokémon Fähigkeiten und Talente, die euch in Dungeons bestimmte Boni einbringen. Nützliche Items und Ausrüstungsgegenstände sind ebenfalls unentbehrlich im Kampf. Ihr merkt schon: Es gibt so einiges zu beachten, aber das Spiel bleibt jederzeit leicht verständlich.
Nicht ganz nachvollziehbar ist das Balancing. Aufgrund fehlender Gegner-Informationen (Level, KP etc.), lässt sich nur mutmaßen, welcher Herausforderung ihr gerade gegenübersteht. Außerdem kommen plötzliche Tode regelmäßig vor, weil bestimmte Attacken zu mächtig sind. In erster Linie fallen hier Multihit-Attacken wie Duplexhieb und Co. auf. Diese waren schon im Original unverhältnismäßig stark und sind es auch in DX.
Wenn ihr eure Teammitglieder nicht wiederbeleben könnt, kann ein K. O. schwerwiegende Folgen für euch haben. Jetzt braucht euer Retterteam nämlich selbst ein Retterteam! Über Online-Funktionen könnt ihr zum Beispiel einen Freund um Hilfe bitten. Dieser muss dann in seinem Spiel die Ebene im Dungeon erreichen, in dem ihr gefallen seid, um euch zu reanimieren. Alternativ ist es auch möglich, eine eigene Rettung zu starten, indem ihr ein zweites Team in den Dungeon schickt. Wird euer Team nicht gerettet, verliert ihr all euer Geld und eure Items, die ihr im Inventar hattet.
Dadurch können nervenaufreibende Situationen entstehen, denn der Verlust des Fortschritts ist mehr als ärgerlich. Die Entwickler haben zwar reichlich an den Komfortfunktionen gewerkelt, aber der Schwierigkeitsgrad bleibt weiterhin fordernd. Die ersten Spielstunden sind ein Selbstläufer, aber mit zunehmender Spielzeit steigt der Anspruch. Und wenn ihr die Haupt-Story durchgespielt habt, geht der Spaß erst richtig los! Es gilt danach noch unzählige neue Aufgaben und Dungeons abzuschließen, die mit ihren dutzenden Ebenen wahrlich kein Zuckerschlecken sind.
Bevor ihr in die Dungeons aufbrecht, müsst ihr auf dem Pokémonplatz eure Vorbereitungen treffen. Kecleon verkauft euch Items, Snobilikat betreibt eine Bank, bei Kangama könnt ihr eure Items lagern und Makuhita ist euer Ansprechpartner, wenn ihr trainieren wollt. Es ist eine recht überschaubare Hub-Welt, die wenige außerordentliche Quests bietet.
Abgesehen von der Haupt-Story könnt ihr an einem Infobrett viele kleine Aufträge annehmen. Diese Aufträge werden zufallsgeneriert und sind dementsprechend repetitiv. In den meisten Fällen müsst ihr ein Pokémon auf einer Ebene eines bestimmten Dungeons erreichen. An solchen Aufgaben kommt ihr leider nicht vorbei, wenn ihr euren Retterrang erhöhen wollt. Das ist wichtig, um mehr Items tragen zu können oder die Retterteam-Camps zu vergrößern.
„Retterteam-Camps“ ist ein gutes Stichwort, denn wie in so vielen Pokémon-Spielen ist das Sammeln aller Monster auch in Pokémon Mystery Dungeon DX eine große Motivation. Ihr müsst sie allerdings nicht fangen, sondern rekrutieren. Wenn ihr wilde Pokémon im Kampf besiegt, wollen sie sich euch hin und wieder anschließen. Das wiederum ist aber auch nur möglich, wenn ihr ein passendes Camp habt.
Bei Knuddeluff könnt ihr euer Geld ausgeben, um solche Camps zu kaufen. Mit einem Knuddeluff-Orb ist es sogar möglich, aus einem Dungeon heraus ein fehlendes Camp zu erwerben, wenn ihr ein seltenes Taschenmonster rekrutiert habt, das ihr um jeden Preis behalten wollt. Das erleichtert das Rekrutieren enorm und war im Original viel umständlicher.
Der markanteste Aspekt blieb im Test bislang unerwähnt: nämlich die Grafik. Das Remake wurde selbstverständlich komplett überarbeitet und entzückt mit einem malerischen Zeichenstil. Die Optik ist sehr charmant, kann aber nicht vollends überzeugen. Euch erwarten nämlich simple und starre Hintergründe, die selbst auf Nintendo 3DS niemanden beeindrucken würden. Erstaunlich ist, dass das Spiel trotzdem nur mit 30 Bildern pro Sekunde läuft. 60 fps wären schön gewesen, aber negativ auffallen wird es euch kaum, denn wie bereits angedeutet mangelt es der Optik an Bewegung und Animationen.
Ebenfalls neu ist der automatische Spielmodus, den ihr mithilfe der L-Taste in Dungeons aktivieren könnt. Dadurch bewegt sich euer Team von selbst und steuert nacheinander wichtige Punkte an. Es sucht die Ebene nach Aufgaben und Items ab. Wenn es nichts mehr zu tun gibt, läuft euer Team zur nächsten Treppe. Das ist praktisch, wenn ihr in ungefährlichen Gebieten unterwegs seid. Wenn die Lage brenzlig ist, solltet ihr diesen Modus mit Bedacht nutzen, denn der Computer könnte euch schnurstracks in eine Falle locken.
Es gibt noch viele weitere kleine Änderungen, die der Spielbarkeit dienlich sind. Inhaltlich gibt es aber auch ein paar frische Ergänzungen. In erster Linie dürft ihr euch auf einige neu hinzugefügte Pokémon freuen, die es im Original nicht gab.
Abschließend möchten wir euch kurz und knapp eine Einschätzung geben, ob sich Pokémon Mystery Dungeon DX für euch lohnt, oder eben nicht. Ihr werdet mit dem Rollenspiel euren Spaß haben, wenn ...
Nicht sonderlich geeignet ist Pokémon Mystery Dungeon DX für euch, wenn ...
![]()
Zur Handheld-Ära auf Nintendo DS und 3DS wurden innerhalb von zehn Jahren fünf Mystery Dungeon-Spiele veröffentlicht. Viel Zeit für kreative Weiterentwicklungen blieb deshalb nicht. Wer die Serie in- und auswendig kennt, den kann das Remake des Erstlings sicher nicht mehr überraschen oder gar vom Hocker hauen. Ich kenne das Original, habe die „Mystery Dungeon“-Serie aber sonst nur mit einem halben Auge verfolgt. Vielleicht auch deswegen hat mir Mystery Dungeon DX sehr großen Spaß bereitet.
Das soll die Qualitäten des Spiels aber nicht schmälern, denn zweifelsfrei haben die Entwickler kluge Anpassungen getätigt, um das eingestaubte Spielprinzip auf Nintendo Switch in ein komfortables Erlebnis zu verwandeln. Das Remake ist der perfekte Einstieg in die Serie!
Bleibt die Frage, ob ihr den Vollpreis für Pokémon Mystery Dungeon DX zahlen wollt. Die Grafik verrät, dass man den Aufwand in Grenzen halten wollte. Das ist kein Vergleich zu Neuauflagen wie der Crash Bandicoot N. Sane Trilogy oder dem "Shadow of the Colossus"-Remake, die zum Release für circa 40 Euro angeboten wurden. In diesem Aspekt darf sich Nintendo zukünftig gerne an der Konkurrenz orientieren.
spieletipps meint: Gelungenes Remake, das Spielspaß für dutzende Stunden garantiert; technisch nur solide.
Du willst keine News, Guides und Tests zu neuen Spielen mehr verpassen? Du willst immer wissen, was in der Gaming-Community passiert? Dann folge uns auf Facebook, Youtube, Instagram, Flipboard oder Google News.
Die Entwickler von Firaxis Games haben schon mit XCOM bewiesen, dass ihnen taktische Strategie liegt. Mit Marvel's (...) mehr