Iron Harvest

Iron Harvest | Strategiespiele brauchen gute Geschichten - und brachiale Mechs!

von Michael Sonntag (Freitag, 13.03.2020 - 17:00 Uhr)

Iron Harvest erscheint erst in einem halben Jahr, aber wir konnten schon jetzt in das Strategie-Spiel mit Diesel-Mechs reinschauen. Was wir vorab sagen können: Iron Harvest bringt erfrischende und gute Vorsätze für das Strategie-Genre mit. Ob das Spiel dann all diesen auch gerecht wird, wird der Release zeigen.

Grüne Felder, rostige Roboter: Iron Harvest bietet ein sehr interessantes Szenario. Aber wie viel Taktik-Spaß steckt wirklich drin?
Grüne Felder, rostige Roboter: Iron Harvest bietet ein sehr interessantes Szenario. Aber wie viel Taktik-Spaß steckt wirklich drin?

Anmerkung: Wir konnten bisher nur die Beta-Version von Iron Harvest anspielen, die noch fehleranfällig war. Aus diesem Grund gehen wir in dieser Vorschau nicht auf die Technik ein.

Iron Harvest: Gute Vorsätze für eine gute, neue Schlacht

Die Armeen rücken über die Felder an. Von Weitem braune Flecken in Formation. „Yeah, schon wieder Zweiter Weltkrieg!“, mag sich mancher gelangweilt denken. Aber nein, zwischen den Truppen treten plötzlich Giganten hervor, die wie Panzer auf Beinen wirken und mit überdimensionalen Bajonetten und Maschinengewehren bewaffnet sind. Als beide Armeen aufeinandertreffen, bricht die Hölle los, es wird geschossen, es blitzt, es explodiert. Mensch gegen Mensch, Mech gegen Mech - Das ist Iron Harvest, das uns Publisher Deep Silver auf einem Event in Berlin anspielen ließ.

Das Dieselpunk-RTS stammt von Entwickler King Art und spielt in einem alternativen 20. Jahrhundert, in dem sich die europäischen Großmächte aus den Überresten eines vergangenen Krieges die Waffen für den nächsten bauen. Iron Harvest will den Spielern dabei vor allem zwei Dinge liefern: Packende taktische Schlachten wie bei Dawn of War und eine mitreißende Singleplayer-Kampagne wie in Warcraft 3. Mit drei Kampagnen, Matches, Multiplayer und kostenlosen DLCs möchte Entwickler King Art die Gaming-Landschaft erobern. Nach vier Stunden Spielzeit geben wir euch eine erste Einschätzung, wie siegreich Iron Harvest mit seinem Schlachtplan sein könnte.

Story und Taktik gehen in Iron Harvest Hand in Hand: Heldin Anna hat einen Bären, der auch gleichzeitig zum Kampf eingesetzt werden kann.
Story und Taktik gehen in Iron Harvest Hand in Hand: Heldin Anna hat einen Bären, der auch gleichzeitig zum Kampf eingesetzt werden kann.

Iron Harvest: Jeder Soldat hat (wieder) eine Geschichte

Große Schlachten mögen zwar (digital) cool aussehen, aber inhaltlich steckt in Strategiespielen selten etwas dahinter. Gesichtslose Soldaten, die mit inflationär hohen Verlusten für den Sieg kämpfen - am Ende bleiben es dann doch nur Polygone, die gegen andere Polygone kämpfen. Anstatt aber nun ein weiteres Spiel mit Spaß am Ressourcen-Verdampfen herauszubringen, möchte Entwickler King Art euch mit Iron Harvest wieder die Verantwortung über echte Menschen anvertrauen, die im Krieg auch für ihr eigenes Leben kämpfen.

Beispielsweise mit Anna in der Polania-Kampagne, die schon in Kindheistagen mit Krieg in Berührung kommt, wenn sie bei einer Schneeballschlacht das Geschehen auf dem realen Schlachtfeld nachspielt - was gleichzeitig als Tutorial genutzt wird, um dem Spieler die Steuerung beizubringen. Doch ihre Kindheit endet schnell. Nachdem sich ihr großer Bruder der Armee angeschlossen hat, wird ihr Dorf von feindlichen Truppen angegriffen, die um jeden Preis ihren Vater und seine Kenntnisse über die Mech-Technologie an sich reißen wollen. Der Spieler erlebt/spielt somit Mission für Mission nach, wie sich Anna zu einem Symbol des Widerstands entwickelt. Genauso wie die Geschichte von Mech-Legende Gunter und Spionin Olga in den anderen beiden Kampagnen.

Packende Strategie und persönliche Geschichten, diese Kombination hat man tatsächlich in Strategie-Spielen vermisst. Mit den Dialogen und Zwischensequenzen gibt Entwickler King Art dem Spieler eine nachvollziehbare Motivation - auch wenn zumindest die erste Geschichte anfangs noch im Klischee-Gewässer feststeckt und erst dann immer interessanter wird. Darüber hinaus kann dieses Konzept auch an die Grenze seiner Glaubwürdigkeit stoßen, wenn die Missionsaufgabe in ein Story-Korsett gepresst werden muss - oder Anna als Kampfeinheit dreimal in einer Mission stirbt und dann einfach wiederbelebt werden kann/muss.

Aber es muss eingeräumt werden: Der Singleplayer von Iron Harvest braucht andere Story-Spiele nicht zu übertrumpfen, er macht seinen Job gut, der darin besteht, euch an den Hauptcharakter zu binden und euch für seine Mission zu begeistern. Es ist das begrüßenswerte Vordringen in Gefilde, in denen nach Warcraft 3 kaum noch Alternativen geblieben sind. Selbst wenn der Singleplayer nicht perfekt sein sollte, bleiben wir definitiv neugierig.

Teaser Trailer

Iron Harvest: Ein Taktiksystem für geniale und stumpfe Manöver

Wer Schlachten in Iron Harvest für sich entscheiden möchte, braucht nicht nur eine große Armee, sondern auch ein Gespür für das Gelände. Die Maps im Dieselpunkt-RTS verfügen über viele Gebäude, Pfade, Zäune und Ebenen, die im Kampf auf viele Weisen taktisch genutzt werden können. Während Infanteristen so also Stellung beziehen, Häuser besetzen und aus der Deckung heraus schießen können, können Mechs direktere Wege nehmen, sich direkt ins Getümmel stürzen oder überraschend durch ein Haus crashen - denn die Umgebung ist vollständig zerstörbar.

Mit diesen zweifach aufgeteilten Armeen können die Spieler mehrere Strategien gleichzeitig anwenden und auch experimentieren. Hinzu kommen nicht nur die Fähigkeiten der Einheiten, sonder auch die der Helden, die ihre Truppen zusätzlich unterstützen oder sogar den siegbringenden Schlag ausführen können. Das ist die Theorie hinter dem Taktiksystem von Iron Harvest, in der Praxis ergeben sich dann wiederum spannende Schlachten, bei denen selbst eine Unterzahl durch eine clevere Taktik gewinnen kann - aber auch Momente, die die taktische Tiefe des Spiels anzweifeln lassen.

Hierfür ein Beispiel: Innerhalb unserer Spiel-Session bekamen wir den Auftrag, eine gegnerische Basis einzunehmen. Während wir nur ein kleines Limit an Einheiten ausbilden konnten, besaß der Gegner stattdessen eine Streitmacht, die zehnmal so groß war. Das Einnehmen gestaltete sich sehr zäh. Um dem zu entgehen, bildeten wir nur noch Mechs aus - das blieb als einzige Taktik übrig, Infanteristen hatten gar keine Chance - und schickten die Roboter-Armeen fließbandweise ins gegnerische Lager. Zusätzlich gaben wir den Technikern den Auftrag, sie zu reparieren - was lustigerweise dazu führte, dass sie den Mechs Schritt für Schritt hinterherstapften und innerhalb des Gefechts immer wieder Schrauben anzogen.

So walzte diese sich ständig erneuernde Angriffstraube alles platt, während wir hin und wieder den Kurs anpassten und in der Basis Bestellaufträge für neue Mechs anklickten. Nach zwanzig Minuten sah das nicht mehr cool aus, zumal bei dieser Zerstörungsgeschwindigkeit klar war, dass noch eine weitere halbe Stunde bis zum Sieg vergehen musste. Am Ende haben wir die Mission außerdem noch verloren, weil eine neue, noch viel größere Streitmacht auftauchte. Es kann sich als unglücklicher Einzelfall entpuppen, aber auch als generelles Problem hinter Iron Harvest. Mit dem Basenaufbau, den verschiedenen Einheiten und Helden, was alles vielversprechend wirkt, stellt sich trotzdem die Frage, ob am Ende nicht jeder Spieler den einfachen Weg geht und nur noch Mechs baut, die aber wirklich cool sind. Nur, dann wirken die Soldaten fehl am Platz.

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Bewertung von Michael Sonntag

Nein, vier Stunden reichen nicht, um zu sagen, wie viel Taktik-Seele in Iron Harvest steckt. Das kann sich vom Singleplayer zum Multiplayer auch nochmal sehr stark unterscheiden. Ich bin skeptisch, möchte aber das Endergebnis sehen. Wenn sich entpuppen sollte, dass ich nur der Dumme war und nicht das Spiel, ist alles gut. Solche Situationen, wie ich sie zuletzt beschrieben habe, sollten aber trotzdem nicht sein und lassen mich zweifeln.

Andererseits gebe ich zu, dass das Szenario es mir sehr angetan hat, das ist mal etwas wirklich anderes. Die Schönheit der Natur und daneben ein rostiger, zerschossener Mech, großartig! Egal, wie die Geschichten im Singleplayer letztendlich sind, ich will sie hören, und sie müssen auch weiterhin im Strategie-Genre bleiben.

Das sind alles gute Vorsätze. Am 1. September 2020, wenn Iron Harvest für PC, PS4 und Xbox One erscheinen soll, wird sich zeigen, was Entwickler King Art daraus gemacht hat.

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