The Dark Pictures: Little Hope

Test Little Hope im Test: Übertrifft die Hexenjagd den Spuk von Man of Medan?

von Nathan Navrotzki (Donnerstag, 29.10.2020 - 16:00 Uhr)

In Little Hope, dem zweiten Spiel der The Dark Pictures Anthology, steuert ihr eine Gruppe Studenten und ihren Professor durch ein historisches Städtchen, das euch tot sehen will. Wer den Horrortrip überlebt und ob ihr herausfindet, was es mit dem dubiosen Ort auf sich hat, liegt an euch. Wir verraten euch wie gut sich Little Hope schlägt - auch im Vergleich zu Man of Medan - und wie viel Grusel euch wirklich erwartet.

In Little Hope stimmt etwas nicht - und es liegt an euch herauszufinden, was es ist.
In Little Hope stimmt etwas nicht - und es liegt an euch herauszufinden, was es ist.

Überblick zu Little Hope
• Preis: 29,99 Euro
• Spieldauer: ca. 5 Stunden
• Plattformen: PS4, Xbox One, PC
• Sprachausgabe: Deutsch, Englisch und andere
• Mehrspielermodus: Ja
• Altersfreigabe: ab 18 Jahren

Nach dem Geisterschiff-Abenteuer von Man of Medan schickt euch „Until Dawn“-Entwickler Supermassive Games nun mit dem zweiten Spiel der „The Dark Pictures Anthology“ auf eine Reise durch die Zeit – gefüllt mit Hinrichtungen und Dämonen, die euch an jeder Ecke auflauern. In Little Hope übernehmt ihr erneut die Kontrolle über fünf mehr oder weniger sympathische Charaktere, die es gilt, heil aus der gleichnamigen Kleinstadt zu bringen.

Statt um eine Gruppe anbandelnder Teenies oder Freizeit-Taucher geht es dieses Mal aber um eine Studentengruppe und ihren Professor, die auf einer Exkursion verunglücken und sich plötzlich den Mysterien einer Geisterstadt stellen müssen, aus der sie scheinbar nicht mehr entfliehen können.

Little Hope | Es gibt kein Entkommen

Gruselige Kinder und Hinrichtungen: Willkommen im schönen Little Hope

Der großartig inszenierte Prolog macht mit einer interessanten Prämisse und einer Hand voll Mysterien rund um ein scheinbar besessenes Mädchen direkt Lust auf das Spiel und offenbart nebenbei die anderen Stärken von Little Hope. So machen beispielsweise die Schauspieler ihren Job hervorragend – im englischen O-Ton kauft man den Charakteren ihre Emotionen ab und das Meiste ist lippensynchron animiert.

Die Charaktere sind dort auch, im Vergleich zum Vorgänger, nachvollziehbarer geschrieben und wirken, trotz einiger Macken, menschlich. Auf die deutsche Version solltet ihr jedoch weitestgehend verzichten, wenn möglich. Diese reißt nämlich oft eher mit unpassender Betonung aus dem Geschehen heraus, als dass sie die erwünschten Emotionen übermitteln kann.

Versteckt sich hinter diesen unschuldigen Augen etwas Dämonisches?
Versteckt sich hinter diesen unschuldigen Augen etwas Dämonisches?

Eine weitere Stärke des Spiels ist die Grafik. Little Hope setzt wie sein Vorgänger auf grandiose Kamerafahrten und stimmig gestaltete Szenenbilder. Hier wurde die Bezeichnung „interaktiver Film“ ernst genommen. Auch die Figuren unterstützen dies nun besser als noch in Man of Medan: An Mimik und Gestik wurde stark gearbeitet, sodass es viel seltener zum „Uncanny Valley“-Effekt kommt, durch den die Gesichtsakrobatik der Protagonisten beizeiten erschreckender waren als jegliche böse Geister.

Little Hope hält wichtiges Feature geheim, das ihr zum Überleben benötigt

Wie ihr es schon aus Spielen wie Until Dawn und Co. kennt, bestimmen eure Entscheidungen und euer Geschick in Quick Time Events über Leben und Tod. Für Letzteres haben die Entwickler auf die Wünsche der Spieler gehört, denn die Knöpfchen-Drück-Sequenzen werden nun kurz vorher angekündigt. So könnt ihr euch auf das hektische Geschehen einstellen, ohne dass ihr böse überrascht werdet und einer eurer Figuren gleich den Löffel abgeben muss.

Die Quick Time Events liefen bei unserem Test auf der PlayStation 4 Pro flüssig und fühlten sich nicht unfair, in Kombination mit den im Kampf auftauchenden Entscheidungsmöglichkeiten aber dennoch fordernd an. Allgemein gab es keine gravierenden Ruckler zu verzeichnen, nur ein zielstrebig gegen einen Zaun laufender Professor hat ein wenig an der Immersion geruckelt. Auch mit längeren Ladezeiten ist zu rechnen.

Ein weiteres wichtiges Gameplay-Feature stellt sich aber eher als Fluch heraus: Eure Charaktere haben nämlich gesperrte Persönlichkeitseigenschaften, die ihr mit richtig gewählten Dialog-Optionen freischalten könnt – und solltet. Werden diese nämlich nicht freigespielt, kann das übel für euch ausgehen und all eure vorherigen Entscheidungen zunichtemachen. Dafür, dass es sich bei dieser Funktion um einen wahren Game-Changer handelt, sollte das Spiel zum Beispiel durch den erzählenden Kurator, der sonst so gern das Spielgeschehen unterbricht, die Mechanik erklären oder zumindest darauf hinweisen.

Ohne diese Information landen sonst viele Spieler beim selben, oder einem sehr ähnlichen, Ende. Wer beim ersten Durchspielen das beste Ende sehen will, sollte sich an Guides orientieren.

In Little Hope zählen die inneren Werte, vielleicht sogar ein bisschen zu sehr.
In Little Hope zählen die inneren Werte, vielleicht sogar ein bisschen zu sehr.

Der Wiederspielwert hängt demnach stark davon ab, wie viel ihr in eurem ersten Versuch richtig gemacht und entdeckt habt. Wer aber zum Beispiel nicht wusste, dass die Persönlichkeiten der Figuren in eine bestimmte Richtung gelenkt werden sollen, und nur deswegen kein gutes Ende zu Gesicht bekommen hat, bei dem könnte der Frust über fehlende Erklärungen das Interesse an den Geheimnissen von Little Hope überwiegen. Dass Szenen beim zweiten Spieldurchlauf nicht überspringbar sind, macht das Ganze leider auch nicht besser, auch wenn wenigstens einzelne Abschnitte zum erneuten Spielen ausgewählt werden können.

Little Hope: Horrortrip oder Kindergeburtstag?

Im Laufe des Spiels werden euch drei verschiedene Zeitachsen präsentiert, die die düstere Vergangenheit von Little Hope zeigen. Im Gegensatz zu Man of Medan wirft Little Hope jedoch gleich zu Beginn mehrere Fragen, Geheimnisse und Rätsel auf, die man tatsächlich auflösen will. Die zu Beginn aufgebaute Spannung kann dabei leider nicht durchgehend gehalten werden. Zu oft lasst ihr eure Figuren einfach geradeaus durch die vernebelten Straßen laufen, nur um einen Jumpscare nach dem anderen zu triggern und am Straßenrand mal einen alten Flyer zu lesen.

Das beklemmende Gefühl, welches Little Hope mit seiner Atmosphäre eigentlich gut vermittelt, wird in diesen Momenten häufiger ruiniert als dass es hineinpasst. Ob man Jumpscares nun feiert oder nicht, ist dabei dann auch Nebensache, wenn der Großteil von ihnen extrem vorhersehbar ist.

Jumpscare in 3, 2, 1 ...?
Jumpscare in 3, 2, 1 ...?

Wer dazu noch auf psychologischen Horror à la Silent Hill aus ist, wird hier auch eher weniger fündig, selbst wenn einige interessante Wendungen vom Genre inspiriert zu sein scheinen. Das, was die Geschichte von Little Hope interessant macht, ist und bleibt der Drang, die verschiedenen Rätsel vom Anfang zu lüften. Statt Angst ist also Neugierde der Hauptmotivator fürs Weiterspielen. Lediglich ein paar grausame Hinrichtungen, die ihr im Spiel miterlebt, und ein paar wenige Gegner könnte man als angsteinflößend oder zumindest unappetitlich bezeichnen.

Was das Spiel aber auf eine andere Art um einiges unterhaltsamer gestalten kann, ist der Mehrspieler-Modus, der aus Man of Medan übernommen wurde. Die „Filmabend“-Option lässt euch Little Hope nämlich im Couch-Co-op, mit bis zu vier anderen Spielern, sowie online erleben. Horror-Feeling kommt so zwar auch nicht auf, dafür werden absurde Jumpscares und die deutsche Synchro aber gleich um ein vielfaches aushaltbarer, wenn ihr euch mit Freunden darüber belustigen könnt.

Mit Freunden machen selbst Jumpscares, olle Zombiefratzen und die gruselige deutsche Vertonung Spaß.
Mit Freunden machen selbst Jumpscares, olle Zombiefratzen und die gruselige deutsche Vertonung Spaß.

Für wen lohnt sich Little Hope und für wen nicht?

Little Hope erscheint am 30. Oktober 2020 für PS4, Xbox One und PC.

Für wen lohnt es sich?

  • Fans von Man of Medan, die sich mehr Story wünschen
  • Gruppen, die Lust auf einen interaktiven Filmabend haben
  • Hobby-Detektive, die Spiele auch gern mehrmals durchspielen

Für wen lohnt es sich nicht?

  • Horror-Enthusiasten, die sich nach Psycho-Spielen und Angstschweiß sehnen
  • Jumpscare-Genervte
  • Spieler, die beim ersten Durchspielen Alles sehen wollen

Bewertung von Nathan Navrotzki

Nachdem mich Man of Medan vergangenes Jahr nicht packen konnte, und mich die Handlung viel zu schnell verloren hatte, hatte ich große Hoffnungen für Little Hope. „Endlich wieder ein Spiel wie Until Dawn!“ – so meine Wunschvorstellung. Leider wurde da dieses Mal wieder nichts draus. Obwohl Little Hope erzähltechnisch vieles besser macht als das erste Spiel der The Dark Pictures Anthology, hat es ein paar Schwachstellen zu viel, als dass ich es als einen großen Schritt nach vorn betrachten kann.

Trotz einer interessanten Prämisse und einer stimmigen Atmosphäre will einfach keine richtige Gruselstimmung aufkommen. Vorhersehbare und zu oft eingesetzte Jumpscares langweilen einfach nur – was also bleibt, ist das Verlangen die Geheimnisse der Stadt und der Charaktere zu lüften. Immerhin macht dieser Aspekt Laune, für ein Horrospiel ist das aber leider ein bisschen wenig.

Was mir dann tatsächlich die Lust am Spiel verdorben hat, war die nie erklärte Mechanik rund um die Charaktereigenschaften der Figuren. Im Laufe des Spiels habe ich mich öfter gefragt ob die mit einem Schloss versehenen Persönlichkeitsmerkmale freizuschalten sind, um bestimmte Szenen freizuspielen und wie man dies erreicht. Dass das Nicht-Freischalten aber sogar verheerende Folgen hat, war bis zum bitteren Ende nicht klar ersichtlich. Mit dem Wissen das ich jetzt habe, hätte mir Little Hope wahrscheinlich mehr Spaß gemacht.

Wo das Spiel vor allem glänzt, ist der Multiplayer-Modus. Sich gemeinsam durch die Schwächen des Spiels zu boxen hat wieder etwas von einem interaktiven Trash-Filmabend, wie ihr es schon aus vorherigen Spielen von Supermassive Games kennt.

Spieler, die sich jedoch erhofft hatten wie in Until Dawn bibbernd vor dem Bildschirm zu kauern, werden von Little Hope vermutlich im Stich gelassen. Wer hingegen gern mal wieder mit anderen in einem B-Movie Horrorstreifen mitspielen will, der kann getrost zugreifen – vor allem wenn ihr bereits gute Erfahrungen mit Man of Medan machen konntet und ihr auf die Persönlichkeiten der Figuren achtet.

70

spieletipps meint: Eine interessante Geschichte mit tollen Kulissen und Schauspielern trifft auf ausbleibenden Horror und unerklärte Spielmechaniken, die das Spiel entscheiden.

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