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Schwarzer Tag für Videospiele: Das Warner-Patent ist ein riesiger Fehler (Kolumne)

Warner Brothers hat sich das Patent für das Nemesis-System gesichert.

Warner Brothers hat sich das Nemesis-System aus Mittelerde: Mordors Schatten patentieren lassen. Dieser Schritt ist ein Desaster für die Gaming-Industrie und ebnet den Weg für potenziell schädliche Konsequenzen.

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In J.R.R. Tolkiens Universum dauerte der Krieg zwischen dem dunklen Herrscher Sauron und dem Letzten Bündnis aus Menschen und Elben insgesamt zwölf Jahre. Erst dann konnte der Eine Ring samt Saurons Finger abgetrennt werden und über Umwege schließlich in den Besitz von Bilbo Beutlin gelangen.

Warner Brothers hat in den letzten sieben Jahren eine gänzlich andere Schlacht geführt. Der Publisher hat mehrfach mit aller Kraft versucht, das Nemesis-System aus den „Der Herr der Ringe“-Spielen Mittelerde: Mordors Schatten und Mittelerde: Schatten des Krieges patentieren zu lassen. Nun hat das Unternehmen den Kampf gewonnen und sich das Alleinrecht an der Gameplay-Mechanik gesichert.

Das Nemesis-System ist ein komplexes Gameplay-Feature, in dem die prozedural generierten Ork-NPCs auf die Handlungen und das Verhalten der Spieler reagieren. Die Orks nehmen auf vorherige Begegnungen Bezug und können neue Fähigkeiten erlernen oder innerhalb der Ork-Hierarchie aufsteigen und schließlich zu mächtigen Feinden oder Verbündeten werden. Somit werden die Interaktionen zwischen den NPCs und den Spielern personalisiert.

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Das Nemesis-System: Patent beschränkt Potenzial

Es steht außer Frage, dass Warner Brothers von einem juristischen Standpunkt aus dazu berechtigt ist, das Nemesis-System patentieren zu lassen. Trotzdem fällt dieser Schritt in der Gaming-Branche als Seltenheit auf.

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Die einzige nennenswerte Ausnahme war bisher ein Patent von Namco, das dem Publisher das Alleinrecht auf die Einbindung von Minispielen während Ladebildschirmen gab. Von 1998 bis 2015 durfte deswegen kein anderer Entwickler Ladezeiten auf spielerische Art und Weise überbrücken.

Während Ladebildschirme im Zeitalter der „Next Gen“-Konsolen jedoch ohnehin immer irrelevanter werden, böte das Nemesis-System eine interessante Gameplay-Mechanik, die in vielen „Open World“-Games zum Spielerlebnis beitragen und von unterschiedlichen Entwicklern zweifellos auf innovative Art und Weise genutzt werden könnte. Doch durch das Patent hat es Warner Brothers nun für andere Publisher blockiert.

Diese acht Spielmechaniken sollte sich kein Publisher je patentieren lassen:

Gaming-Evolution nur durch Nachahmung möglich

Videospiele bauen traditionell aufeinander auf, übernehmen Elemente, fügen Ideen hinzu, verbessern Gameplay-Funktionen, setzen Puzzle-Teile neu zusammen und lernen (zumindest im besten Fall) aus den Fehlern früherer Spiele.

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Auch Mittelerde: Mordors Schatten wurde auf diese Weise entwickelt: Es ist ein „Third Person Action“-Adventure mit Parkour-Elementen und „Fast Travel“-Optionen, Erfahrungspunkten und freischaltbaren Fähigkeiten. Keines dieser Elemente wurde von Mordors Schatten erfunden, sondern aus anderen Spielen übernommen. Die nennenswerte Neuerung von Mittelerde: Mordors Schatten ist das Nemesis-System.

Durch das Patent von Warner Brothers müssen andere große Publisher nun aber genau darauf achten, dem Nemesis-System nicht zu nahe zu kommen – was sie somit in der Spielentwicklung einschränkt. Kleinere Studios könnten von ähnlich aufgebauten Hirarchiesystemen in ihren Spielen vollständig Abstand nehmen, um einen teuren Rechtsstreit mit Warner Brothers zu vermeiden. Als Ergebnis wird die Mechanik also deutlich seltener zum Einsatz kommen.

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Mittelerde Mordors Schatten Game of the Year Trailer Deutsch
Mittelerde Mordors Schatten Game of the Year Trailer Deutsch

Nemesis-Patent ist ein gefährlicher Präzedenzfall

Dass das Nemesis-System nun auf Spiele von einem einzigen Entwickler beschränkt wird, ist bedauerlich. Allerdings könnte es noch deutlich schwerer wiegen, wenn andere Publisher diesem Beispiel folgen sollten und ihrerseits Alleinansprüche an gelungenen Gameplay-Mechaniken anmelden würden.

Was wäre wenn Ubisoft die „Fast Travel Tower“-Mechanik, Quantic Dreams den interaktiven Entscheidungsbaum, Sony witzereißende Abenteurer oder Bethesda leere post-apokalyptische Welten patentieren würden?

Abgesehen davon, dass sich EA wohl das Alleinrecht auf Lootboxen sichern würde, wäre dies eine verheerende Situation. Die Branche würde zweifellos darunter leiden. Entwickler würden in eine Art Patentschlacht verfallen, anstatt produktiv miteinander zu leben und voneinander zu lernen. Sauron hätte seine wahre Freude daran.

Es bleibt zu hoffen, dass Warner Brothers nicht der Vorreiter eines neuen Patent-Trends in der Gaming-Branche wird – und das Nemesis-System zumindest in Zukunft in eigenen Spielen einbaut. Ansonsten müssen sich Gamer wohl oder übel bis 2035 gedulden, denn erst dann läuft das Patent aus.

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