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Zelda, Persona & Co.: Japanische Spiele haben ein Homophobie-Problem

The Legend of Zelda und Persona 5 sind nicht frei von homophoben Stereotypen. (© Getty Images / Passatic)
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Japanische Spiele standen schon öfter in der Kritik LGBT-Charaktere in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Für Persona 5 Royal wurde eine besonders homophobe Szene vergangenes Jahr sogar extra fürs westliche Publikum abgeändert. Ist eine solche Änderung wirklich von Nöten? Und warum haben vor allem japanische Entwickler noch immer ein so enormes Problem mit Klischees?

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Für die englische Version von Persona 5 Royal, der Wiederveröffentlichung von Persona 5, wurden vergangenes Jahr Dialoge umgeschrieben. Der Grund: Das Originalspiel bietet ein paar homophoben Szenen eine Bühne, die dem westlichen Publikum übel aufstießen. Auf Veränderungen für die japanische Veröffentlichung wurde verzichtet.

In der Kritik standen zwei Nebencharaktere mittleren Alters, die den Protagonisten und seinen Schulfreund auf offener Straße anbaggern und versuchen einen der beiden ins schlüpfrige Nachtleben von Tokio zu entführen. Die Männer werden dargestellt als wandelnde Stereotypen der Schwulenszene: schrill, exzentrisch und überzogen feminin. Ob die Szene als Witz gemeint war oder als Abbild des gefährlichen Nachtlebens Tokios, auffallend ist, dass gerade ein gleichgeschlechtliches Paar für die Szene gewählt wurde.

Eine andere, respektvollere Repräsentation der Community bietet das Spiel nicht. Bei Yusuke, einem wichtigen Nebencharakter, werden homosexuelle Tendenzen angedeutet, doch den Mut etwas in die Richtung zu bestätigen, hatten die Entwickler nicht. Als Spieler darf man deswegen auch keine anderen Männer daten. Seiner eigenen Lehrerin den Hof zu machen ist aber erlaubt – merkwürdig.

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Das hier ist die problematische Szene:

„Ja gut, das ist jetzt nicht das netteste Bild, das Persona 5 da von Homosexuellen verbreitet, aber es war ja bestimmt nur als einmaliger Scherz gemeint“, denken sich einige vielleicht dabei. Die beiden schrägen Vögel aus Persona 5 sind jedoch nicht die einzigen Abziehbilder eines schädlichen Stereotyps, das immer wieder in beliebten japanischen Videospielen bestärkt wird.

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Queer und LGBT- was ist das eigentlich? Queer ist ein Sammelbegriff für Identitäten, die sich selbst abseits der heterosexuellen oder auch zweigeschlechtlichen Norm sehen. Das können also Menschen sein, die auf das gleiche Geschlecht stehen. Das sind trans Menschen genauso wie Menschen, die sich keinem Geschlecht zurechnen möchten. Queer wird auch oft synonym mit LGBT genutzt, welches für lesbisch, gay, bi und trans steht.

 

Aber warum der Aufschrei?

Persona, The Legend Of Zelda, Super Mario – viele japanische Videospieleserien hatten in der Vergangenheit homosexuelle, oder allgemein queere, Charaktere in ihren Spielen, die klischeehafte Bilder bestärken. In der „The Legend Of Zelda“-Reihe bedient man sich der veralteten Rollenbilder zum Beispiel in Form von Tingle, einem kleinen Mann in einem engen, grünen Ganzkörperanzug, der sich selbst als Fee bezeichnet. Auch im neuesten Teil, Breath Of The Wild, trifft der Spieler in der Gerudowüste auf einen Mann in Frauenkleidung, der Link anflirtet. Ob der Charakter einfach nur ein Cross-Dresser oder eine trans Frau darstellen soll, ist unklar.

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Gut, ein paar große Namen spielen also mit dem Klischee des sexuell aufgeladenen Schwulen. Soweit nichts Neues, man kennt es eben so. Aber genau dieser Gedanke zeigt die negativen Auswirkungen einer wiederholten, schlechten Repräsentation: Das falsche Bild einer ganzen Randgruppe wird normalisiert. Durch das wiederholte Aufzeigen des extravaganten, überdramatischen und Sex besessenen Homosexuellen, gewöhnen sich Spieler an das Klischee. Für Personen mit wenig Berührungspunkten zum Thema, könnte das dazu führen, dass ein sehr negativ behafteter Eindruck der Community entsteht, der so mit der Realität nicht übereinstimmt.

„Tja, was soll man machen? Die Japaner haben einfach einen abgedrehten Humor“, argumentieren Manche. Aber das Thema ist noch viel komplexer und tiefer in der japanischen Allgemeinbevölkerung verankert.

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Japan hat ein Problem mit der Repräsentation von LGBT-Charakteren

Sind die Spieleentwickler alleine an dem fabrizierten Copy-Paste-Bild vom überzogenen, lüsternen Homosexuellen schuld? Müssten sie es nicht besser wissen? Im vorwiegend konservativen Japan wird das Thema LGBT gesellschaftlich unter den Tisch gekehrt. Homosexualität wird dort weniger als angeboren und eher als Lifestyle betrachtet, für den sich vorwiegend junge Leute in einer wilden Lebensphase entscheiden. Die Mehrheit der japanischen Bevölkerung schenkt dem Thema deswegen nicht kaum Beachtung und empfindet das Gespräch darüber oft als unangebracht. Darunter leidet natürlich die allgemeine Aufklärung über die Thematik, was nicht alleinig den japanischen Spielentwicklern zu Lasten gelegt werden kann.

Auch in den Mainstreammedien, wie zum Beispiel in Film und Fernsehen, werden queere Persönlichkeiten höchstens als Schocker oder als Witz gezeigt. Die mediale Repräsentation beschränkt sich dabei auf schwule Männer, die dann in vielen Fällen als lustige Cross-Dresser oder Perverse dargestellt werden. Auch Videospiele sind davon betroffen. Hier kommt sogar eine dritte Kategorie dazu: Der Bösewicht. Vamp aus der „Metal Gear Solid“-Reihe ist ein bekannter bisexueller Charakter, der sich in einer Liebesbeziehung mit einem männlichen Nebencharakter befindet. Zwar legt dieser kein stereotypes Verhalten an den Tag, doch der fade Beigeschmack, dass ein homosexueller Charakter nur in der Rolle des bösen Antagonisten als der eines guten Nebencharakters oder gar des Protagonisten landet, bleibt bestehen.

Und dieses sich wiederholende Bild einen direkten Einfluss auf gleichgeschlechtlich Liebende in Japan. Wenn diese nicht gerade in Tokio, am besten gleich in einem der Nachtclub-Bezirke wie Shinjuku oder Shibuya, wohnen, haben sie in ihrem Heimatland große Probleme sozial anerkannt zu werden, weshalb viele ihre Sexualität lieber verstecken. Weiterführende Informationen zu dem Thema könnt ihr hier finden.

 

Bewertung von Nathan Navrotzki

Fühle ich mich persönlich attackiert von der Darstellung dieser Charaktere? Nein. Aber bei dem Problem geht es im Allgemeinen nicht um mich als einzelne Person, sondern um ein Problem, das noch immer weit in der Gaming-Szene verbreitet ist und Diskriminierung fördert. Eine positive Repräsentation von LGBT-Charakteren, auch in japanischen Spielen, ist wichtig, um vor allem Spieler, die sonst nicht viel mit der Thematik am Hut haben, mit der nötigen Empathie an das Thema heranzuführen.

Kritik aus dem Westen ist da insofern hilfreich, dass sie die Spielentwickler auf den Missstand aufmerksam macht, von dessen Existenz diese eventuell noch gar nicht wussten. Kritiker erhoffen sich durch das Hinweisen auf problematische Stellen, dass japanische Games in Zukunft einen respektvolleren Ton anschlagen. Das heißt nicht, dass es in Zukunft keine Witze mehr geben darf. Sie sollten nur nicht auf Kosten von Minderheiten gemacht werden. Im Falle von Nintendos Tomodachi Life, welches 2014 Kritik dafür erntete, keine homosexuellen Beziehungen zuzulassen, entschuldigte sich das Unternehmen und versprach in Zukunft mehr darauf zu achten. Und auch im Fall von Persona 5 Royal wurden die Dialoge zumindest angepasst, sodass das Altherren-Paar nicht mehr sexuell übergriffig ist.

Das Aufmerksam machen auf Diskriminierung in japanischen Spielen scheint also zu fruchten – wenn auch langsam. Wer sich aber noch immer ernsthaft darüber aufregt, dass Spieler diese Missstände kritisieren, der sollte sich vielleicht mal damit auseinandersetzen, warum er oder sie diese veralteten Stereotype so unbedingt aufrecht erhalten will. Wenn selbst Entwickler der Kritik zustimmen, warum wollt ihr die Diskriminierung aufrecht erhalten?

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