von Manuel Karner (Donnerstag, 02.09.2021 - 16:18 Uhr)
Das „Oldschool“-Rollenspiel Pathfinder: Wrath of the Righteous möchte mit komplexer Charakterentwicklung und teils knallharten Kämpfen vor allem die Hardcore-Fans für sich begeistern, versucht mit einer Vielzahl an Ein- und Hilfestellungen aber auch Neulinge für sich zu gewinnen. Wie das gelingt, klären wir im Test.
Bei Pathfinder: Wrath of the Righteous handelt es sich um ein Rollenspiel mit „Pen & Paper“-Regelwerk, das ihr aus der isometrischen Perspektive erlebt. Es ist bereits der zweite Ableger des russischen Entwicklerstudios Owlcat Games im Pathfinder-Universum. Vor Beginn der locker über 60 Stunden langen Reise könnt ihr euren eigenen Charakter erstellen und habt dabei Zugriff auf ganze 25 Klassen, mehrere Unterklassen und einer gewaltigen Talente- und Zauber-Palette.
Wer hier die Beschreibungen kaum beachtet oder die spielinterne Enzyklopädie vernachlässigt, wird im späteren Spielverlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Granit beißen. Der Einsatz vieler Zauber und Talente ist nämlich nur unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll und ihre Funktionsweise ist nicht immer von vornherein klar. Das könnte Neulinge abschrecken, während sich Enthusiasten über die Vielfalt und Komplexität freuen dürften.
Danach geht es auch schon los und ihr müsst die Welt vor finsteren Dämonen retten. Zugegeben, die Story reißt keine Bäume aus, gewinnt dank vielschichtiger Gefährten und teils interessanten Bösewichten aber an Reiz – zumindest, wenn ihr gerne lest. Nur wenige Dialoge sind englischsprachig vertont. Durch die meisten teils recht langen Textpassagen müsst ihr euch selbst kämpfen. Der Aufwand macht sich aber bezahlt, denn es gibt vielerlei Entscheidungen zu treffen, die Einfluss auf euren Hauptcharakter und die Geschichte nehmen.
Was das Gameplay betrifft, so steuert ihr eure Heldengruppe, bestehend aus bis zu sechs Mitgliedern, durch begrenzte, aber optisch abwechslungsreiche Areale, an deren Ende ihr stets auf die alles umfassende Landkarte gelangt. Hier wiederum kommt eine Tabletop-Figur zum Einsatz, mit der ihr andere Quest-Areale aufsuchen und neue Gebiete aufdecken könnt. So weit, so bekannt.
Doch Pathfinder: Wrath of the Righteous hat auf der Landkarte auch eine interessante Neuerung im Gepäck, die völlig abgekapselt vom eigentlichen Spielprinzip funktioniert: Den Kreuzzug-Modus. Ihr bekommt nach einigen Spielstunden die Befehlsgewalt über eine Armee, die ihr gegen quer über die Landkarte verstreute Dämonenhorden in den Kampf schickt. Für neue Rekruten, die Auswahl eines Generals und das Ressourcen-Management seid ihr ebenfalls zuständig. Erwartet aber keine Schlachten in atemberaubendem Ausmaß. Viel eher orientieren sich die Gefechte an Ubisofts "Might and Magic"-Reihe.
Eure Einheiten werden also als einzelne Figuren auf einem Spielbrett dargestellt und sind abwechselnd an der Reihe. An die Komplexität anderer Genre-Vertreter reicht der Kreuzzug-Modus zwar nicht heran, aber er stellt eine durchaus nette, strategische Komponente dar, auf die ihr alternativ auch völlig verzichten und der KI das Ruder überlassen könnt.
Die Gefechte eurer Heldengruppe verlangen da schon mehr Hirnschmalz, variieren im Hinblick auf die Schwierigkeit aber auch sehr stark, was zweifelsohne für einige Frustmomente sorgen kann. Eure Gegner haben unterschiedliche Immunitäten, Stärken und Schwächen, weshalb ihr den Einsatz eurer Buffs, Waffen, Zauber und Talente oft gezielt darauf abstimmen müsst, wenn ihr siegreich sein wollt.
Glücklicherweise gibt es drei Faktoren, die euch entgegenkommen: So könnt ihr einerseits jederzeit zwischen rundenbasiertem und Echtzeitkampf wechseln, zum anderen erlauben euch zahlreiche Schwierigkeitsgrad-Einstellungen das Spiel nach eurem Geschmack anzupassen. Permadeath, Schaden an der Gruppe, Einfluss von Wettereffekten und selbst die Gegneranzahl lassen sich nach Belieben einstellen. Obendrein erhaltet ihr nützliche Tutorial-Tipps immer passend zu der gegenwärtigen Situation, was gerade Neulingen den Einstieg trotz steiler Lernkurve erleichtern sollte.
Abschließend sprechen wir noch kurz über die Bugs. Keine Sorge, das Rollenspiel läuft im Großen und Ganzen recht reibungslos, zwang uns aber an manchen Stellen dazu den letzten Spielstand neu zu laden. So verschwanden Hilfetext-Fenster nicht mehr aus dem Bild oder Gegner wurden von unserer Helden-Gruppe gar nicht erst registriert, weshalb sie auch nicht angegriffen werden konnten. Einmalig entließ uns eine Zwischensequenz nicht mehr ins eigentliche Spielgeschehen und ein Gruppenmitglied fiel einem Glitch zum Opfer, indem es unter der Spielwelt versank und nicht wieder auftauchen wollte.
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Pathfinder: Wrath of the Righteous ist in den Standard-Einstellungen wie sein Vorgänger ein knallhartes Rollenspiel. Während ich die eine Gegnerschar mit meiner vielschichtigen Heldengruppe in Grund und Boden stampfe, wischt die nächste stattdessen mit mir den Boden auf und ich benötige mehrere Anläufe, bis es dann doch mal klappt. Das muss nicht zwangsweise an mir liegen, sondern kann hin und wieder auch dem „Pen & Paper“-System in die Schuhe geschoben werden. Wenn die Würfel nicht zu meinen Gunsten fallen und meine Helden zum wiederholten Male wie blinde Hühner um sich schlagen, ist selbstverständlich auch der Kampf schwieriger zu gewinnen.
Die Liste an Fähigkeiten ist indes schlichtweg gigantisch und erlaubt zahlreiche Experimente hinsichtlich der Charakterentwicklung. Das ist auf der einen Seite natürlich beeindruckend, erfordert auf der anderen Seite jedoch umso mehr, dass ich mich einlese, um die richtige Wahl zu treffen. Wer nicht dazu gewillt ist viel zu lesen, sollte daher besser nach einem anderen Rollenspiel Ausschau halten.
Besonders gelungen sind dem Entwicklerstudio viele, wenn auch nicht alle Begleiter. Sie sind nicht nur bloßes Beiwerk, sondern haben ihre eigenen Geschichten, Erfahrungen und Werte und mischen sich auch immer wieder Mal in Diskussionen ein. Dadurch entstehen teils interessante Gespräche, die ohne ihre Anwesenheit nicht stattgefunden hätten. Obendrein fühlen sich viele Entscheidungen konsequent an und verändern sowohl euren Charakter, als auch so manche Verläufe in der Geschichte.
spieletipps meint: Knackiges Rollenspiel mit komplexer Charakterentwicklung, das ganze Bücher mit seinen Dialogen füllen könnte.
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