von Jens-Magnus Krause (Mittwoch, 19.01.2022 - 12:00 Uhr)
Ubisoft bedient sich kräftig bei Rainbow Six: Siege und presst dessen Basis in ein Science-Fiction-Szenario voller Aliens. Das Gute: Es gibt keine Open World. Das Fragwürdige: Funktioniert das außerirdische PvE-Setting im Rainbow-Six-Universum?
Nach einer Alien-Invasion in New York sagt Operator Ash in der Introsequenz von Rainbow Six: Extraction etwas Grundlegendes: „Wissen ist Macht.“ Wie Recht sie hat.
Denn in dem sich stetig durch Mutationen weiterentwickelnden Alien-Ökosystem, von einem Parasiten namens Chimera befallen, entscheidet Wissen über Sieg oder Niederlage.
Im Kampf für den Sieg und gegen die Aliens namens „Archaeans“ unterstützt euch und eure spielbaren Operatoren die Organisation REACT mit Waffen und Zubehör.
Damit ihr den Ansatz von Rainbow Six: Extraction genauer versteht: Stellt euch das Spiel einfach als Spin-Off von Rainbow Six: Siege vor. Neben der bekannten Steuerung und seinem griffigen Gunplay, kommen in diesem Koop-Shooter 18 der 60 Siege-Operatoren zum Einsatz. Darunter auch beispielsweise Doc, Lion und Ash.
Als Dreier-Team, oder wahlweise auch alleine, taucht ihr in PvE-Settings ein. An vier Schauplätzen wie San Francisco oder Alaska gibt es jeweils drei kontaminierte Einsatzorte, wie eine Polizeistation oder ein Museum.
Jeder eurer Einsatzorte ist immer in drei miteinander verbundene Sub-Zones eingeteilt. In jeder gilt es eines von insgesamt 13 zufällig vom Spiel bestimmten Missionszielen zu erfüllen. Für jede Mission, also jeden der drei Abschnitte, habt ihr jeweils nur 15 Minuten Zeit.
Für Abwechslung sorgt das Spiel dadurch, dass euer Startpunkt immer ein anderer ist und bei jeder eurer Infiltrationen die Gegnerpräsenz und Missionsziele variieren. Da es aber nur zwölf Missionen insgesamt sind, kennt ihr schnell alle Startpunkte und Missionsabläufe auswendig. Ab dann stellt sich häufiger mal ernüchternde Repetition ein.
Falls ihr ein Missionsziel aber mal so richtig versemmelt und euer Team kaum noch Gesundheit aufweist, könnt ihr in jeder Sub-Zone jederzeit entscheiden, eine „Extraction“ vorzunehmen.
Dadurch rettet ihr euch sicher aus dem Krisengebiet und erhaltet eure bis dahin erspielten Erfahrungspunkte. Soweit alles klar und soweit die Theorie. In der Praxis fühlt sich das alles leider weniger aufregend an, als es klingt.
Den meisten Spaß habt ihr, wenn ihr die Missionen mit zwei Freunden bestreitet. Das liegt einfach daran, dass ihr euch dann absprechen und aufteilen könnt. So auch im Missionstyp „Sabotage“, in dem ihr zwei Bomben platzieren und gegen Gegnerwellen verteidigen müsst. Alleine ist es unmöglich, an zwei Orten gleichzeitig zu sein.
Schlimmer ist als Solo-Spieler nur die Mission „Serial Scan.“ In dieser müsst ihr drei Bereiche gegen heranstürmende Aliens verteidigen. Trotz herumliegender Medi-Kits und Munitionspaketen und trotz freispielbarer Gadgets, wie einer Schutzweste oder einem Wiederbelebungs-Kit, ist es alleine verdammt schwer.
Das Zeit-Limit von 15 Minuten stresst euch zu Beginn zwar, aber im Grunde seid ihr in jeder Runde vorher entweder tot oder ihr habt die Mission geschafft.
Selbst mit zwei fremden Mitspielern ist die genannte Mission nicht leicht, da das Spiel die Anzahl eurer Gegner und Missionsziele an die Spieleranzahl anpasst. Und eure Erfolgsaussichten hängen komplett davon ab, wie eure Mitspieler das Spiel interpretieren.
Wenn ihr als Solo-Spieler in den dunklen und meistens sterilen Innenraum-Levels einsteigt, denkt bloß nicht an eine Run-and-Gun-Vorgehensweise wie in Call of Duty: Vanguard. Häufige Bildschirmtode sind dann euer stetiger Begleiter.
Theoretisch ist ein Stealth-Ansatz sinnvoller. Praktisch jedoch nicht. Selbst wenn ihr mit eurer fahrbaren Kameradrohne Gegner markiert und sie per Takedown ausschaltet, geht irgendwann etwas schief. Gegen die Horde an heranstürmenden Gegnern habt ihr keine Chance. Das ist nicht nur frustrierend, das ist schlichtweg unfair.
Und ihr müsst für manche Missionen über Wissen verfügen. So auch wenn ihr bei „Specimen“ einen Gegner in eure Extraktionszone lockt. Dort müsst ihr dann erst noch einen Knopf zur Gas-Betäubung drücken, um das Alien kampfunfähig zu machen. Sonst kloppt es euch einfach tot.
Ironischerweise funktioniert Run-and-Gun als Koop-Team wunderbar. Und ganz ehrlich? So macht das Spiel einfach auch am meisten Spaß! Nur auf den beiden höheren Schwierigkeitsgraden kommt ihr ohne Absprachen, viel Spielerfahrung und clevere Entscheidungen nicht weiter.
Dramaturgisch tragen die Aliens nichts zum Spiel bei. Sie sind plötzlich da, können nicht sprechen und ihr knallt sie ab. Plump, einfallslos und verschenktes Potenzial zugleich.
Anfangs begeistert die aus 13 Gegnertypen bestehende Vielfalt. Hier ein Breacher, der explodierende Flüssigkeitsblasen auf seinem Rücken trägt. Dort ein Grunt mit seinen Nahkampf-Faustangriffen oder ein Spiker, der auf euch schießt.
Von Dauer ist diese Begeisterung allerdings nicht. Letzten Endes ballert ihr einfach alles über den Haufen.
Löst ein Gegner via Schrei Alarm aus, stürmen zahlreiche Aliens herbei. Gleichzeitig schlüpfen aus überall verteilten Nestern kontinuierlich neue Widersacher, bis ihr diese zerstört. Bei solch einem Fehltritt bekommt ihr das ausgebrochene Chaos kaum mehr in den Griff. Zu dritt vielleicht, alleine auf keinen Fall. Frustration ist in solchen Momenten präsent.
Damit noch nicht genug: An vielen Stellen hat sich Schleim ausgebreitet, der euch verlangsamt und eure Schritte hörbar macht.
Für Motivation, gerade auf lange Sicht, sorgt nur Freispielbares. Die Story ist nicht der Rede wert. Schließt ihr also Ziele innerhalb der Missionen ab, erhaltet ihr Erfahrungspunkte. Mit diesen spielt ihr neun weitere Levels frei.
Zusätzlich könnt ihr erstmals in der Serie jeden Operator hochleveln. Ein Level-Aufstieg bedingt den Zugriff auf neue Waffen, allerdings nur speziell für diesen Operator. Und in den Endgame-Inhalten (ab Level 16) könnt ihr nur mit Charakteren antreten, die das maximale Operator-Level von 10 erreicht haben.
Die Operator unterscheiden sich in ihrer Geschwindigkeit, ihrer Panzerung und ihrer Spezialfähigkeit (zum Beispiel: Unsichtbarkeit, Gegner durch Wände sehen oder Team heilen) voneinander. Schön, dass ihr vor jeder Mission überlegen müsst, welche Spezialfähigkeit zu welchem Missionsziel am besten passt.
Damit ihr vorsichtig mit eurem Operator-Leben umgeht, hat Ubisoft eine MIA-Mechanik (Missing in Action) eingebaut. Seid ihr am Boden, kann euch ein Teamkollege einmalig wiederbeleben. Geht ihr nochmals down, seid ihr weg vom Fenster und müsst den Rest des Levels zuschauen.
Wenn ein Operator den Status MIA hat, ist er nur dann wieder spielbar, wenn ihr ihn in einer Rettungsmission zurückholt. Spielt sich wie jede andere Mission, nur dass ihr für die Befreiung im Level ein wirklich ätzendes Mini-Game absolvieren müsst – inklusive Gegnerwellen.
Ein befreiter oder auch ein verwundeter Operator ist für mehrere Runden nicht spielbar. Dieses Konzept besitzt natürlich zwei Seiten. Einerseits zwingt euch euer Misserfolg dazu auf andere Operator auszuweichen. So lernt ihr Neues kennen. Andererseits könnt ihr nicht immer zwingend auf eure Lieblinge zurückgreifen.
Übrigens habt ihr immer mindestens drei Operatoren zur Auswahl. Dafür sorgt das Spiel mit seiner Auto-Rescue-Funktion. Dennoch werden euch wichtige Erfahrungspunkte abgezogen, schafft es euer Operator nicht lebend aus einer Mission.
Neben all dem könnt ihr mit freispielbaren Techpoints weitere Gadgets wie Claymore-Minen freispielen, in Herausforderungen bestimmte Aufgaben für Erfahrungspunkte erfüllen oder im obligatorischen Ubisoft-Store Geld ausgeben.
Hier möchten wir euch kurz und knapp eine Einschätzung geben, ob sich Rainbow Six: Extraction für euch lohnt, oder eben nicht.
Ihr werdet mit Rainbow Six: Extraction euren Spaß haben, wenn …
Nicht sonderlich geeignet ist Rainbow Six: Extraction für euch, wenn …
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Für mich ist Rainbow Six: Extraction ein absolutes Nischenspiel. Denn in meinen Augen habt ihr nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen Spaß mit diesem Spiel. Wenn ihr Siege-Spieler seid, euch schon lange PvE-Missionen gewünscht habt und auf Aliens sowie Koop-Taktiken mit guten Freunden steht: bitteschön!
Alle anderen können einen Bogen um diesen Serien-Ableger machen. Warum? Nach dem textlastigen und trocken inszenierten Tutorial-Einstieg folgt erstmal Überforderung, Hilflosigkeit und viel Frust in den Missionen. Das ist eine Kombi, die kein modernes Spiel zu Beginn haben sollte.
Zu viele Punkte fühlen sich für mich so an, als würde Ubisoft mir bewusst auferlegen, wie das Spiel zu bewältigen sei. Taktisch, mit Kameradrohne, zerstörbaren Holzwänden und immer auf der Hut, nicht in den Alien-Schleim zu latschen.
Ironischerweise macht das Spiel zu dritt mit einem Run-and-Gun-Stil aber am meisten Laune. Wenn ich auf alles toll ausgedachte der Entwickler pfeife, macht es mit engen Freunden wirklich viel Spaß. Wenn auch nur für kurze Zeit. Bereits nach acht bis zehn Stunden habe ich alles gesehen.
Grafisch geht das Spiel auf den Next-Gen-Konsolen in Ordnung, es hat mich aber nicht umgehauen. Der Sound ist dagegen satt und punktgenau, ich weiß immer durch mein Gehör, wo meine Gegner ungefähr sind. Wenig inspirierend fand ich dagegen die sterilen Innenraum-Levels.
spieletipps meint: Kooperativer Taktik-Shooter gegen Aliens mit mutigem aber repetitiven Konzept. Nur für Frusttolerante.
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