Horizon: Forbidden West

Test Horizon: Forbidden West – Der Traum vom großen PS5-Kino

von Michael Sonntag (Montag, 14.02.2022 - 09:06 Uhr)

Eine wunderschöne, apokalyptische Welt, wilde Kämpfe gegen Roboter-Kreaturen und eine tapfere Kriegerin, die den Weltuntergang abwenden muss. Im Jahr 2017 sorgte Entwickler Guerilla Games mit Horizon: Zero Dawn für hunderttausende offene Münder und bewies damit: Ja, der Killzone-Schöpfer kann auch Open World. Fünf lange Jahre mussten die Fans nun auf die Fortsetzung Horizon: Forbidden West warten. Wir haben uns in das Epos auf der PS5 gestürzt und berichten euch, was euch darin erwartet.

Aloy muss in den verbotenen Westen ziehen, um die Welt vor dem erneuten Untergang zu retten.
Aloy muss in den verbotenen Westen ziehen, um die Welt vor dem erneuten Untergang zu retten.

Überblick zu Horizon: Forbidden West
• Multiplayer: nein
• Plattformen: PS4 und PS5
• Genre: Action-Rollenspiel, Open World
• Entwickler: Guerilla Games

Horizon: Forbidden West – Die Auserwählte gegen Tech-Götter

Was bedeutet eigentlich der Ausdruck "großes Kino"? Gefühlt wurde er in Lobeshymnen so oft verwendet (und das auch nicht immer verdient), so dass er mittlerweile fast nichts mehr aussagt. Was nicht heißt, dass wir nicht auf ein Spiel warten, das seine ursprüngliche Bedeutung verdient: Das ist etwas Großes, etwas Einmaliges, was wir nicht alle Jahre zu sehen bekommen. Die PlayStation 5 ist seit mehr als einem Jahr auf dem Markt und immer noch gibt es viele Spieler, die sie mit Warenkörben im Netz jagen. Das Spiel aber, das den Kauf dieser Next-Gen-Konsole wirklich "unvermeidlich" macht, das sind die Entwickler den Spielern immer noch schuldig. Will Horizon: Forbidden West dieses Spiel sein? Ja. Ob es das ist? Eine interessante Frage.

Die Fortsetzung macht eines klar: Die Gefahr ist noch nicht vorüber. Der alte Feind hat nicht nur überlebt, es sind noch weitaus mehr und weitaus schlimmere Feinde dazugekommen. Sie sind dort draußen und planen den Weltuntergang, ohne dass es jemand ahnt. Und Aloy ist ihnen auf der Spur, kann nicht anhalten und sich keine Zweifel erlauben, ist mehr ihre Mission als ein Mensch. Die ersten zwei Stunden – atemberaubende Aussichten, waghalsige Kletterpassagen, ein knackiger Bosskampf – liefern einen guten Vorgeschmack, was Horizon: Forbidden West in seinen vielen Stunden zu bieten hat. Ja, da haben wir Bock drauf! Auf "Groß", auf "Kino" und manchmal sogar auf "großes Kino".

Aloy und Sylens suchen nach Wahrheit und Macht – aber aus unterschiedlichen Gründen.
Aloy und Sylens suchen nach Wahrheit und Macht – aber aus unterschiedlichen Gründen.

Damit beginnt die Reise und sie ist verdammt lang, erst nach drei weiteren Stunden im Anfangsgebiet mit Besorgungen, Quests und Kämpfen erreicht ihr endlich den titelgebenden verbotenen Westen. Und wieder weitere Stunden später erfahrt ihr erst, was ihr eigentlich tun müsst. Guerilla Games stand erneut vor der Herausforderung, eine lineare Geschichte gut in eine große Open World zu integrieren, und bringt glücklicherweise für viel Welt entsprechend viel Geschichte mit. Während ihr nach der weltenrettenden Technik sucht, jagt ihr eure Feinde und trefft dabei gleichzeitig auf ein kaltschnäuziges Volk, das sich in einem brutalen Bürgerkrieg befindet. Das Spiel vermittelt euch zu jeder Zeit das wohlige Gefühl, ein großes Abenteuer zu bestreiten. Schön zu sehen, dass die älteste Videospielgeschichte immer noch funktioniert, wenn genügend Epos dafür aufgefahren wird.

Ob die Geschichte allerdings bei so einer Länge immer gut ist, ist eine andere Frage. Horizon: Forbidden West liefert viele Hintergründe zu seiner interessanten Welt zwischen Postapokalypse, Science-Fiction und Urzeit, während der sich in ihr abspielende "Gut und Böse"-Konflikt manchmal komplexer wirken möchte, als er eigentlich ist. Dabei kommt es vor, dass manche sympathischen Charaktere viel zu wenig Zeit zur Charakterentwicklung erhalten, als sie eigentlich verdient hätten. Eine Anmerkung an dieser Stelle: Horizon: Forbidden West setzt storytechnisch viel Vorwissen voraus. Wir empfehlen Einsteigern daher, entweder Teil 1 nachzuholen oder sich eine sehr ausführliche Zusammenfassung anzusehen.

Im unteren Trailer könnt ihr euch selbst einen Eindruck vom Gameplay in Horizon: Forbidden West verschaffen:

Horizon Forbidden West: Gameplay-Enthüllung auf der State of Play

Jägerin, Sammlerin, Kriegerin, Helferin, Weltenretterin

Zwischen den Ruinen der alten Welt streift ein Robo-T-Rex umher. Ihr pirscht euch leise an und scannt das Tier zuerst. Denn es könnte sich herausstellen, dass Fliehen klüger als Angreifen ist. Alles klar, da sind die Schwachstellen, oben am Hals und unten am Bauch. Erst ein Feuer-, dann ein Giftpfeil hinterher. Ausweichen, Sprung, Präzisionspfeil in Slow-Motion verschießen. Kritischer Treffer, ein Teil seiner Rüstung platzt ab. Er kommt auf euch zu und ihr lockt ihn durch eine Engstelle, die ihr zuvor mit Fallen versehen habt. Sobald das mechanische Tier für einen Moment zu Boden geht, könnt ihr herbeieilen und den vernichtenden Schlag mit dem Speer ausführen. In der Hoffnung, dass in diesem Moment kein weiterer Angreifer von hinten anrückt. Aber selten verläuft es wie geplant, was aber viel Spaß macht.

Wie auch im ersten Teil bildet der Kampf gegen die Robo-Tiere den größten Teil des Gameplays. Guerilla Games setzt sein Konzept hier mit einigen Erweiterungen fort, ohne den Kern zu verändern. So bieten euch der Greifhaken und der Gleiter die Möglichkeit, durch die Lüfte zu fliegen und neue Angriffe auszuführen. Dazu gibt es einen riesigen Haufen neuer erlernbarer Kombinationen und Fähigkeiten, die den Kampf noch facettenreicher machen. Passend dazu bietet euch das Spiel immer wieder neue Kreaturen, die nur darauf warten, von euch verflucht zu werden. Aber es geht nicht nur um die Herausforderung des Kampfes, sondern auch darum, ihre wertvollen Teile zu erbeuten, die für Waffen- und Rüstungsverbesserungen eingesetzt werden können. Damit bekommt ihr immer wieder neue Gründe geliefert, auf die Jagd zu gehen.

Fliehen oder angreifen, Nah- oder Fernkampf, welche Pfeilarten einsetzen? – Beim Jagen müsst ihr schnell handeln und mit jedem Angriff rechnen.
Fliehen oder angreifen, Nah- oder Fernkampf, welche Pfeilarten einsetzen? – Beim Jagen müsst ihr schnell handeln und mit jedem Angriff rechnen.

Gleichzeitig bringt dieses Gameplay aber eine indirekte Verpflichtung mit sich: Wer der Haupthandlung strikt folgen und nicht immer jagen möchte, wird weniger Ressourcen dabeihaben und damit auch nicht auf alle Waffen zurückgreifen können. Das hat zur Folge, dass ihr die Einschränkung entweder als eine Herausforderung betrachtet oder euch eben vor jedem Einsatz neu eindecken müsst. Das Gleiche gilt für die Verbesserungen, wovon jede ein anderes seltenes Teil benötigt. Wer nicht zufällig nebenbei ein solches erbeutet, muss seine Hausaufgaben machen und in bestimmte Gebiete losziehen. Hier stoßen Open World und Geschichte aneinander, wobei jeder Spieler selbst entscheiden muss, womit er seine Zeit verbringen möchte.

Die Haupthandlung bietet vergleichsweise viel Abwechslung: Orte untersuchen, Technik sammeln, Kämpfe, Dialoge, mal muss ein gigantischer Elefant besiegt, mal eine verborgene Maschinenfabrik erkundet werden, wo Rätsel und Kletterpassagen warten. Abseits dieser Handlung kann der Spieler Nebenquests erfüllen oder klassische Dinge tun, wie Rebellenstützpunkte einnehmen oder Ruinen untersuchen. Und wer abschalten möchte, kann immer noch im nächsten Wirtshaus für eine Brettspielrunde einkehren. Guerilla Games hat die kritisierte Open World seines Vorgängers dadurch verbessert, indem bei den Nebenaktivitäten nun mehr Geschichte geboten wird und die Belohnungen spezieller gestaltet sind. Hier muss nur jeder Spieler für sich entscheiden, wie er den ausstehenden Pay off bewertet. Ob hilfreich oder optional oder überflüssig. Die Open World von Horizon: Forbidden West funktioniert, solange sie mit einem Wollen und nicht mit einem Müssen verbunden ist.

  • Anmerkung zum Gameplay: Manchmal bleibt Aloy an Gegenständen in der Welt hängen oder wird selbst in der Deckung von Geschossen getroffen. Diese Vorkommnisse halten sich zwar in Grenzen, fallen aber trotzdem negativ auf, besonders in den Kämpfen.
Wie in einer anderen Welt: Die unterirdischen Maschinenfabriken bieten immer ein optisches Spektakel.
Wie in einer anderen Welt: Die unterirdischen Maschinenfabriken bieten immer ein optisches Spektakel.

Ein Juwel von einer Spielwelt

Und weil sich die Grafik von Horizon: Forbidden West als heimtückische Verführerin herausstellt, die dazu verleitet, für einen Moment den kritischen Blick zu vergessen und dahinzuschmelzen, haben wir sie ans Ende gepackt: Denn, Oh Gaia, ist dieses Spiel wunderschön! Grüne Wiesen, olympische Berge, feurige Sonnenuntergänge, alles verstummende Vollmonde. Ab und zu haben wir unsere wichtige Mission komplett vergessen, weil wir mit dem Fotomodus alles einfangen mussten, was es aus jeder Perspektive einzufangen gab. Guerilla Games nutzt die Leistung der PS5 und bietet einen 360-Grad-Augenschmaus, der vor Lichteffekten, Wetter und Details nur so strotzt.

Zusammengeschusterte Dörfer, unterirdische Basen, bewachsene Ruinen, ein halb versunkenes Metallmonster – noch besser als der Vorgänger weiß Horizon: Forbidden West einzigartige Schauplätze zwischen Postapokalypse und Urzeit zu kreieren, die viele Fragen aufwerfen und zum pausenlosen Erkunden einladen. Dank der vielen Bewohner und Kreaturen wirkt die Welt umso lebhafter. (Auch bei den teils Fremdscham erzeugenden Dialog-Animationen vom Vorgänger hat sich sehr viel getan, auch wenn die Charaktere doch ab und zu in die Leere starren.) An dieser Stelle würden wir gar nicht weiter meckern wollen, allerdings ...

Ein Spiel, hundert optisch einzigartige Augenblicke: An dieser Stelle mussten wir sofort an Sekiro: Shadows Die Twice denken.
Ein Spiel, hundert optisch einzigartige Augenblicke: An dieser Stelle mussten wir sofort an Sekiro: Shadows Die Twice denken.

Ein Thema müssen wir an dieser Stelle nichtsdestotrotz ansprechen: Die Technik von Horizon: Forbidden West. Während unser Testphase kam es vermehrt zu Abstürzen, Bugs und Fehlern. Das nimmt bei weitem keine Cyberpunk-2077-Maße an, hat den Spielfluss dennoch gestört und den an sich guten Gesamteindruck geschmälert. Der nun nachgereichte "Day One"-Patch konnte zwar viele Probleme beheben, aber wirklich zu 100 Prozent fertig und geschliffen wirkt das Spiel immer noch nicht. Wir müssen daher eine kleine Warnung aussprechen und empfehlen euch, wenn ihr das Spiel wirklich in kompletter Qualität genießen wollt, die ersten Updates abzuwarten.

- Wir können keine Aussage zur Performance auf der PS4 machen, da wir das Spiel dort nicht getestet haben.

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Für wen lohnt sich Horizon: Forbidden West? Für wen eher nicht?

Abschließend wollen wir euch verraten, für wen sich das Spiel eignet und für wen nicht.

Horizon: Forbidden West ist ein klares Must Buy,

  • wenn ihr riesige und schöne Open Worlds sucht.
  • wenn ihr spannende und schweißtreibende Kämpfe sucht.
  • wenn ihr eine mitreißende Action-Story sucht.

Horizon: Forbidden West ist eher nichts für euch,

  • wenn ihr mit Open Worlds nichts anfangen könnt.
  • wenn ihr allergerisch gegen Loot und Grinding seid.
  • wenn ihr lieber kürzere und auf Charaktere fokussierte Geschichten braucht.
Horizon Forbidden West - [PlayStation 5]

Horizon Forbidden West - [PlayStation 5]

Preis kann jetzt höher sein. Preis vom 24.03.2023 11:57 Uhr

Bewertung von Michael Sonntag

Ist Horizon: Forbidden West das große PS5-Kino, auf das wir gewartet haben? Es ist oft groß, oft Kino und in manchen Momenten auch großes Kino. Eine lineare Geschichte in einer Open World, das ist genauso gewagt wie Robo-Dinos in einer urzeitlich wirkenden Postapokalypse. Der Rest ist Geschmackssache und eine Frage des Spielertyps. Viele Spiele wollen heutzutage so viele Spielergruppen wie möglich ansprechen, Forbidden West richtet sich an Grafik-Fanatiker, Action-Rollenspieler und Story-Liebhaber. Und es funktioniert, aber jeder muss für sich selbst entscheiden, wie lange er bleiben und was er machen möchte.

Ich spiele es vor allem für die Geschichte, ich kann aber genauso jeden verstehen, der lieber drei Robo-T-Rex jagen will und auf der Suche nach seltenen Materialien ist. Ich denke, dass Forbidden West zwanzig Stunden wahnsinnigen Spaß macht und darüber hinaus noch dutzende Stunden unterhalten kann. Es ist eine gelungene Fortsetzung zum ersten Teil, ohne etwas völlig Neues zu bieten, nur eben etwas Besseres. Heißt aber auch, dass Guerilla Games die damaligen Kritiker vermutlich nicht überzeugen kann, höchstens mit der neuen Grafik verführen.

Horizon: Forbidden West liefert endlich einen guten Grund, sich die PS5 zu holen. Wegen der Grafik, wegen des Gameplays, wegen des Clashs zwischen allen Genres. Die coolste PlayStation-Heldin (neben Lara Croft) ist zurück!

88 Spieletipps-Award

spieletipps meint: Grafik, Gameplay, Geschichte – Horizon: Forbidden West ist ein PS5-Must-Buy.

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