von Sergej Jurtaev (Dienstag, 26.07.2022 - 15:00 Uhr)
Das Sommerloch meint es dieses Jahr gut mit Rollenspiel-Fans. Am 29. Juli erscheint nämlich mit Xenoblade Chronicles 3 ein potenzielles Highlight für Nintendo Switch, das nicht nur Qualität verspricht, sondern auch mächtig an der Spielzeituhr dreht. Ob ihr die nächsten Wochen mit diesem Spiel verbringen solltet, erfahrt ihr in unserem Test.
Überblick zu Xenoblade Chronicles 3
Spielzeit: circa 50 Stunden für die Hauptstory
Multiplayer: nein
Switch-Online-Funktionen: nein
Speicherdaten-Cloud: kompatibel
amiibo-Support: ja
Schauplatz von Xenoblade Chronicles 3 ist die Welt von Aionios. Hier führen die Völker von Keves und Agnus einen unerbittlichen Krieg gegeneinander. Um selbst zu überleben, müssen sie andere Menschen töten und ihre Lebenskraft einsammeln. Damit laden sie sogenannte Flammenuhren in ihren Kolonien auf, die ihre Existenz sichern. Die Menschen von Aionios leben nur zehn Jahre. Sie leben, um zu kämpfen. Das zeitliche Ende erreichen nur die wenigsten.
Durch ein schicksalhaftes Ereignis wird eine Gruppe aus Keves (Noah, Lanze und Junie) und Agnus (Mio, Taion und Sena) zusammengeführt und von der Ouroboros-Macht auserwählt. Das befreit sie von den Zwängen der Flammenuhr, macht sie aber auch zum Feind der ganzen Welt. Die Gruppe begibt sich auf eine lange Reise, um die Hintergründe dieser unfairen Welt aufzudecken. Vorher müssen die einstigen Gegner aber lernen, miteinander auszukommen.
Xenoblade Chronicles 3 erzählt eine spannende Geschichte über den Sinn des Lebens. Dabei bleibt der Ton passend zur Welt ernst und melancholisch. Die Hauptstory wird in hochwertigen Zwischensequenzen vermittelt, die addiert sicher über zehn Stunden lang sind. Hier sticht vor allem die Inszenierung hervor. Euch werden fulminante Schlachten und toll choreografierte Kämpfe gezeigt. Aber die Entwickler holen auch viele Emotionen aus den in Videospielen sonst so starren Anime-Gesichtern heraus. Zumindest im Nintendo-Kosmos ist dieser inszenatorische Aufwand einzigartig. Falls Xenoblade Chronicles noch zur Nische zählt, verdient Monolith Softs Arbeit spätestens mit diesem Ableger mehr Aufmerksamkeit.
Wenn ihr nur der Handlung folgt, könnten euch die vielen Zwischensequenzen irgendwann durchaus nerven. Deshalb solltet ihr immer mal wieder eine Pause vom Hauptpfad einlegen und die schöne Spielwelt erkunden. Aionios ist in Gebiete eingeteilt und bietet keine zusammenhängende offene Spielwelt, dafür sind die einzelnen Gebiete aber riesig. Selbst auf ruhigen Erkundungstouren kann es deshalb leider schon vorkommen, dass die Switch in die Knie geht und einfache Kamerabewegungen mächtig ruckeln.
Die Karten müsst ihr zunächst immer selbst aufdecken und für das Entdecken neuer Orte werdet ihr stets mit Erfahrungspunkten belohnt. Ihr könnt geheime Orte finden, legendäre Monster bekämpfen und zahlreiche Container plündern. Xenoblade Chronicles 3 hat aber ein Problem mit der Ökonomie, weshalb euch die Schatzsuche irgendwann als überflüssig erscheinen wird. Wir zumindest beendeten unseren Spieldurchlauf mit einer Million Gold und fanden keinen sinnvollen Zweck dafür.
Was keineswegs überflüssig ist, sind die Helden- und Nebenmissionen, die ihr angehen könnt. Heldenmissionen sind umfangreiche Quests, die ähnlich wie die Hauptstory inszeniert sind und zum Gesamtbild beitragen. Oftmals befreit ihr dabei Kolonien von ihrer Flammenuhr und schaltet ihre Kommandeure als Helden für eure Truppe frei. Danach könnt ihr weitere Nebenmissionen in den Kolonien abschließen, um eure Harmonie zu verbessern und mit steigendem Engagement Boni für die Erkundung freizuschalten (zum Beispiel schneller laufen oder höhere Chance auf seltene Monster).
Alle Einwohner und ihre Beziehungen werden auf dem Harmoniediagramm festgehalten. Mit der Zeit könnt ihr auch dafür sorgen, dass sich die Beziehungen zwischen Kolonien verbessern, um noch mehr Aufgaben freizuschalten. Wenn ihr gründlich spielt, könnt ihr die Spielzeit mindestens verdoppeln, ohne euch zu langweilen.
„Beziehungen“ ist ein gutes Stichwort, denn die sind auch im Bezug auf eure Gruppe eine große Stärke des Spiels. Xenoblade Chronicles 3 legt den Fokus ganz stark auf seine Charaktere und ihre Entwicklung. Es gibt einige Zwischensequenzen, die die Handlung nicht voranbringen, sondern einfach nur zeigen, wie die Figuren minutenlang am Lagerfeuer reden. Erwähnenswert ist auch, dass in allen Konstellationen Vier-Augen-Gespräche geführt werden und nicht nur die Hauptfiguren Noah und Mio im Mittelpunkt stehen.
Wie Nintendo bereits mitteilte, sind die Ereignisse aus Xenoblade Chronicles 3 das Resultat aus den ersten beiden Teilen. Die Referenzen auf die Vorgänger könnt ihr in der Spielwelt sehen, in der Musik hören (der Soundtrack ist herausragend), aber auch im Kampfsystem erleben.
Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab und eure Charaktere greifen automatisch an. Im Laufe des Kampfs laden sich eure Techniken auf, die ihr über die zugewiesenen Tasten beziehungsweise das Steuerkreuz ausführt. Die Techniken der Kevesi-Klassen haben einen Cooldown und laden sich mit der Zeit auf (wie in Xenoblade Chronicles). Figuren aus Agnus müssen hingegen ihre Techniken durch ausgeteilte Standardangriffe aufladen (wie in Xenoblade Chronicles 2).
Wenn ihr Techniken einer Klasse meistert, könnt ihr diese auch für andere Klassen ausrüsten und im Kampf sogar kevesische und agnische Techniken fusionieren. Es gibt über ein Dutzend verschiedener Klassen, die ihr über die Helden freischaltet, die ihr im Laufe eures Abenteuers rekrutiert. Das Spiel empfiehlt es euch, die Klassen regelmäßig zu ändern, um neue Talente und Techniken zu erhalten. Hierbei gibt es aber auch ein Problem. Wenn ihr die Rolle einer Figur ändert, müsst ihr auch die Ausrüstung, die Techniken und Talente anpassen. Macht ihr das ständig für alle sechs Charaktere, nervt das Management irgendwann. Ihr werdet dann dazu neigen, die Ausrüstung automatisch festlegen zu lassen. Das wiederum sorgt dafür, dass ihr die Gruppendynamik im Kampf nicht immer nachvollziehen könnt.
Darüber hinaus könnt ihr in die Ouroboros-Form wechseln, um euch einen Vorteil zu verschaffen. Ihr seid so nicht nur stärker, sondern erleidet auch keinen Schaden. Das ist ein gutes strategisches Mittel, um knifflige Situationen zu überstehen. Als wäre das noch nicht genug, gibt es noch Angriffsketten, die eigentlich das wichtigste Element darstellen und mit Abstand den höchsten Schaden anrichten. Ihr merkt schon: Das Kampfsystem bietet sehr viele Facetten. Einmal verstanden, greift alles gut ineinander, aber für einige Spielerinnen und Spieler könnte das trotzdem eine große Einstiegshürde sein.
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Es passiert selten, dass ein Spiel die hohen Erwartungen der Vorfreude erfüllen kann. Xenoblade Chronicles 3 ist für mich so ein Fall. Ich habe alles bekommen, was ich wollte. Eine packende Geschichte, interessante Charaktere, ein vielschichtiges Kampfsystem, einen Ohrwurm-Soundtrack und eine schöne, nachvollziehbare Welt mit vielen Aufgaben. Meckern kann ich einzig über die altersschwache Technik der Switch. Die Ruckler haben mich am Anfang gestört. Es hat sich dann zwar gelegt, aber ich kann gar nicht sagen, ob es weniger wurde oder ich mich einfach dran gewöhnt habe.
Ansonsten würde ich mir wünschen, dass Monolith Soft beim nächsten Teil mehr am Belohnungs- und Ausrüstungssystem feilt. Es gibt nichts Sinnvolles, wofür ich mein Geld ausgeben kann. Es sammeln sich auch so Hunderte Ausrüstungsteile in meinem Inventar an. Sie sind nicht dazu da, um die Statuswerte zu erhöhen, sondern haben ganz unterschiedliche Effekte. Ich habe irgendwann aufgegeben, mich da durchzukämpfen.
Wenn es nicht noch ein paar Überraschungen gibt, sollte Xenoblade Chronicles 3 aber am Ende des Jahres zumindest in meiner Top 5 landen. Wenn ihr, wie ich, die Vorgänger gespielt habt, werdet ihr aufgrund der Zusammenhänge noch mehr aus dem Spiel ziehen können. Es ist aber keineswegs nur ein Spiel für Fans, auch neue Spieler werden ein wundervolles Abenteuer erleben.
spieletipps meint: Gefühlvolle Geschichte, grandiose Inszenierung, gewaltige Spielwelt. Kurzum: Eines der besten Rollenspiele auf der Switch.
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