Scorn

Scorn: Gelungener Horror-Puzzle-Mix mit nervigen Kämpfen

von Manuel Karner (Freitag, 14.10.2022 - 17:24 Uhr)

Scorn (Teaser)

Scorn sollte ursprünglich bereits 2018 das Licht der Welt erblicken, wurde aber laufend verschoben und erscheint nun endlich am 14. Oktober 2022 für Xbox Series X (im Game Pass) und PC. Hat sich die Wartezeit für Fans des Horrors gelohnt? Diese und weitere Fragen klären wir im Test.

Horror im Stil von H.R. Giger

Wie lässt sich Scorn treffend beschreiben? Stellt euch vor, ihr tretet euren ersten Arbeitstag als Maschinenführer an und findet euch in einer Fabrik wieder, wie sie Künstler H.R. Giger entworfen hätte. Fremdartige Maschinen, die aus jahrhundertealtem Stahl und menschlichem Gerippe gefertigt zu sein scheinen und groteske Bedienelemente, deren Funktion durch organische Bestandteile gewährleistet wird.

Euer erster Gedanke wäre vermutlich: „Was zum Teufel mache ich hier?“ oder: „Wo bin ich denn hier nun wieder reingeraten?“. Es ist genau diese Ungewissheit, die euch über die gesamte Spiellänge (etwa sechs Stunden) hinweg begleitet. Welche Funktionen die anomalen Gerätschaften erfüllen oder welchem Zweck sie dienen wird in Scorn immer erst dann deutlich, wenn ihr sie ausprobiert habt. Davon geht gleichzeitig auch die größte Faszination des Horrorspiels aus.

Ist das A: Ein Bagger, B: Ein Riesenlöffel oder C: Eine zerfleischende Entweidungs- und Zerstückelungsmaschine? (Quelle: Screenshot spieletipps)
Ist das A: Ein Bagger, B: Ein Riesenlöffel oder C: Eine zerfleischende Entweidungs- und Zerstückelungsmaschine? (Quelle: Screenshot spieletipps)

Wichtig ist dabei aber nicht zu vergessen, worauf ihr euch einlasst. Scorn geizt nicht mit der Darstellung von Verstümmelungen, Blut oder Eingeweiden. Es gibt ganze Areale, die aussehen, als wären sie mit Innereien geschmückt worden. Gleichzeitig wird auf billige Jump Scares gänzlich verzichtet. Die Stimmung lässt sich generell weniger als furchteinflößend, sondern vielmehr als eklig und beklemmend beschreiben. Dazu trägt auch das grandiose Sound-Design bei: In Scorn wird kein einziger Satz gesprochen. Die meisten Geräusche werden von der Umgebung, den Maschinen oder Kreaturen erzeugt, während eine Musikuntermalung ausschließlich zum Einsatz kommt, um Akzente zu setzen.

In den meisten Fällen müsst ihr euer Vorankommen durch die Lösung eines großen Rätsels sichern, das sich über mehrere Stockwerke oder Räumlichkeiten erstreckt, die ihrerseits wiederum kleine Puzzle-Elemente für euch bereithalten. Da sind durchaus einige ausgeklügelte Denkaufgaben dabei, die euch auch mal länger beschäftigen können – vor allem, weil euch das Spiel zu keinem Zeitpunkt an die Hand nimmt.

Egal wie schlecht euer Tag war, seiner war schlechter. (Quelle: Screenshot spieletipps)
Egal wie schlecht euer Tag war, seiner war schlechter. (Quelle: Screenshot spieletipps)

Allerdings sehen sich die miteinander verbundenen Korridore meist so ähnlich, dass sich das Gefühl der Orientierungslosigkeit nur allzu schnell breit macht. Das kann eure Geduld besonders dann strapazieren, wenn ihr eigentlich wisst, wo ihr hinmüsst, ihr euch den Weg dorthin aber nicht so recht einprägen konntet.

Ballern für die Abwechslung, die es nicht gebraucht hätte

Wer sich von Scorn mehr einen Shooter als ein Puzzle-Adventure erwartet hat, wird enttäuscht. Gleichzeitig ist es nur gut, dass sich derlei Abschnitte in Grenzen halten. Ihr findet im Laufe eurer Erkundungen eine Waffe, die sich mit vier unterschiedlichen Aufsätzen erweitern lässt. Damit ihr niemals das Gefühl der Übermacht bekommt, habt ihr meist mit Munitionsknappheit zu kämpfen. Das ist generell zwar keine schlechte Idee, allerdings mangelt es den Shooter-Aspekten an Abwechslung und Möglichkeiten.

Zwar sieht die Waffe faszinierend aus, aber die Kämpfe können nicht fesseln. (Quelle: Screenshot spieletipps)
Zwar sieht die Waffe faszinierend aus, aber die Kämpfe können nicht fesseln. (Quelle: Screenshot spieletipps)

Zum einen steuert sich der humanoide Protagonist recht sperrig. Ihr könnt per Knopfdruck schneller laufen, aber damit ist das Ende der Fahnenstange auch schon erreicht. Zum anderen fällt das Angriffsverhalten eurer Widersacher mindestens ebenso bescheiden aus. Drei von fünf unterschiedlichen Gegnertypen, die allesamt wie deformierte Fleischgeschwülste mit scharfen Zähnen aussehen, bespucken euch mit einer Art Säure. Den Angriffen zu entgehen ist aufgrund der eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten nur als anstrengend zu beschreiben. Viel zu oft verlieren sich Kämpfe dadurch im gleichen, sich wiederholenden Muster: Weglaufen, zielen, schießen.

Obendrein nimmt das Nachladen so viel Zeit in Anspruch, dass man denken könnte der Charakter würde das erste Mal in seinem Leben mit einer aus Alien-Technologien bestehenden Fleischknochenknarre hantieren. Das kann und wird euch vermutlich auch hin und wieder das virtuelle Leben kosten – was nicht ganz so schlimm wäre, wenn die Checkpoints besser gesetzt wären.

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Bewertung von Manuel Karner

Scorn lebt neben der Atmosphäre vor allem von seiner Fremdartigkeit. Oder besser gesagt: Von eurem Bedürfnis alles Fremde zu erforschen, um es verstehen zu lernen. Kann es diese Neugier bei euch wecken und seid ihr dem Stil von H.R. Giger nicht abgeneigt, erwartet euch mit der Welt von Scorn ein spielerisches Kunstwerk, das voller Geheimnisse ist.

Aber das Spiel hat auch seine Schattenseiten, die besonders dann in Erscheinung treten, wenn die Knarre gezückt und um das virtuelle Leben gekämpft werden muss. Dabei hätte das Spielprinzip auch ganz gut ohne Action-Einlagen funktioniert.

75

spieletipps meint: Scorn brilliert in Sachen Spielwelt und Sound-Design, versagt aber bei den Kämpfen.

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