von Jens-Magnus Krause (Donnerstag, 20.10.2022 - 13:00 Uhr)
Dieses Action-RPG ersetzt Batman durch vier spielbare Charaktere, bietet einen Koop-Modus für die Kampagne und Gotham City bleibt eine Open-World. Macht Gotham Knights als Mischung aus dem Vorgänger, Assassin’s Creed und Spider-Man Spaß? Wir haben das Game für euch auf Herz und Nieren getestet.
Die Ausgangslage von Gotham Knights ist eine gute. Denn die Entwickler von WB Games Montréal bringen Erfahrung im Batman-Universum mit. Im Jahr 2013 erschien ihr Action-Adventure Batman: Arkham Origins, für das es Wertungen im 80er-Bereich gab.
Neun Jahre später kommt ausschließlich für die leistungsstarken Current-Gen-Konsolen und den PC nun ein Action-RPG, welches auf dem gleichnamigen Comic beruht.
Ein großer Unterschied zu allen Batman-Spielen ist bei Gotham Knights die Spielfigur: Der dunkle Ritter ist tot und ihr steuert einen von vier Nebendarstellern, die von jetzt auf gleich die Verantwortung für den Frieden in Gotham City übernehmen müssen.
Red Hood ist ein Brawler, Batgirl die Hackerin des Quartetts. Als Stealth-Experte ist Robin dabei, Nightwing überzeugt durch flinke Ausweichmanöver. Jeder eurer Superhelden beherrscht Nah- und Fernkampfangriffe, mal mehr und mal weniger gut, aber die Unterschiede liegen in den ausbaubaren Fähigkeiten. Batgirl kann sich beispielsweise eine Drohne als Unterstützung im Kampf herbeirufen.
Komfortabel, aber auch schade: ihr schafft jede Mission mit jedem Charakter. Ein Wechsel in eurem Hauptquartier Belfry lohnt sich nie. Und dass, obwohl ihr eure freigeschalteten Skillpunkte für jeden Charakter gleichermaßen übernehmen könnt.
Die Story von Gotham Knights hat gleich mehrere Probleme. Sie kommt in den ersten zwei Stunden nicht in Fahrt. Das liegt daran, dass euch das Spiel mit allerlei Nebenmissionen, Herausforderungen und Nebenaktivitäten immer wieder aus der Handlung rausreißt.
Für ein Open-World-Spiel nichts Neues, aber doch sehr zeitaufwändig. Gerade dann, wenn es obligatorisch ist, für euer Vorankommen in der Handlung fünf korrupte Polizisten an drei weit voneinander entfernten Locations hochzunehmen. Bringt wenig Spielspaß, hält aber umso mehr auf.
Zäh fühlt sich die in Zwischensequenzen erzählte Story auch deshalb an, weil die Sprechpausen in Dialogen zu lang sind und ihr die Textzeilen nicht wie in anderen RPGs beschleunigen könnt.
Auch die im Vergleich zu Marvel’s Spider-Man langen Ladezeiten beim Betreten und Verlassen eures Hauptquartiers, aber auch während der Missionen, stören den Spielfluss.
Das ist schade, ist der eigentliche Plot doch so mysteriös aufgebaut, dass ihr die Lösung des Rätsels kaum abwarten könnt und eine Mission nach der nächsten ansteuern möchtet.
Zugegebenermaßen ist die Geschichte von Gotham Knights keine Neuerfindung. Ihr bekommt es nämlich mit einer geheimen Gesellschaft namens Court of Owls zu tun.
Diese Vereinigung trifft für die Stadt im Hintergrund alle wichtigen Entscheidungen, inklusive Korruption und Mord. Fühlt sich wie der Kult in Assassin’s Creed: Odyssey an, inklusive Masken, die die Identität der Mitglieder schützen sollen.
Daneben trefft ihr auf die League of Shadows, einem Verbund aus Kriegern, die über Jahrhunderte der Korruption den Kampf ansagt.
Ab und zu fallen schlecht eingesprochene Charaktere aus dem Atmosphäre-Raster und die Emotionen, wie die Trauer nach Batmans Tod, kommen bei euch nicht an.
Und der simple Hauptplot streckt sich durch erzählerisch komplizierte und spielerisch eintönige Handlungsstränge. Wenn ihr unter Drogeneinfluss in einem Labyrinth viele Bildschirmtode erlebt und eine dermaßen in die Länge gezogene lineare Gameplay-Passage spielt, möchtet ihr manchmal eure Konsole ausschalten.
In eurer Zentrale nutzt ihr das Evidence-Board, um das nachzulesen, was in Zwischensequenzen nicht immer ganz klar wird: Wer oder was ist euer nächstes Ziel und warum?
Es gibt Haupt- und Nebenmissionen zur Auswahl. In letzteren arbeitet ihr unter anderem mit und gegen Harley Quinn und müsst Bomben entschärfen.
Dazu kommen zahlreiche Herausforderungen. Durch eine schaltet ihr für Batgirl den Umhang frei, damit ihr durch die Luft gleiten könnt. Dafür müsst ihr eine bestimmte Anzahl unterschiedlicher Gegner eliminieren. Spaß macht das nicht, es ist eher lästig, dass ihr all das nicht im Spielverlauf zwangsläufig freischaltet.
Die Missionen spielen sich immerhin abwechslungsreich. Mal müsst ihr schleichen und eure Gegner mit eurem eingebauten AR-Scan durch Wände erspähen. Oder Gespräche abhören. Oder Objekte analysieren. Oder in Crime Scenes Beweise kombinieren, um neue Hinweise zu erhalten. Oder wie in Tomb Raider Rätsel lösen, indem ihr Schalter in einer bestimmten Reihenfolge aktiviert.
Am häufigsten jedoch geht es ums Kämpfen. Das erinnert an den Vorgänger Batman: Arkham Origins oder Marvel’s Spider-Man. Ihr könnt leichte und schwere Nah- oder Fernkampfangriffe ausführen. Bei manchen Gegnern müsst ihr erst Schilde durchbrechen.
Trotz der vielfältigen Gegner, verkommen die fairen Kämpfe zur Tastenklopperei. Das liegt daran, dass ihr nicht parieren, sondern nur ausweichen könnt. Einen Gegner fest anvisieren? Fehlanzeige. Dadurch laufen viele Fernkampfangriffe ins Leere.
Zusätzlich verliert ihr durch die störrische Kamera die Übersicht in den hektischen Auseinandersetzungen, auch gegen Bossgegner.
Gleichzeitig merkt ihr hier, dass das Spiel keinen Performance-Modus hat. Während der Kämpfe treten regelmäßig Framerate-Einbrüche auf, die die ohnehin schon leicht träge Steuerung weiter verschlimmern. Diese Technik zieht am Spielspaß.
Und dass bei einer Optik, die stellenweise so wirkt, als hätte Gotham Knights auch noch für die Last-Gen-Konsolen hätte erscheinen sollen.
Allen Aktivitäten geht ihr immer nachts nach. Ihr patrouilliert so gewissermaßen durch Gotham City.
In der Stadt bewegt ihr euch anfangs noch per Batcycle, also dem Motorrad. Ihr könnt es jederzeit herbeirufen. Leider steuert es sich schwammig und das Geschwindigkeitsgefühl fehlt. Zusätzlich fahrt ihr in engen Gassen gegen Wände, weil die Framerate einbricht.
Später könnt ihr euch feste Schnellreisepunkte durch das Scannen von Drohnen freischalten. Oder ihr gleitet beispielsweise per Umhang (Batgirl) oder Teleportieren (Robin) durch die Stadt. Immer dann fallen euch die zu spät ladenden Texturen negativ auf.
Eure Fortbewegung ist nie so spaßig wie das Umherschwingen in Spider-Man oder das Gleiten in den Batman-Spielen.
Nachts ist in Gotham City weniger los als tagsüber, klar. Aber hier wirkt es schon ausgestorben. Ihr könnt auch keine Gebäude betreten oder Quatsch machen. Dafür geben die Passanten die immer selben und belanglosen Sprüche ab: „I like your outfit. Weird, but cool.“
Den in eurem Hauptquartier stehenden Batcomputer könnt ihr jederzeit per Tastendruck aufrufen. Nicht übersichtlich gestaltet, findet ihr hier die Karte, eure Ausrüstung und eure Fähigkeiten.
Steigt ihr im Level auf, könnt ihr Fähigkeitenpunkte in Skill Trees einlösen und so unter anderem mehr kritischen Schaden verursachen oder mehr Lebensenergie erhalten.
Aus aufgesammelten Rohstoffen könnt ihr neue Nah- sowie Fernkampfwaffen craften. Oder stylische Anzüge. Und im Trainingsbereich erlernt ihr neue Techniken, wie das Verhören von Gegnern. Dann bekommt ihr wichtige Infos innerhalb von Missionen.
Die Rettung von Gotham Knights ist der Koop-Modus für zwei Spieler für die gesamte Kampagne. Das hat beim Testen richtig gut funktioniert und den Spielspaß extrem erhöht. In Gesellschaft treten die Schwächen des Spiels mehr in den Hintergrund.
Ab November sollen auch vier Spieler im Modus Heroic Assault über 30 Ebenen hinweg Gegner bekämpfen und Aufgaben erfüllen, ohne Bezug zur Kampagne.
Gotham Knights erscheint am 21. Oktober für PC, PS5 und Xbox Series X|S.
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Gotham Knights hat mich überrascht. Positiv und negativ zugleich. Es fiel mir nach dem Intro schwer, nicht einmal als Batman gespielt zu haben. Dafür haben alle vier Charaktere für jeden Spieler etwas zu bieten und ähneln dabei Batman.
Aber mich ärgert das verschenkte Potenzial dieses Action-RPGs. In nahezu allen Belangen gibt es Spiele, die es besser gemacht haben. Das Looten und Craften ist in Assassin’s Creed befriedigender. Die Kämpfe in den Batman-Vorgängern wuchtiger. Und die Fortbewegung in Spider-Man geschmeidiger.
Dazu kommen die Technikprobleme. Für mich ist es ein No-Go auf einen Performance-Modus zu verzichten. Laut Entwickler-Aussagen zugunsten des Koop-Modus. Wer möchte denn bitte im Jahr 2022 noch ruckelige Passagen spielen?
Paradoxerweise rettet der Koop-Modus den Spielspaß. Solo muss ich mich schon stark fokussieren, um vor lauter mir aufgezwungenen Herausforderungen der Hauptstory bis zum Ende zu folgen. Zu zweit tritt vieles in den Hintergrund und ist erträglicher.
Ich möchte betonen, dass ihr hier kein brutal schlechtes Spiel bekommt. Es ist aber eben nur ein weiteres Open-World-Spiel, das ihr am besten mit ausgeschaltetem Kopf spielt. Sonst ärgert ihr euch an jeder Ecke.
spieletipps meint: Ein Action-RPG mit vier unterschiedlichen Charakteren, Technikproblemen, leerer Open-World und zäher Story.
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