von Sergej Jurtaev (Dienstag, 17.01.2023 - 15:00 Uhr)
Das Gaming-Jahr 2023 hätte für Fire-Emblem-Fans kaum erfreulicher starten können. Am 20. Januar erscheint mit Fire Emblem Engage nämlich der neuste Ableger der beliebten Strategie-RPG-Reihe. Überraschenderweise folgt Engage nicht dem Pfad des erfolgreichen Vorgängers (Three Houses), sondern kehrt zu den Wurzeln zurück. Ob das eine gute Entscheidung war, verrät euch unser Test.
Überblick zu Fire Emblem Engage
Spielzeit: 30 bis 35 Stunden für die Hauptstory
Multiplayer: nein
Switch-Online-Funktionen: ja
Speicherdaten-Cloud: kompatibel
amiibo-Support: ja
Ein Auserwählter erwacht aus einem langjährigen Schlaf? Check. Keine Erinnerungen mehr an die Vergangenheit? Check. Elternteil stirbt im Intro? Check. Das verbannte ultimative Böse wird wieder befreit? Check. Kurzum: Euch erwartet eine von vorne bis hinten generische Geschichte, die mal wieder auf den faulen Amnesietrick zurückgreifen muss, um euch vermeintlich überraschende Wendungen präsentieren zu können. Fans werden aber nicht zwingend enttäuscht sein, da es im Grunde eine ganz klassische Fire-Emblem-Story ist.
Als Wyrmgott kann Alear die legendären Helden der Fire-Emblem-Historie wiedererwecken, die in den sogenannten Emblem-Ringen schlummern. Es gibt zwölf solcher Ringe, die aufgrund ihrer Macht unter den Nationen von Elyos verteilt wurden, um für ein Gleichgewicht zu sorgen. Vor ihrem Tod beauftragt Alears Mutter uns mit der Suche nach allen Ringen, um den Dämonendrachen Sombron erneut zu vernichten.
Anders als in Three Houses gibt es keine Entscheidungen oder Abzweigungen, die die Geschichte beeinflussen. Über eine Weltkarte spielt ihr linear ein Kapitel nach dem anderen. Hier und da schaltet ihr Nebenquests frei, in denen ihr auch ein paar optionale Charaktere rekrutieren könnt. Wenn ihr eure Truppe trainieren oder Ressourcen farmen wollt, findet ihr zudem immer ausreichend Herausforderungen auf der Weltkarte.
Fast in jedem Kapitel trefft ihr auf neue Charaktere, die sich eurer Truppe anschließen. Das Charakterdesign war im Vorfeld schon ein Streitpunkt und trifft nicht jeden Geschmack. Da ist viel Anime-Kitsch dabei, der sich auch in der albernen Theatralik einiger Charaktere widerspiegelt und einen aus ernsthaften Situationen herausreißt. Zwar in der Unterzahl, aber es gibt auch einige gut designte wie auch gut geschriebene Figuren, die ihr wie gewohnt in Unterstützungsgesprächen besser kennenlernt, wenn ihr die Beziehungen pflegt.
Eine etwas überraschende Änderung im Vorgänger war der Verzicht auf das Waffendreieck. In Fire Emblem Engage ist dieses klassische Prinzip, wodurch bestimmte Waffen effektiv gegen andere sind, wieder die Basis des Kampfsystems. Das Waffendreieck wird zudem um den neuen Zustand „Bruch“ erweitert, der ausgelöst wird, wenn ihr den Gegner mit einer überlegenen Waffe attackiert. Dadurch lässt der Gegner seine Waffe fallen und kann für den Rest des Zugs eure Angriffe nicht mehr kontern. Umgekehrt können natürlich auch die Feinde eure Haltung durchbrechen. Das ist eine kluge Anpassung, die euch auf dem Schlachtfeld neue taktische Herangehensweisen ermöglicht.
Die Emblem-Ringe sind nicht nur innerhalb der Story wichtig, sondern sind auch ein großer Bestandteil des Kampfsystems. Jede eurer Figuren kann einen Emblem-Ring tragen. Dadurch steigen die Statuswerte und die Figur erhält Zugang zu den Fähigkeiten des Emblems. Wie bei euren Verbündeten müsst ihr auch die Beziehung zu den Emblemen stärken und das Band-Level erhöhen. Mit jedem neuen Band-Level schaltet ihr eine neue Fähigkeit frei.
Auf dem Schlachtfeld gilt es die Bündnisleiste zu füllen, wodurch ihr das Emblem für ein paar Runden als Verstärkung beschwören könnt. Das Emblem kann nicht nur einen einzigartigen Angriff ausführen, sondern besitzt auch eigene Waffen. Dadurch kann eine Figur im besten Fall Waffentypen einsetzen, die sie sonst nicht führen kann und ist so im Kampf flexibler. Durch die zahlreichen Bündnispaare habt ihr unzählige Möglichkeiten, um eure perfekte Gruppe zu formen.
Die Maps sind gut gestaltet und die Missionen unterscheiden sich auch hier und da. So müsst ihr auch manchmal nur flüchten, bestimmte Gegenstände zerstören oder euch vorsichtig vorantasten, wenn ein Nebel des Krieges die Feinde versteckt. Der Schwierigkeitsgrad ist fordernd und kann im Nachhinein geändert werden. Allerdings dürft ihr es euch dann nur noch leichter und nicht mehr schwerer machen. Dank eines Zeitsteins könnt ihr im Kampf die Zeit zurückspulen und Runden wiederholen. Das ist besonders praktisch, wenn ihr im klassischen Modus mit Permadeath spielt.
Ziemlich cool ist, dass ihr nach abgeschlossenen Kämpfen nicht direkt zur Weltkarte zurückkehrt, sondern euch in einem passenden kleinen Spielgebiet wiederfindet. Hier könnt ihr mit euren Kameraden oder auch mit NPCs reden. Wenn ihr das Gebiet untersucht, werdet ihr zudem glitzernde Items entdecken oder ihr findet Tiere, die ihr bei euch aufnehmen könnt.
Im Vergleich zum Vorgänger macht Fire Emblem Engage vieles anderes. Es gibt jedoch einen großen Spielaspekt, der vor allem die soziale Komponente von Three Houses aufgreift. Abseits der Weltkarte gibt es eine kleine Insel – Somniel genannt –, die euch als Hub-Welt dient. Hier tummeln sich all eure Verbündeten und entspannen sich nach den anstrengenden Kämpfen. Eure Armee wird sichtlich immer größer und es werden nach und nach neue Aktivitäten im Somniel freigeschaltet. Ihr könnt auf dem Trainingsplatz trainieren, beim Teich angeln, im Café mit euren Verbündeten essen, in der Ringkammer die Emblem-Ringe putzen und einiges mehr. Im Somniel steht auch der Turm der Prüfungen, wo ihr zusätzliche Offline- und Online-Herausforderungen findet. Ihr merkt: Vom Umfang her hat Fire Emblem Engage einiges zu bieten.
Erfreulich ist, dass sich Engage technisch weiterentwickelt hat und besser läuft als das schon zum Release angestaubte Three Houses. Der bunte Artstyle ist zwar Geschmackssache, sorgt aber für ein stimmiges Gesamtbild. Vor allem die Charaktermodelle und Animationen sind hervorzuheben. Nichtsdestotrotz gibt es grafisch immer noch jede Menge Luft nach oben.
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Trotz des bunten, schrillen Looks wird mir Fire Emblem Engage paradoxerweise eher als unauffälliger Ableger in Erinnerung bleiben. Das ist schade, denn spielerisch gefällt es mir gut. Die klassischen Strategiekämpfe machen nach wie vor jede Menge Laune und auch wenn ich den Fanservice nicht gebraucht hätte, sind die Emblem-Ringe eine coole Neuerung.
Abseits des Schlachtfelds verbringe ich jedoch ähnlich viel Zeit in Dialogzeilen, deswegen brauche ich entweder eine spannende Geschichte oder interessante Charaktere. Beides hat meinen Geschmack nicht getroffen. Die Geschichte ist wie erwartet bieder, der Cast bleibt hingegen unerwartet blass. Wenn ihr euch vorrangig für die Kämpfe interessiert, wird euch Fire Emblem Engage aber nicht enttäuschen und ist einen Blick wert.
spieletipps meint: Spaßige Rundentaktik mit generischer Geschichte und schwachem Cast. Oder: Ein klassisches Fire Emblem, das leider zu wenig wagt.
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