von Deinjo (Mittwoch, 17.02.2016 - 18:04 Uhr)
Seit gestern steht Street Fighter 5 im Handel. „Es ist das beste Street Fighter aller Zeiten“, behauptet Capcom auf ihrer Internetseite. Ich habe es nicht gespielt und habe es momentan auch nicht vor.
Was Capcom da mit Street Fighter 5 veröffentlicht, ist in meinen Augen allenfalls die bisher teuerste Demo-Version der Welt (um dem Ganzen auch ein Superlativ zu verleihen).
Ein kundenfreundliches Händchen bei der Veröffentlichungspolitik von Street Fighter hatte Capcom noch nie, wenn ihr euch die zahlreichen Neuauflagen mit Untertiteln wie Turbo, Hyper, Special, Plus, Alpha, Max, Ultra, Super, Remix anseht. Doch mit dem neuen Teil holen die Japaner den Vogel mit einem Hurrican Kick vom Himmel.
Haltet euch fest: Ihr bekommt zum Vollpreis von knapp 60 Euro eine Art Basis-Paket mit gerade mal zwei Spiel-Modi für Einzelspieler:
Ich wiederhole noch einmal: 1. Story. 2. Survival. Das war's. Dürftiger geht es kaum. Die virtuelle Steuererklärung „Training“ zähle ich nicht mit, denn die ist genauso spannend wie der Namensvetter für das Finanzamt, nur dass ihr am Ende kein Geld zurück bekommt. Hinter „Story“ verstecken sich eine handvoll Kämpfe pro Spielfigur, unterbrochen mit Comic-Zwischenbildern des japanischen Zeichners Bengus. Und der Überlebensmodus, na ja, der ist normalerweise eher ein Lückenfüller.
Wo sind die anspruchsvollen Duell-Wettkämpfe mit den Computergegnern? Oder meinetwegen auch Freunden? Wo steckt der Arcade-Modus?
Die Online-Duelle gegen andere Spiele sind einen Tacken interessanter - sofern die Server denn mal ohne zu stottern arbeiten würden. Viele Optionen lässt euch die Spieler-Lobby aber auch hier nicht, habe ich mir sagen lassen.
Im Spiel enthalten sind aktuell zudem nur 16 Kämpfer. Zum Vergleich: Ultra Street Fighter 4 verfügt über 44 Recken, auch das blanke Street Fighter 4 hatte zum Konsolenstart bereits 24 am Start. Selbst vor dem „Day One“-Patch verschont euch das Spiel nicht und zwingt euch sechs Gigabyte als Download auf. Diverse leichte Grafikpatzer existieren trotzdem.
Ist das die Zukunft der Vollpreisspiele oder landen jetzt unverblümt Vollpreis-Betas im Laden? Als Käufer überlässt man dem Hersteller vorab seine gesammelte Kohle und hofft danach, dass der seinen Versprechungen nachkommt und man selbst nicht im Lauf der Zeit die Lust am Spiel verliert bis es irgendwann mal komplett und vollwertig ist? Tut mir leid, für mich klingt das nach Murks. Neueinsteiger gewinnt Capcom so kaum für das Genre.
Ich habe als Spieler das Gefühl als Versuchskaninchen für alternative Erlösmodelle herzuhalten. Denn ähnlich läuft das auch bei Hitman. Beim sechsten Teil mit dem Auftragsmörder hat sich Herausgeber Square Enix für ein Episoden-Format entschieden. Auf sechs Stücke verteilt soll das Spiel ab März über mehrere Monate erscheinen.
Genau so ein Humbug, geht dabei doch zwangsläufig die jeweils aufgebaute Atmosphäre flöten. Im Klartext heissen all diese Aktion vermutlich: Wir können uns die Entwicklung eines Spiels nicht mehr leisten, gebt uns bitte trotzdem euer Geld und wir machen das Beste draus.
"Wenn du das Spiel kaufst, wirst du die Inhalte über die ganze Lebensspanne aufrüsten können", hatte der für Street Fighter 5 verantwortliche Spiel-Entwickler Yoshinori Ono verlautbart. Was vergangenes Jahr nett gemeint war, klingt für mich inzwischen eher wie eine Drohung. Capcom verspricht für die kommenden Monate von Street Fighter 5 einiges. Einen „Ingame-Store“ etwa, in dem ihr gegen freigeschaltetes Spielgeld („Fight Money“, Kampfgeld) oder als Gegenwert für einen „Season Pass“ neue Inhalte aktivieren könnt.
Der Season Pass für 30 Euro enthält sechs weitere Charaktere mit Kostümen, die im Lauf des Jahres 2016 veröffentlicht werden sollen. Einzeln kosten diese Charaktere voraussichtlich sogar je 6 Euro und deren Premiumkostüme je 4 Euro. Toll, was? Aber ihr könnt sie euch ja auch freispielen. Eine Mechanik, der sich auch die "Free 2 Play"-Ecke gerne bedient - siehe mein geheimes F2P-Experiment.
„Das Durchspielen der Story sowie der anderen zum Start angebotenen Einzelspieler-Inhalte sollte Fans mehr als genug 'Fight Money' verschaffen, um mindestens einen weiteren Kämpfer freizuschalten“, so Capcom in einer Pressemeldung. „Die Veröffentlichung des In-Game-Shops wird so getimt, dass er zum gleichen Zeitpunkt wie der erste Bonuscharakter verfügbar ist, was ab März der Fall sein wird.“ Soll ich mich jetzt darüber freuen?
Für demnächst geplant sind die folgenden Spielmodi:
Die Kampfmechanik selbst scheint einen prima Eindruck zu hinterlassen, wie mir meine Kollegen bestätigen, die das Spiel ausprobiert haben. Präzise Attacken und platzierte Kombinationen sind möglich. Schade, dass Capcom mit dieser Veröffentlichung scheinbar nur auf die E-Sport-Szene und die bald anstehenden Turniere schielt. Ich spiele kein Street Fighter auf E-Sport-Turnieren, mir ist das egal.
Ich persönlich verzichte gerne auf diese Art „Early Access“ und frühen Zugang und warte auf ein rundes Spiel. „Dann kauf es dir halt in einem Jahr“, könnte es jetzt heißen. Ja, vielleicht. Falls es mich dann noch interessiert. Wie steht es mit euch?
Über den Autor: Onkel Jo kennt Street Fighter seit Teil 1 aus der Spielhalle und schätzt die Reihe. Für spieletipps schreibt er seit 2010. Weitere Infos in "Wer ist eigentlich" #100.
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