von Olaf Bleich (Freitag, 22.04.2016 - 11:55 Uhr)
Blue Byte stellt Die Siedler - Königreiche von Anteria auf den Kopf und macht daraus Champions of Anteria. In Düsseldorf probierten wir eine frühe Version des Echtzeitstrategie-Abenteuers aus.
Der Besuch bei Blue Byte beginnt mit einer faustdicken Überraschung. Der Markenverantwortliche Ronald Kaulbach geht zum Podium und verkündet: "Die Siedler - Königreiche von Anteria existiert nicht mehr. Unser neues Projekt hört auf den Namen Champions of Anteria und hat mit der Traditionsserie nichts mehr zu tun. Allerdings lebt Die Siedler weiterhin und ist bei bester Gesundheit." Das hat gesessen!
Wir erinnern uns: Erst im August 2014 wurde Die Siedler - Königreiche von Anteria angekündigt. Daraufhin folgte eine umfangreiche Beta-Phase und langes Schweigen. "Blue Byte"-Entwickler Mihnea Dragoman erklärt im Gespräch: "Wir haben viele wichtige Anregungen von den Spielern erhalten. Das führte uns dazu, das Konzept noch einmal zu überdenken. Dabei herausgekommen ist Champions of Anteria."
Das Echtzeitstrategiespiel löst sich von der Marke "Die Siedler" und geht damit eigene Wege. Vorbei sind die Zeiten von komplexem Ressourcenmanagement, Straßenbau und Gewusel. Champions of Anteria wird bunt-spaßige Taktikkost für gerade mal anvisierte 30 Euro.
Glücklicherweise nimmt sich Blue Bytes neuester Streich selbst nicht allzu ernst. Im Intro erzählt euch der Barde Bryan angetrunken seine Geschichte. In Anteria treibt eine fiese Macht ihr Unwesen und wiegelt die Völker des einstmals friedlichen Reichs gegeneinander auf. In einer solchen Situation braucht es echte Kerle, doch leider fanden sich in Anteria nur fünf merkwürdige Gestalten zur Verteidigung des Landes.
Zu Beginn des Spiels stehen euch zunächst nur drei Helden zur Verfügung: Bruder Anslem schwingt bevorzugt den Blitzhammer, wurde allerdings aufgrund seiner veganen Lebensweise aus seinem Orden verbannt. Krieger Vargus ist so dumm wie stark. Und Amazone Nasula zeigt den Männern, wo es lang geht. Später schaltet ihr dann noch Wasserkriegerin Oona und den Feuerjäger Balthasar in der Kampagne frei.
Champions of Anteria besticht durch seinen Humor. Selbst in den Missionen plappern die Figuren, flachsen miteinander rum oder kommentieren die Aktionen ihrer Mitstreiter. Dieser Witz steht dem Spiel in Kombination mit der hübschen Zeichentrickgrafik ganz ausgezeichnet.
Doch wenn ihr in Champions of Anteria eingreift, ist es schon beinahe zu spät. Denn die drei feindlichen Völker - Beduinen, Frostbeard-Wikinger und Broken-Crown-Barbaren - haben euer Königreich bereits weit zurückgedrängt. Die übrig gebliebene Burg und einige umliegende Dörfer sind daher anfangs euer Hauptquartier.
In dem Aufbau- und Management-Teil des Spiels steht die Zeit still. Ihr könnt also in aller Ruhe nach der Ausrüstung der Helden sehen, Waffen einkaufen oder neue Gebäude hochziehen. Vor jeder Runde liefern eure Bürger brav Ressourcen, die ihr wiederum in den Aufbau eures Königreichs investiert. Erst die Missionen selbst laufen dann in Echtzeit ab.
Eure Aufgabe besteht nun darin, die über 20 Sektoren der gewaltigen Landkarte Stück für Stück zurückzuerobern. Das ist gar nicht leicht, denn eure Feinde geben sich auch nach Niederlagen nicht kampflos geschlagen. In der Anspielrunde griffen sie verlorene Bereiche immer wieder an und wollten sich diese unter den Nagel reißen. Eure Helden wiederum können nur ein Mal pro Runde ausrücken. Wenn ihr also verteidigen müsst, könnt ihr erst am nächsten Tag wieder angreifen und Sektoren erobern.
Blue Byte will dadurch ein Tauziehen um die Vorherrschaft erzeugen. Allerdings arbeiten die Entwickler derzeit noch an der Spielbalance, damit die drei gegnerischen Völker nicht ständig attackieren. "Es wird ein Angriffskontingent geben, das die Aktionen limitiert. Schließlich sollen Spieler ja nicht zu sehr in die Defensive gedrängt werden", führt Dragoman im Gespräch aus.
Das eigene Dorf mausert sich so im Spielverlauf zur gewaltigen Stadt. "Wir halten die Strukturen allerdings bewusst einfach. Champions of Anteria ist kein Aufbauspiel. Die Stadt dient eher als Basis und zur Ressourcenbeschaffung", meint Mihnea Dragoman auf Nachfrage zu den Parallelen zu Die Siedler. Tatsächlich ist der Aufbauteil zwar ein Zeitfresser, aber übersichtlich und einfach gestrickt.
Nach den ersten Missionen etwa baut ihr zunächst Rostoffproduzenten wie den Steinmetz oder den Brunnen. Die Plätze dafür sind vorgegeben. Straßen oder gar Handelsrouten gibt es nicht. Später siedelt ihr dann Spezialisten an: Die Apothekerin versorgt eure Truppen mit Regenerations- und Heiltränken. Schließlich erholen sich die Helden in den laufenden Missionen nicht von selbst. Nehmen sie Schaden, müsst ihr die Lebenspunkte wie in Dark Souls 3 mit einem Heiltrank auffüllen.
Beim Magister Machinae kauft ihr nützliche Helfer wie mobile Katapulte, Heilstationen oder Mini-Flammenwerfer. Gerade im Kampf mit den immer wieder eingestreuten Boss-Gegnern - wie etwa dem Riesenritter Fendrel - sind diese Apparate Gold wert. Sie ziehen die Aufmerksamkeit der meist zahlenmäßig überlegenen Widersacher auf sich und richten beträchtlichen Schaden an. Für konventionelle Waffen besucht ihr den Schmied. Er baut euch nach Freischalten der Baupläne Ausrüstungsgegenstände und Panzerungen.
Jede Spielfigur verfügt über drei Inventarplätze - je einen für die Primärwaffe, die Rüstung und ein Amulett. Dazu schaltet ihr im Spielverlauf bis zu 13 Fertigkeiten frei, von denen ihr bis zu vier in die Missionen mitnehmen könnt. Champions of Anteria verfügt über einen in zehn Stufen aufgebauten Technik-Baum, an dem ihr Fertigkeiten, Erweiterungen und Ausrüstung mit Hilfe von Kronen freischaltet. Diese erhaltet ihr als Belohnung für erledigte Missionen.
Im Gegensatz zur rundenbasierten Basisverwaltung laufen die eigentlichen Einsätze in Echtzeit ab. Bevor ihr loszieht, wählt ihr drei eurer fünf Helden aus. Das Kampfsystem von Champions of Anteria basiert auf einem erweiterten "Schere-Stein-Papier"-Prinzip mit Hilfe der Elemente Metall, Feuer, Wasser, Natur und Blitz.
Eine Übersicht zeigt euch bereits im Vorfeld, auf welche Gegnertypen ihr treffen werdet. Entsprechend müsst ihr auch euer Ritter-Trio zusammenstellen. Begegnen euch etwa ausschließlich Wasser- und Natur-Widersacher, solltet ihr Feuerteufel Balthasar und Blitzmönch Anslem mitnehmen. Durch diesen simplen Trick verhindert Blue Byte, dass ihr im Spielverlauf mit den immer gleichen Charakteren unterwegs seid.
Ihr steuert eure Helden mit Maus und Tastatur. Die Kamera ist frei dreh- und zoombar. Damit die Missionen auch über eine längere Spielzeit abwechslungreich bleiben, variiert Blue Byte die Aufgaben. Laut eigener Aussage gibt es über 100 Kombinationen aus Haupt- und Nebenjobs. Allein in der Anfangsphase baut ihr Wachtürme auf, bewacht Brücken und eskortiert einen Konvoi. In einer späteren Mission greift ihr gar eine Festung an, pulverisiert Truppen mit einem Geschütz und legt euch danach mit Endgegner Fendrel an.
Spielerisch erinnert Champions of Anteria an eine Mischung aus Commandos und Dragon Age 3 - Inquisition. Denn ähnlich wie im Bioware-Abenteuer pausiert ihr das Spiel, sobald Gegner auf dem Bildschirm auftauchen. Dadurch wird das ansonsten arg flotte Schlachtgetümmel entschleunigt und ihr erhaltet die Möglichkeit, Laufwege zu setzen oder Angriffssequenzen zu planen. Mit gehaltener Umschalttaste reiht ihr Aktionen aneinander, ehe ihr durch Betätigen der Leertaste das Spiel wieder in Echtzeit ablaufen lasst. Spezialaktionen wie etwa Vargus Vorstoß verfügen über Abklingzeiten und wollen daher wohldosiert eingesetzt werden. Geht einer eurer Kameraden zu Boden, holt ihr ihn per Wiederbelebungstrank zurück ins Leben. Habt ihr davon keine mehr vorrätig, stößt der Held nach der Mission wieder zu seinen Kollegen.
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