von Kiara Coon (Freitag, 15.07.2016 - 12:16 Uhr)
Besser hätte Pokémon Go nicht starten können, denn schon jetzt wird das Spiel allein in den Vereinigten Staaten mehr genutzt als Twitter und Tinder. Nun ist Pokémon Go in Deutschland erschienen und spieletipps analysiert, ob das Spiel dem Rummel gerecht wird.
Vor rund einer Woche hat kaum jemand geahnt, dass Nintendo mit einem Spiel erneut Geschichte schreibt: Pokémon Go ist plötzlich am 6. Juli in Neuseeland und Australien auf iTunes und im Google Play Store aufgetaucht. Im Vorfeld hat Nintendo nichts angedeutet und die Spieler waren vollkommen überrascht. Doch es dauerte nur wenige Stunden und die Nachricht über die Veröffentlichung verbreitete sich weltweit wie ein Lauffeuer. Wann aber Pokémon Go aber in den anderen Ländern erscheint? Nintendo schwieg abermals und dadurch haben sich viele Spieler, die weder in Australien noch in Neuseeland leben, die mobile Monsterjagd ebenfalls heruntergeladen. Das Resultat am Tag der Veröffentlichung: ausgelastete Server, viele genervte Spieler und ein faszinierender Rummel um das Spiel.
Mit der Veröffentlichung von Pokémon Go in Deutschland, die Nintendo bereits aufgrund akuter Serverprobleme verschoben hat, können nun hierzulande fast alle Handybesitzer zu Pokémon-Trainern werden. Das ist sicherlich für alteingesessene Poké-Experten keine große Neuigkeit, aber dieses Mal fangt ihr sie nicht gemütlich auf dem Sofa, sondern sollt raus an die frische Luft. Jetzt jagt ihr Pokémon so, wie es Ash in der Anime-Serie (quasi) vorgemacht hat: Ihr schaut auf euer Handy, welche Monster in der Nähe sind und schnappt sie euch. Ein naheliegendes und für Pokémon kaum revolutionäres Konzept, was Nintendo aber bereits über 14 Millionen Dollar Umsatz beschert hat.
Doch nicht nur der große Umsatz, sondern auch andere Nachrichten sorgen für viel Furore:
Was macht Pokémon Go aber so besonders, dass nun alle Quarktaschen es kaum erwarten können, nach Feierabend an die frische Luft wollen, um kilometerlang spazieren zu gehen? Warum konnte einen derartigen Rummel nicht etwa Pokémon - Alpha Saphir oder Pokémon X auslösen?
Die Antwort ist simpel: Nahezu jeder besitzt ein Smartphone und eine kostenlose Applikation zwingt euch keinen hohen Spielpreis auf. Ihr bekommt Wind vom Spiel, ladet es euch einfach herunter und probiert es aus. Im Falle von Pokémon Go seid ihr wahrscheinlich positiv überrascht, spielt weiter, bringt eure Freunde zum Spielen, sie empfehlen es ebenfalls weiter und tadah: Die Monsterjagd kann weltweit losgehen!
Nintendo ist dabei strategisch klug vorgegangen und konfrontiert euch nicht sofort mit 721 Pokémon der letzten Generation. Stattdessen setzt die Firma auf die ersten und bekanntesten 151 Kreaturen aus Pokémon Rote Edition, Pokémon Blaue Edition und Pokémon Gelbe Edition. Gerade die Kinder der 90er Jahre, die mit Pokémon groß geworden sind, kennen diese Monster im Schlaf. Passend, dass genau diese jetzt in einem Alter sind, in dem sie ein Smartphone besitzen und in den meisten Fällen schon über eine höhere Kaufkraft verfügen als etwa die junge Zielgruppe der "Nintendo 3DS"-Besitzer. Die 90er-Kinder können sich den Erfolg mittels echtem Geld in einem kostenlosen Spiel problemlos kaufen, falls es notwendig ist.
Somit lockt Nintendo die einstigen Pokémon-Jünger wieder aus ihrer Kammer hervor und lässt sie nicht nur in alten Zeiten schwelgen, sondern realisiert auch endlich den Traum, Pokémon in die "echte" Lebenswelt dank Augmentierter Realität zu holen.
Doch bevor ihr mit der wilden Jagd beginnt, sollt ihr euch mit einem Google-Zugang oder Pokémon Trainer Club anmelden. Dabei speichert Pokémon Go eure Daten nicht lokal, sondern auf einem Server ab. Das bedeutet, dass, wenn ihr das Spiel einmal löscht oder ein anderes Handy kauft, ihr mit eurem Profil weiterspielen könnt.
Mit welchem Zugang soll ihr euch nun anmelden? Der Pokémon Trainer Club bietet euch nicht nur datenschutzrechtliche Vorteile, wie Onkel Jo in seiner Kolumne "Datenschutz ausgehebelt: Stoßen Pokémon Go und Prisma das Tor zur Hölle auf?" festhält, sondern Nintendo hat zudem versichert, dass Club-Mitglieder exklusive Gutscheine etwa für Pokémon erhalten. Allerdings suchen Serverprobleme den Pokémon Trainer Club noch häufiger als die Google-Zugänge heim, daher werden Ungeduldige unter euch trotz Warnungen sicherlich auf Google umschwenken. Schade um eure Daten!
Habt ihr euch für eine Anmeldungsart entschieden, startet ihr klassisch mit der Auswahl eures Starter-Pokémon: Bisasam, Glumanda oder Schiggy. Ihr wollt lieber ein Pikachu? Dann entfernt euch immer wieder von den Startern, dann erscheint es kurz darauf wieder.
Allerdings ist die Wahl eures Starter-Pokémon nicht so entscheidend wie in der damaligen ersten Generation. Denn ihr findet die Starter immer wieder in der freien Umgebung wieder. Heißt, selbst wenn ihr ein Glumanda wählt, habt ihr in kürzester Zeit ein Schiggy und ein Bisasam ebenfalls in eurem Pokémon-Repertoire.
Grund hierfür ist, dass sich die Entwickler ein anderes Konzept für die Monsterjagd ausgedacht haben. Auf der Karte, die euer Handy via GPS empfängt, seht ihr unten rechts im Bildschirm Pokémon, die in eurer Nähe sind. Drei Schritte zeigen euch an, dass sie noch weit von euch entfernt sind. Verringern sich die Schritte und vibriert die Anzeige und leuchtet grün, geht ihr in die richtige Richtung und das Pokémon erscheint gleich vor euren Augen.
Welche Monster in eurer Umgebung sind, entscheidet eure Region. So kommen Pflanzen-Pokémon eher im Wald vor und Wassermonster an Flussufern. Ausnahmen bestätigen aber die Regel und Spieler haben bereits Karpador und Goldini auf Straßen oder in Wäldern gesichtet. Perfekt läuft es mit der GPS-Ortung also noch nicht.
Um das Monster zu fangen, schwächt ihr es aber nicht in einem Kampf, sondern werft einen Pokéball darauf. Kinderleicht und kaum vergleichbar mit den haarsträubenden Kämpfen in der Poké-Liga! Klar, je nach Stärke des Pokémon benötigt ihr vielleicht mehrere Anläufe oder nutzt eine Beere, die die Monster auffressen und sie sich somit einfacher fangen lassen. Meist reicht aber ein genauer Treffer aus und schon wandern die Tiere in eure Bank, wo bereits am Anfang bis zu 250 Monster Platz finden. Allein die Masse zeigt euch, was das Spiel von euch verlangt: Fangt sie alle und zwar doppelt und dreifach!
Damit euer Ehrgeiz weiterhin geweckt wird, sammelt ihr mit jedem gefangenen Pokémon Sternenstaub sowie für das Pokémon spezifische Süßigkeiten. Heißt, wenn ihr etwa ein Taubsi fangt, erhaltet ihr rund 100 Sternenstaub und drei Taubsi-Bonbons. Wollt ihr euer gefangenes Pokémon nun in ein Tauboga weiterentwickeln, benötigt ihr zwölf Taubsi-Bonbons.
Möchtet ihr dagegen Tauboga in ein Tauboss verwandeln, kostet diese Entwicklung zusätzliche 50 Taubsi-Bonbons. Somit fangt ihr ein Taubsi nach dem anderen, um die Süßigkeiten zu erhalten. Damit eure Bank aber nicht aus allen Nähten platzt und ihr 250 Plätze mit Taubsi belegt, solltet ihr schwache Monster an den Professor schicken. Damit erleichtert ihr nicht nur eure Bank, sondern erhaltet auch noch einen zusätzlichen Bonbon.
Wofür ist nun aber der Sternenstaub gut? Er gibt euch die Möglichkeit, die Pokémon stärker zu machen. Ihr erhöht mit jedem sogenannten "Power-Up" die Wettbewerbspunkte sowie Lebenspunkte (KP), die euch später in den Arenenkämpfen zugutekommen. Zerbrecht euch aber nicht den Kopf darüber, ob ihr eurem Pokémon ein "Power-Up" oder eine Weiterentwicklung schenkt. Im Endeffekt kostet euch das immer gleich viel, denn auch hochgezüchtete Evolis benötigen für weitere Statusverbesserungen über 1.600 Sternenstaub, genauso viel wie ein bereits entwickeltes Blitza, Aquara oder Flamara mit adäquater Stärke.
Die Kreaturen könnt ihr in Pokébällen fangen, die ihr an sogenannten Poké-Stops erhaltet. Diese sind überall auf der Welt verteilt: Stolpersteine und Bars sind genauso gut geeignet wie Kirchen, Polizeistationen oder auch Spielplätze. Nähert ihr euch einem Stop, vergrößert er sich. Nach dem Antippen könnt ihr das erscheinende Bild wie eine Münze drehen. Dadurch erhaltet ihr weitere Pokébälle, Beleber oder auch Tränke.
Das Beste bei den Poké-Stops ist, dass sich diese Markierungen schnell regenerieren und ihr dadurch einige Minuten später erneut Nachschub holen könnt. Wenn ihr allerdings auf Dörfern lebt, wird es sicherlich schwierig, Poké-Stops zu finden, da vor Ort kaum Sehenswürdigkeiten sind. Auch tauchen in der Umgebung nur wenige Monster auf, was das Spiel für Landbewohner kaum spielbar macht.
Apropos Nachschub, manchmal schenkt euch der Poke-Stop auch Eier, die euch ins Schwitzen bringen: zwei, fünf oder zehn Kilometer sollt ihr dann spazieren gehen, um die Eier zum Schlüpfen zu bringen. Da das Spiel noch GPS-Schwächen besitzt, könnt ihr euch nicht einfach aufs Fahrrad schwingen und die Kilometer wegradeln. Genauso wenig sind Busse, Autos oder Züge eine Option, denn nur bis 20 km/h berechnet Pokémon Go die entfernte Strecke mit.
Mit anderen Worten sollt ihr die Entfernung wie in Pokémon Silberne Edition selbst hinlegen und euer Ei zum Schlüpfen bringen. Die Anstrengung lohnt sich: Ihr erhaltet meist nicht nur seltene Pokémon wie etwa ein starkes Starter-Monster, sondern zusätzlich viele weitere Pokémon-spezifische Süßigkeiten. So geht euer Wunsch nach einem Garados vielleicht doch bald in Erfüllung, für das ihr 400 (!) Karpador-Bonbons benötigt.
Ihr seid zufrieden mit euren Monstern und wollt beweisen, was sie können? Dann ab mit euch in eine Arena! Sie wird von einem der drei Teams besetzt, Team Gelb, Rot oder Blau. Je nachdem, welchem Team ihr angehört, könnt ihr die gegnerischen Monster bekämpfen oder euer eigenes Team in Trainingseinheiten stärken.
Die Kämpfe laufen dabei mit simplem Tippen und Wischen ab. Tippt ihr einmal auf den Bildschirm, führt euer Monster die Standardattacke aus. Ist die blaue Anzeige unter der Lebensanzeige eures Pokémon aufgeladen, verweilt ihr mit eurem Finger länger auf dem Bildschirm und schon führt das Monster eine Spezialattacke aus. Damit ihr den gegnerischen Angriffen nicht machtlos ausgesetzt seid, wischt ihr nach rechts oder links zum Ausweichen.
Das Kampfsystem ist simpel und fordert euch kaum. Zudem verstecken sich noch nervige Fehler bei den Arenakämpfen: So könnt ihr oft den Gegner nicht besiegen, da seine Lebensanzeige bei 1 stehen bleibt. Die Zeit läuft ab und es passiert nichts. Das Resultat: Ihr habt verloren, obwohl ihr gewonnen hättet! Manchmal könnt ihr auch gar nicht erst den Arenakampf starten, weil das Spiel die Verbindung sofort unterbricht.
Doch auch wenn die Arenen technische Mängel besitzen und einfach gestrickt sind, fühlt ihr euch herausgefordert, sie einzunehmen. Denn da sie Teams angehören, animiert euch das Spiel, sie einzunehmen oder euer Team zu stärken. Für euren Einsatz belohnt euch Pokémon Go nicht nur mit Erfahrungspunkten, sondern auch mit Poké-Coins. Mit dieser Währung könnt ihr im spieleigenen Geschäft Gegenstände wie ein Glücksei, mit dem ihr dreißig Minuten lang doppelt so viele Erfahrungspunkte erhaltet, oder auch eine neue Ei-Brutmaschine erwerben, mit der ihr gleichzeitig mehrere Eier ausbrütet.
Zum Glück hat Nintendo ein gutes System entwickelt, wodurch nur hartgesottene Stubenhocker an den Angeboten interessiert sind. Ihr findet schließlich fast alle Gegenstände auch bei Poké-Stops wieder. Warum also Geld ausgeben, wenn ihr nur ein paar Schritte dafür zurücklegen müsst?
Die einzigen hilfreichen Gegenstände, die ihr womöglich gerne besitzen möchtet, sind die Lockmodule sowie der Rauch. Beide Gegenstände sorgen dafür, dass entweder bei einem von euch ausgewählten Poké-Stop oder in eurem unmittelbaren Umkreis Monster erscheinen. Das ist eine bequeme Lösung, wenn ihr ohnehin schon einige Kilometer unterwegs wart, um ein "Zehn Kilometer"-Ei zum Schlüpfen zu bringen und kein Poké-Stop euch diese Module geschenkt hat.
Aber selbst bei dieser Versuchung hat Nintendo mitgedacht: Da ihr bei jeder eingenommenen Arena, bei der ihr ein Pokémon als Verteidiger einsetzt, Poké-Coins erhaltet, könnt ihr diese gleich dafür nutzen. Heißt, fleißige Spieler haben ohnehin genug Geld, um sich diesen Luxus zu gönnen. So sieht ein faires Währungssystem aus. Bravo Nintendo!
Allerdings müssen sich die Entwickler noch unbedingt etwas bei der Akkuleistung einfallen lassen. Das Spiel muss die ganze Zeit geöffnet sein, ansonsten könnt ihr weder Monster fangen, noch zählen euere zurückgelegten Kilometer. Dadurch frisst Pokémon derart viel Energie, sodass ihr meist nach drei Stunden euer Handy komplett aufladen müsst.
Es bringt wenig, die augmentierte Realität auszustellen oder den Batteriespar-Modus einzuschalten. Sorgt lieber dafür, dass ihr ein mobiles Ladegerät bei euren Pokémon-Jagden parat habt. Ansonsten steht ihr schnell mitten im Wald ohne funktionierendes Handy.
Aus diesem Grund wäre die Zusatzhardware von Pokémon Go Plus eine willkommene, wenn auch kostenintensive Alternative. Die Hardware verbindet ihr per Bluetooth mit eurem Handy und dank LED, Vibrationsfunktion und einer Taste könnt ihr damit Pokémon fangen, obwohl das Spiel nicht aktiv geöffnet ist. Stattdessen schlägt das Gerät mittels Vibration und blinkendem Licht Alarm. Dann drückt ihr den Knopf und könnt euch über Poké-Stops sowie gefangene Monster freuen. Das Gerät kostet im offiziellen Nintendo-Store 39,99 Euro und soll spätestens Ende August ausgeliefert werden.
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