von LarryKoopa (Samstag, 06.08.2016 - 13:32 Uhr)
Nach 20 Jahren sollte ein Bauernhof entweder florieren oder runtergewirtschaftet sein. Doch wie ist das bei 43 Höfen? Bei Harvest Moons drücken auch Lizenzstreitigkeiten auf den Spielspaß.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.
Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
Und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern,
Wenn die Blätter treiben.
Man könnte fast meinen, Rainer Maria Rilke seien die Verse seines Gedichtes "Herbsttag" nach einer Partie Harvest Moon in den Sinn gekommen. Aber zu schön, um wahr zu sein, entstand doch das Werk des Dichters am Anfang des 20. Jahrhunderts, die japanische Bauernhofsimulation aber an dessen Ende.
Dennoch ist die Stimmung, die "Harvest Moon"-Erfinder Yasuhiro Wada in seinen Spielen hervorruft, eine ganz ähnliche: die respektvolle Begegnung von Mensch und Natur in Gestalt des immerwährenden Jahreslaufs, eine unendliche Abfolge von Werden und Vergehen und Wiedergeburt, die der Mensch zwar für sich nutzen kann, an der er aber letztendlich niemals etwas wird ändern können. Was bleibt, sind Demut und Dankbarkeit.
Und wem ist der alljährliche Zyklus näher als dem einfachen Landmann, der in seinem beschwerlichen Tagwerk den Acker bestellt, um ihm das Wenige abzutrotzen, das die Natur ihm lässt. Um ihn und seine symbolhafte Stellung zwischen Natur und Mensch, zwischen Himmel und Erde, zwischen Schöpfer und Geschöpf geht es in Harvest Moon.
So war es 1996 beim ersten Harvest Moon, und so wird es auch nächstes Jahr noch sein, wenn voraussichtlich mit Skytree Village der 43. Teil der Serie in den Handel kommt. Die Spielereihen mit mehr als 40 Titeln lassen sich an zwei Händen abzählen, und ihnen allen ist gemein, dass die Idee und das Prinzip, die der Serienpremiere zugrunde lagen, mittlerweile ziemlich ausgefranst und verwässert sind.
Bei Harvest Moon ist es nicht anders. Zwar klopfen sich die Entwickler noch heute auf die Schulter und versichern einander, die Spieler hielten Mähdrescher und Heuschober hauptsächlich deshalb noch immer die Treue, weil man die Kernelemente von Harvest Moon stets unangetastet gelassen habe.
Nüchtern betrachtet ist das zwar richtig, doch um diesen Kern haben sich inzwischen so dicke Schichten aus Nebenaufgaben, optionalen Zeitvertreiben, aber auch festgesetzten Handlungselementen angelagert, dass er manchmal gar nicht mehr richtig auffällt. Aber was ist dieser Harvest-Moon-Kern? Nun, die Feldarbeit natürlich, mag man antworten.
Aber schon das erste Harvest Moon war alles andere als einer dieser minimalistischen Vorläufer wie beispielsweise das erste Final Fantasy. Es ist kein Werk, das man aus heutiger Sicht mit Rührung belächelt und nur deshalb in Ehren hält, weil es nun mal der Erstling war. Nein, und insofern haben die Entwickler Recht: Schon das Original-Harvest-Moon für das Super Nintendo ist erstaunlich komplex und wäre sicherlich auch ohne die 42 Nachfolger noch heute in kollektiver Erinnerung – als Bauernhofsimulation lange vor Farmville, als Spiegelbild menschlichen Lebens und Liebens noch vor den Sims.
Ja, auch das ist Harvest Moon, nicht nur die Feldarbeit. Wer einen florierenden Betrieb am Laufen halten will, der sollte seine Erzeugnisse in der Nachbarschaft feilbieten. Und wenn es erstmal menschelt, wie man so sagt, sind Beziehung und Eheleben auch nicht mehr weit. Schließlich bringt es euer rechtschaffener Vorzeigelandwirt sogar noch zum Erben und Stammhalter.
Weiter mit: Der Bauer mit der Grubenlampe
Das Gaming-Jahr 2023 hätte für Fire-Emblem-Fans kaum erfreulicher starten können. Am 20. Januar erscheint (...) mehr