Battlefield 1

Test Battlefield 1: Ein Schritt zurück und zwei Schritte nach vorn

von Michael Krüger (Freitag, 21.10.2016 - 12:25 Uhr)

Dass der Erste Weltkrieg eine Menge zu erzählen hat, ist kein Geheimnis. Im neuen Ableger der Battlefield-Erfolgsserie geht ihr genau dorthin zurück. Ob sich die Reise lohnt?

Nachdem die Entwicklung neuer Ego-Shooter in den letzten Jahren immer mehr in Richtung Moderne und Zukunft drängt, geht Battlefield 1 weit in die Vergangenheit. Die "1" im Titel steht dabei für den Ersten Weltkrieg. Diesen zeigt das Spiel in aller seiner Zerstörungskraft sowohl anhand sogenannter Kriegsgeschichten, als auch in groß angelegten Gefechten im Mehrspieler-Modus. Das erste Spiel, das sich den Ersten Weltkrieg vorknöpft, ist Battlefield 1 natürlich trotzdem nicht.

Dennoch ist die Thematik ungewöhnlich und auch der grundlegende Ton der Erzählung entspricht nicht dem, der in der Shooter-Landschaft seit Jahren weit verbreitet ist. So weichen patriotische Bilder ernsten Eindrücken. Besonders auffällig jedoch ist die Tatsache, dass sich die Serie Battlefield nun nicht mehr länger an den mittlerweile in der Gattung üblichen Aufbau von Kampagne und Mehrspieler-Modus hält. Statt einer durchgehenden und verbundenen Geschichte erlebt ihr die sogenannten Kriegsgeschichten. Diese hängen lediglich durch die Tatsache zusammen, dass sie alle im Ersten Weltkrieg stattfinden. Dabei werden als Vorbereitung bereits Elemente aus dem Mehrspieler-Teil eingestreut. Dieser wiederum bekommt durch den neuen Modus Operationen Qualitäten der Einzelspieler-Erfahrung. Besonders von Seiten der Inszenierung ist dieser Schritt bemerkenswert.

Battlefield 1: Offizieller Singleplayer-Trailer

Durch Anpassungen der bewährten Formel entsteht eine positive Entwicklung in die richtige Richtung. Und das obwohl das gewählte Szenario eigentlich einen Schritt zurück geht. Die Auswahl an Waffen und Zubehör ist technisch der heutigen unterlegen, dennoch fühlen sich die Spielmechaniken frisch an. Auch die sonstigen Eindrücke des Ersten Weltkriegs bieten mehr als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Ein Krieg - viele Gesichter

Angesichts futuristischer Inszenierungen anderer aktueller Shooter, erweckt Battlefield 1 einen überraschend erfrischenden Eindruck. Und das trotz der historischen Inhalte. Dabei zeichnet das Spiel das Geschehen nicht in schwarz-weiß. Stattdessen visualisiert Entwickler Dice in erster Linie die herben Verluste, die alle Beteiligten zu beklagen haben. Dabei spielt es keine Rolle auf welcher Seite ihr steht. Kein Land wird hervorgehoben und der Tenor des Spiels ist deutlich: Einen Sinn hat dieses Gemetzel nicht.

Battlefield 1 geizt nicht an Emotionen.
Battlefield 1 geizt nicht an Emotionen.

In einem Krieg, in dem so viele Soldaten sterben, verkommt das menschliche Leben zu einer Währung mit fallendem Kurs. Besonders zu Beginn der Kampagne wird euch dieser Umstand unmissverständlich bewusst. Egal wie gut ihr euch in den Szenen des Prologs schlagt, ihr werdet versagen. Das Spiel sieht nicht vor, dass ihr lange überlebt. Jeder eurer Bildschirmtode endet mit den Lebensdaten eines Soldaten. Innerhalb kürzester Zeit erfahrt ihr so aus erster Hand wie beliebig das Leben und wie willkürlich der Tod hier ist.

Battlefield 1: Das Szenario ist der Erste Weltkrieg

Battlefield 1: Das Szenario ist der Erste Weltkrieg
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In den folgenden Kriegsgeschichten schlüpft ihr der Reihe nach in die Rollen von Soldaten, die nichts miteinander zu tun haben. Jeder von ihnen ist Teil einer unabhängigen Geschichte an einer der vielen Fronten im Ersten Weltkrieg. Von den Kämpfen der Alliierten gegen die Deutschen bis hin zu Schlachten im osmanischen Reich, an denen sich englische und beduinische Truppen gegenüberstehen - hier erlebt ihr den Krieg von einer rohen Seite, die nicht weniger interessant ist. Überraschenderweise bleiben dabei patriotische Töne weitestgehend aus. Eventuell ist das mit ein Grund, warum Battlefield 1 hierzulande bereits ab 16 Jahren freigegeben ist. Denn auch wenn auf Gedärme und andere übertriebene Darstellungen von Gewalt verzichtet wird, erlebt ihr Krieg hier aus einer ehrlichen und schonungslosen Sicht.

Manchmal wollt ihr gar nicht den Abzug betätigen.
Manchmal wollt ihr gar nicht den Abzug betätigen.

Es sind die ruhigen Augenblicke, die euch den Atem stocken lassen. Stille Momente in denen es euch eiskalt den Rücken runter läuft. Ein feindlicher Soldat stolpert verwirrt über das Schlachtfeld. Um ihn herum die Rauchschwaden aus glühenden Läufen, die den Nachthimmel erhellen. Im nächsten Moment erwischt ihn der Kugelhagel. Egal in welchem Gebiet ihr euch befindet und in welchem Land das Schlachtfeld ist, der Tod lauert an jeder Ecke und nicht jeder Soldat begegnet der Situation gleich. Hier ist den Entwicklern von Battlefield 1 eine Gratwanderung geglückt, die es in sich hat. Während einerseits die ernsthafte Seite des Krieges gezeigt wird, beeindrucken euch Bilder auf eine Art, wie es sonst nur Action-Filme schaffen.

Anspruchsvoll und atmosphärisch

Dabei sind es nicht die Zwischensequenzen, die hier die wichtigste Rolle spielen, sondern euer Erlebnis selbst. Es ist das Zusammenspiel von Schlachtfeld, Soldaten, feindlichen Truppen und einer Menge Effekte wie Rauch und Licht, das für eine ungewöhnliche Stimmung sorgt. Diese erinnert stark an die Fernsehserie Band of Brothers. In einem Moment fühlt ihr euch überlegen und nehmt die gegnerische Front aus eurem Panzer ins Visier. Im nächsten Augenblick kauert ihr euch in einen Schützengraben und beobachtet wie eure Kameraden der Reihe nach dem feindlichen Beschuss unterliegen. Gerade dachtet ihr noch, in einem nahen Gebäude Schutz zu finden und schon liegt es in Schutt und Asche und begräbt so jede Hoffnung auf Deckung. Bei all diesen Eindrücken und Emotionen spielt es im Grunde keine Rolle, ob ihr in der Kampagne oder dem Mehrspieler-Modus unterwegs seid. In letzterem ist das Gefühl sogar noch stärker.

Kaum vorzustellen, an wie vielen Fronten dieser Krieg stattfindet.
Kaum vorzustellen, an wie vielen Fronten dieser Krieg stattfindet.

Wie schon in manchen Vorgängern sind Gebäude in Battlefield 1 zerstörbar. Auf diese Weise verändert sich das Schlachtfeld an einigen Stellen, wenn auch nicht überall. Für das Spielerlebnis reicht es aber aus. Nur wenige Wände vermitteln euch wirklich ein Gefühl von Sicherheit. Sowohl in den Kriegsgeschichten als auch im Mehrspieler-Modus seid ihr oft auf euch allein gestellt und fühlt die Auswirkungen der Schlacht um euch herum. Dabei erlebt ihr den Ersten Weltkrieg aus einer Perspektive, die natürlich ist. Ihr fühlt euch inmitten eines Krieges, der kein Geheimnis daraus macht, dass er euch das digitale Leben kosten wird. Die Wahrnehmung von Größe sowie äußeren Einflüssen auf das Geschehen ist so gut gelungen, dass ihr schon einmal zusammenzuckt wenn ihr den peitschenden Klang eines Scharfschützengewehrs hört.

Battlefield 1 - Gameplay aus der Karte Sinai und den Modi "Eroberung" und "Rush"

Überhaupt zählt die Vertonung zu den Höhepunkten von Battlefield 1. Dafür ist Entwicklerstudio Dice nicht ohne Grund bekannt. Seit Jahren ist auf eine Sache in der Serie nämlich verlass: Es scheppert so richtig! Die Geräusche der Waffen, Soldaten und Fahrzeuge klingen roh und ungefiltert. Werdet ihr getroffen, könnt ihr das schon fast fühlen. Auch die Schüsse aus dem eigenen Gewehr belegen jeden Druck auf den Abzug mit befriedigendem Krach. Visuell wie akustisch spielt Battlefield 1 bei den ganz Großen mit und liefert Unterhaltung auf dem Stand aktueller Technik.

Doch der Glanz ist nicht frei von Makeln. Sowohl die Kriegsgeschichten als auch der Mehrspieler-Modus benötigen noch etwas Feinschliff. Immer wieder kommt es dazu, dass Treffer nicht gelten, die eigentlich nicht durch eine unterbrochene Sichtlinie gestoppt werden oder auch, dass Feinde Wände nicht so wahrnehmen wie ihr selbst. Generell ist die KI etwas in die Jahre gekommen und nimmt euch bei den ansonsten toll erzählten Kriegsgeschichten unter Umständen etwas Freude. Hinzu kommen teilweise lange Ladezeiten während eines schwarzen Bildschirms. Da werden wohl noch ein paar Software-Flicken auf euch zukommen.

Starker Mehrspieler-Modus

Im Mehrspieler-Modus liegt ganz klar das Herzstück von Battlefield 1. An vorderster Stelle steht der neue Modus Operationen. Dieser verbindet im Grunde so gut wie alle Neuerungen in einem und vermittelt das bislang stärkste Mittendrin-Gefühl auf einem Schlachtfeld in der gesamten Serie. Jede der vier Karten erstreckt sich über ein weites Gebiet. Diese sind eingeteilt in fünf Bereiche, um die beide Fraktion kämpfen. Bis zu 64 Spieler stehen sich hier gegenüber und ziehen beim Erobern strategisch wichtiger Punkte alle Register. Dabei sind Panzer, Flugzeuge und Schiffe nur ein Teil der großen Geschütze, die euch zur Verfügung stehen.

Die Behemoths tragen einen großen Teil zur Atmosphäre der Schlachten bei.
Die Behemoths tragen einen großen Teil zur Atmosphäre der Schlachten bei.

Behemoths nennen sich die neuen Ungetüme, die ihr je nach Situation auf eurer oder der gegnerischen Seite findet. Diese todbringenden Maschinen würzen das Schlachtfeld auf beeindruckende Weise. Selbst wenn ihr es bis zu diesem Zeitpunkt nicht wusstet. Steht ihr erst einmal auf einem Schlachtfeld über dem gerade ein brennender Zeppelin abstürzt, wisst ihr, dass euch so etwas bisher gefehlt hat. Auch der riesige Panzerzug und das Schlachtschiff lassen gerne mal eure Kinnlade fallen. Dabei sehen sie nicht nur irre aus, sondern üben deutlichen Einfluss auf das Spielgeschehen aus.

Sitzt ihr zum Beispiel im Zeppelin, könnt ihr die Laufwege eurer Feinde abriegeln und ganze Bunker und Schützengräben räumen. Anderseits seid ihr aber auch ständig der Gefahr ausgesetzt, vom Himmel geschossen zu werden. Stürzt der Zeppelin erst einmal ab, kann es zudem sein, dass ihr und euer gesamter Trupp darunter begraben werdet. Trotz dieser verheerenden Auswirkungen ist nicht automatisch die Mannschaft, die den Behemoth kontrolliert, siegreich. Taktische Entscheidungen auf dem Schlachtfeld sind nach wie vor wichtig.

Abgerundet wird das Paket durch ein befriedigendes Fortschrittssystem. Ähnlich wie in anderen aktuellen Shootern bekommt ihr immer wieder Beutekisten, die zufällige Waffen enthalten. Diese reichen von gewöhnlichen Modifikationen bis hin zu seltenen Exemplaren, wie dem Gewehr von Lawrence von Arabien - der übrigens auch in den Kriegsgeschichten vorkommt. Die Sammellust verläuft dabei parallel zu einer stets gut balancierten Auswahl an Möglichkeiten. Egal, welche Klasse oder Spielweise ihr bevorzugt, ihr kommt auf eure Kosten und werdet lange motiviert neue Möglichkeiten freizuschalten. Sämtliche Feinheiten offenbart der Mehrspieler-Modus natürlich erst im Dauertest in den nächsten Wochen. Am PC läuft er jedenfalls recht stabil, auch wenn noch Funktionen wie eine "Kick"-Funktion für nervige Mitspieler nicht verkehrt wäre. Mal sehen, ob noch ein "Hardcore"-Modus nachgereicht wird.

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