Videospiele sind in der Mitte von "Videospiele sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen" angekommen (Kolumne)

von MatthiasKreienbrink (Freitag, 14.07.2017 - 15:16 Uhr)

"Es geht jetzt auch seriös: Videospiele werden erwachsen" titelte die Berliner Morgenpost am 12. Juni 2017. Nun, wie erfreulich. Nachdem Videospiele seit Jahrzehnten Kleinkinder sind, nähern sie sich also bald dem Leben eines Erwachsenen. Hoffentlich betrinken sie sich am achtzehnten Geburtstag nicht zu sehr.

Bei aller Freude sich über diese oft bemühten Floskel-Überschrift aufzuregen, dahinter steht ein Diskurs, der Videospiele nie fassen konnte - noch wollte. "Videospiele sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen", heißt es nun schon seit Jahren in Presse und anderen Medien. Diesen Satz möchte ich gerne in drei Fragen dekonstruieren.

1. Wann sind eigentlich Literatur oder Filme in der Mitte der Gesellschaft angekommen?

Als Gutenberg damals den Buchdruck revolutionierte, ahnte er da wohl, dass heute vor allem "Shades of Grey" oder "Heilen mit der Kraft der Natur" gelesen wird? Fetische und Esoterik, eindeutig nicht die Mitte der Gesellschaft. Gutenberg hätte seine Unternehmung sicherlich sofort wieder in den Wind geblasen.

Derweil schauen sich die Menschen im Kino derzeit gerne Transformers fünfmillionen und Pirates of the Caribbean, bitte beliebigen Untertitel hier eingeben, mit einer großen Portion Popcorn an. Spezialeffekte, hanebüchener Plot, viel Zucker. Sind Filme wirklich erwachsen geworden?

Kurzum: Niemand käme auf die Idee, Literatur oder Filmen die Nähe zur Gesellschaft abzusprechen, weil sich ein großer Teil der Bevölkerung mit überaus seichten Produkten zufrieden gibt. Videospiele jedoch befinden sich noch immer in der Phase der "Prüfung". Noch immer muss scheinbar beleuchtet werden, ob dieses Medium eigentlich was taugt. Gehen wir doch endlich einen Schritt weiter.

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2. Was ist eigentlich "die Gesellschaft" und wo ist ihre Mitte?

Die Menschen, die die letzten Jahrzehnte schon Videospiele konsumiert haben, sie lebten stets am Abgrund. Ein Medium, das so weit von der Gesellschaft entfernt war zu konsumieren, das konnte nicht gut gehen. Der soziale Abstieg, die Ächtung, schlussendlich leben im dunklen Keller.

Eine wichtige Frage in diesem Diskurs um Videospiele wird oftmals nicht gestellt: Was ist eigentlich diese "Gesellschaft", wie sieht ihre Mitte aus - und wer bestimmt das? Die Antwort ist wahrscheinlich, dass eine "Mitte" nur dadurch geformt wird, indem ein Diskurs bestimmt, wer oder was nicht zu dieser Mitte gehört. Das ist problematisch. Wie sieht also der Kern unserer Gesellschaft aus, und was muss ein Medium tun, was muss es erfüllen, um dazuzugehören? Dahinter scheint die Idee zu stecken, dass Videospiele eine gewisse Bringschuld haben, dass sie einen Zweck erfüllen müssen, um gesellschaftlich relevant zu werden. Damit werden Videospiele also wie ein Produkt behandelt, das seinen Zweck zu erfüllen hat. Sicherlich ein Umstand, an dem die Industrie auch Schuld trägt. Denn diese spricht über ihre Erzeugnisse selbst viel lieber als Produkt, nicht als Kulturerzeugnis.

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Weiter mit: Wenn Videospiele nun also erwachsen sind, wo ist dann die inhaltliche Auseinandersetzung?

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