von Micky Auer (Donnerstag, 05.04.2018 - 14:37 Uhr)
Ubisoft ist mit Far Cry 5 mal wieder ein großer Wurf gelungen. Weltweit erhält das Spiel hohe Testwertungen und der Publisher freut sich über grandiose Verkaufszahlen. Doch ständig hört man: "Da ist nichts Neues im Spiel." Ist das wirklich so?
Ich gestehe: Ich war bis vor nicht allzu langer Zeit eine "Far Cry"-Jungfrau. Die Serie hat mich immer wieder mal gereizt, jedoch nie genug, um mal den Einstieg zu wagen und einen Teil durchzuspielen. In Hinblick auf Far Cry 5, das von Anfang an bei mir mehr Interesse erweckt hat als seine Vorgänger, hab ich mich dann doch mal durchgerungen und mich an die Hauptreihe gewagt. Und zwar von Anfang an. Sprich: Ich begann mit Far Cry - Classic.
Als ich das im Gespräch gegenüber Freunden und Kollegen erwähnt habe, ging es gleich los: "Wieso mit dem ersten Teil anfangen? Der ist Müll. Spiel den dritten Teil, dann hast du alle gesehen. Ist eh immer das Gleiche." Dann wieder: "Vergiss 1 bis 3. Du musst den Vierten spielen. Der ist cool! Alle anderen sind total gleich", gefolgt von: "Spiel Far Cry - Primal. Das ist der einzige Teil, der mal was anderes bringt."
Geschmäcker und Meinungen sind was Wundervolles, nicht wahr? Ich ließ mich nicht beirren und wich entsprechend auch nicht von meinem Plan ab, die Serie in ihrer Gänze mal richtig zu erleben. Im Hinterkopf blieb bei mir dabei aber die stets wiederkehrende Aussage, dass sich in Hinblick auf Neuerungen in der Reihe nicht viel tut. Das hat mich nur umso mehr dazu angespornt, nach Vergleichen respektive nach Unterschieden zu suchen, nachdem ich erstmal Far Cry 5 ausgiebig gespielt hatte.
Es ist schon beinahe ein wenig unfair, Far Cry - Classic mit Far Cry 5 in einen Vergleich zu setzen, um die Entwicklung der Reihe zu demonstrieren. Seit der Erstveröffentlichung hat sich nämlich so gut wie alles geändert, bis hin zum Entwickler. Aber (und es gibt immer ein Aber) wenn behauptet wird, dass Far Cry stets gleich bleibt, darf auch dieser Vergleich nicht fehlen.
Das erste Far Cry ist nahezu linear aufgebaut, während der aktuelle Teil in einer "Open World" spielt. Das ewig grüne Tropenszenario ist der ländlichen Idylle des US-Bundesstaates Montana gewichen. Musstet ihr im ersten Teil noch Beschützer für eine Begleiterin spielen, die hin und wieder an eurer Seite war, verfügt ihr mittlerweile über ein ausgereiftes Buddy-System. Nicht nur könnt ihr eure eigenen Söldner rekrutieren und ihre Fähigkeiten verbessern, ihr findet auch dedizierte Spezialisten, die mit ihren ganz eigenen Fähigkeiten und Stärken aufwarten können.
Ein Hund? Ein Pilot? Ein Typ mit einem Flammenwerfer, der zu 70er-Jahre Disco-Musik in einem Trailer-Park willenlose Quasi-Zombies röstet? Nun, Far Cry 5 hat das alles anzubieten. Reicht euch das nicht, so könnt ihr die gesamte Kampagne gemeinsam mit einem menschlichen Mitspieler im Koop bestreiten. Ist das neu? Ja, das ist es. Und reicht euch das auch nicht, dürft ihr euch in einem umfangreichen Level-Editor austoben, der bereits nach kurzer Zeit dank der Kreativität zahlreicher Spieler erstaunlich gute Maps hervorgebracht hat. So etwas gab es in der Form bislang auch nicht.
Stichwort: Fahrbare Untersätze. Ganze Questreihen stehen mittlerweile zur Verfügung, um an ganz bestimmte Gefährte zu kommen, die sich dann auch noch hervorragend steuern. Im ersten Teil noch ein weitestgehend verzichtbares Gimmik mit schrecklicher Steuerung wurden diverse Fahr- und Fluggerätschaften schon bald zum bestimmenden und sinnvollen Teil der Gesamtmechanik. Bereits ab Far Cry 2 haben sich die Entwickler auch einer stark verbesserten Handhabung dieser Vehikel gewidmet.
Während Teil 1 noch gänzlich ohne erweiterbare Fähigkeiten auskommen musste, wurden im zweiten Teil erste zarte Ansätze in Form von freischaltbaren Verbesserungen für Waffen ins Spiel gebracht. Mittlerweile gibt es richtige Talentbäume für aktive und passive Fähigkeiten. Klar, auch hier gibt es Wiederholungen. Als Beispiel sei der Greifhaken genannt, der dem Spielgeschehen eine gewisse Vertikalität verleiht und über die flache Gestaltung einer virtuell begehbaren Welt hinauswächst. Will man sowas wirklich "weg-innovatisieren"? Wohl kaum.
Ubisoft und Türme. Ihr wisst, worauf ich hinaus will? Nur zur Erläuterung: In zahllosen Spielen von Ubisoft sollt ihr als Spieler Türme oder ähnliche Strukturen erklimmen, um die Umgebung zu sichten und auf der Karte freizuschalten. Das zieht sich durch Assassin's Creed, Watch Dogs, ja, sogar durch das Wintersport-Spiel Steep. Klarer Fall, dass diese Mechanik auch in "Far Cry"-Spielen ausgiebig angewendet wurde.
Das ist nun aber nicht mehr der Fall. Ubisoft hat gelernt, auf das Feedback der Spieler zu hören, die langsam aber sicher genug hatten von diesem Prinzip. Zuerst hat davon Assassin's Creed - Origins profitiert, jetzt auch Far Cry 5. Das Spiel nimmt sich sogar selbst auf die Schippe, indem es schon im Tutorial Entwarnung gibt, was das Erklimmen von Türmen betrifft.
Das mag auf den ersten Blick wie eine kleine Veränderung wirken, stellt jedoch eine tiefgreifende Umgestaltung im Erleben des Spiels dar. Anstatt von Fixpunkt zu Fixpunkt zu hirschen, um die Welt in vorgefertigten Mustern zu eröffnen, wird nun euer Forscherdrang angesprochen. Ihr sollt die Umgebung auf eigene Faust erkunden und erforschen. Neue Missionen findet ihr nahezu zufällig am Wegesrand, nicht mehr auf einer festgesetzten Warteliste, die ihr Stück für Stück abarbeitet.
Das allein hebt Far Cry 5 vom Rest der Serie ab. Zuerst linear, dann erste Ansätze einer offenen Welt, letzten Endes dann die Anwendung der typischen Ubisoft-Formel, jetzt völlig frei erkundbar. Solche Überlegungen im Spieldesign sind keine Kleinigkeiten, sondern erfordern einen grundsätzlich neuen Design-Gedanken.
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