von Micky Auer (Montag, 24.09.2018 - 17:45 Uhr)
Wenn ein Entwickler seine Pforten schließt, ist das für Fans oft sehr traurig, für die Mitarbeiter schlichtweg eine Katastrophe. Denn sie stehen plötzlich vor dem Nichts. Wie die Branche und die Community mitunter zusammenhalten, wenn ein Studio schließen muss, zeigt der Fall von Telltale Games.
Die Nachricht kam für viele ohne Vorwarnung: Telltale Games, der Entwickler hinter Episoden-Spielen wie The Walking Dead oder Minecraft - Story Mode, um nur zwei zu nennen, stellt seinen Betrieb ein. Das bedeutet, dass die Zukunft für The Walking Dead - The Final Season vermutlich besiegelt ist. Schlimmer noch: Alle Mitarbeiter des Studios verlieren ihre Existenzgrundlage.
Bei Licht betrachtet war dieser bittere Schritt doch wesentlich vorhersehbarer als man es annehmen möchte. Denn schon seit längerer Zeit kämpfte der Entwickler mit schwindenden Umsatzzahlen. Aber "vorhersehbar" heißt nicht "unabwendbar". Und so blieb auf vielen Seiten die Hoffnung bestehen, dass Telltale Games doch noch die Kurve kriegen würde.
So kam es leider nicht. Die harte Realität lautet nun mal, dass es für das Studio und seine Adventures keine Zukunft mehr geben wird. Nun gibt es zweierlei bemerkenswerte Reaktionen aus der Community und der Branche. Auf der einen Seite stehen die Fans und all die Menschen, die in der Vergangenheit in irgendeiner Form mit Telltale Games Kontakt hatten. Die drücken ihre Betroffenheit aus.
Auf der anderen Seite - und das ist in dieser Form selten so der Fall - bieten große Firmen an, die nun arbeitslosen Mitarbeiter von Telltale aufzufangen und ihnen eine neue Beschäftigung zu geben. Uns ist natürlich klar, dass dies nicht aus reiner Nächstenliebe geschieht. Die ehemaligen Telltale-Leute bringen sicher einen großen Erfahrungsschatz in Sachen Programmierung, Design und Erzählkunst mit, von denen so mancher große Publisher profitieren möchte. Auch ist die öffentliche Kundgebung dieser Hilfestellungen sicherlich sehr PR-wirksam.
Dennoch ist es ein Zeichen, eine schöne Geste, die zeigt, dass man selbst in der heutigen, schnelllebigen und harten Arbeitswelt nicht immer allein dasteht, wenn sich die Existenzgrundlage plötzlich in Nichts auflöst. Eine helfende Hand, die sich einem entgegenstreckt, zeugt davon, dass immer noch Menschen hinter Entscheidungen stehen, nicht bloß Zahlen und Statistiken.
Twitter-User Proxy Fox nimmt auf eine Art und Weise Abschied, die schon an bittersüße Poesie grenzt:
"Niemals vergessen wir die Geschichten, die ihr erzählt habt. Niemals vergessen wir die Figuren, die ihr erschaffen habt. Niemals vergessen wir, wie sich das Warten auf die nächste Episode angefühlt hat. Niemals vergessen wir, was ihr uns gegeben habt, obwohl ihr dabei Geld verloren habt.
Niemals vergessen wir das."
Ähnlich emotional und eindeutig vom Herzen kommend sieht das Twitter-User Marty Adams:
"Die ersten TWD-Spiele haben mich zum Gaming zurückgebracht, nach Jahren der Verweigerung, nachdem ich immer und immer wieder die gleichen Sachen gespielt habe. Seitdem hatte ich eine tolle Zeit mit jedem TT-Game, das ich die Freude hatte zu spielen. Ich wünsche all den talentierten Leuten, die TT zu der großartigen Firma gemacht haben, die sie war, alles Gute.
Die ganze Wucht des Verlustes über einen geliebten Entwickler beschreibt Nick auf Twitter:
"Ich kann gar nicht beschreiben, wie hart mich das trifft. Ihr gehört zu meinen liebsten Firmen. Ihr habt mich zum Lachen und zum Weinen und zu allen Zuständen dazwischen gebracht. Eure Spiele haben Freude in unser Haus gebracht. Angefangen bei mir und meiner Frau, die wir zusammen The Walking Dead gespielt haben, bis zu meinem Sohn und Minecraft - Story Mode. Danke euch für alles."
Und letzten Endes: Viel einfacher, emotionaler und treffender kann man kaum von Telltale Games Abschied nehmen:
"Nun denn, es war eine wilde Fahrt, Telltale. Egal, ob "The Final Season" noch fertiggestellt wird oder nicht."
Telltale Games ist nicht einfach nur eine Firma. Es ist eine Geschichte für sich, die von vielen Menschen auf ihre Weise erzählt wird. Und diese Geschichten sind noch nicht vorbei. Denn all die Leute, die nun ihren Job verlieren, haben gute Chancen, schnell wieder einen Platz in der Industrie zu finden, der sie bereits ihren Stempel aufgedrückt haben. Das lassen die folgenden Tweets namhafter Hersteller hoffen:
Techland sucht in Warschau für sein "Dying Light"-Projekt noch weitere fähige Leute. Auch wenn ein Umzug nach Polen einen großen Schritt darstellen würde, wer bereit ist, ihn zu gehen, ist herzlich willkommen:
Auch Criterion Games (Need for Speed, Burnout) ist bereit, die gestrandeten Telltale-Mitarbeiter aufzunehmen:
Anthony Newman von Naughty Dog (Uncharted, The Last of Us) zeigt sich ebenfalls von der Studio-Schließung betroffen, stellt aber neue Jobs in Aussicht:
Viele Menschen wollten schon immer mal Australien besuchen. Aber dort leben? Dazu braucht es erstmal einen soliden Job. EA Melbourne bietet nach der Schließung von Telltale Games diese Gelegenheit:
Ubisoft wird besonders direkt und lädt die Telltale-Mitarbeiter gleich ein, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Treffpunkt aufzutauchen, um über mögliche Jobs zu sprechen. Damit einher geht gleich eine Einladung zum Essen, alles auf Kosten von Ubisoft. Eine großzügige Geste:
Auch Ready at Dawn (God of War - Chains of Olympus, The Order 1886) richtet sich mit offenen Jobs direkt an die Telltale-Mannschaft. Auch wenn das Angebot nun nicht ganz so persönlich klingen mag, ein ehrliches Angebot bleibt es dennoch:
Auch Guerilla Games reiht sich in die Reihen jener ein, die Telltale eine helfende Hand entgegenstrecken:
Blizzard bleibt nicht nur bei einem Angebot, sondern formuliert in einem Tweet auch genau das, was so vielen Menschen auf dem Herzen liegt, die über die Jahre hinweg die Spiele von Telltale Games erleben durften: Sie bedanken sich dafür:
Jetzt ist eure Meinunge gefragt! Was hat die Nachricht über die Schließung von Telltale Games bei euch bewirkt? Ward ihr bestürzt und traurig, zornig darüber, dass es mit The Walking Dead - Final Season nun wahrscheinlich nicht weitergeht oder lässt euch das alles kalt? Sagt es uns in den Kommentaren! Und ja: Das ist der richtige Zeitpunkt, emotional zu werden. Lasst euren Gefühlen freien Lauf!
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