Sound aufdrehen: So manipulieren euch Töne und Musik in Games (Special)

Bei Game-Design geht es Spielern vor allem um grafische Elemente. Dabei beeinflusst euch das Sound-Design im Spiel weitaus mehr als euch das vielleicht bewusst ist. Töne manipulieren euch in fast jedem Videospiel.

Es ist ein Element in Games, das einen starken Einfluss auf die Erfahrung hat. Dennoch kommt es bei der Besprechung dieser immer recht kurz: Der Ton. Eine passende Klangkulisse verleiht einem Spiel nicht nur Atmosphäre, emotionale Kraft und Wiedererkennungswert sowie eine Steigerung der Immersion. Sie lehrt euch auch, warnt euch, kurz: lenkt euch. Und das tut sie auf ganz verschiedene Arten, mal mehr und mal weniger offensichtlich.

Gameplay Reveal Trailer

Die offensichtliche Seite ist meist auch die bewusste: Geräusche signalisieren - wie im echten Leben - Ereignisse, indem sie diese begleiten oder ihnen vorausgehen. Hört ihr in einem Stealth-Game wie Dishonored - Die Maske des Zorns Schritte auf euch zukommen, wisst ihr, dass sich ein Gegner nähert und versteckt euch. Clicker in The Last of Us verlassen sich wie Fledermäuse auf akustisches Feedback und geben dabei Laute von sich, die zu hören überlebenswichtig sind.

Der Klang von vorbeisausenden Schüssen in einem Shooter sagt euch, dass ihr in Gefahr seid, und so greift ihr zur Waffe und stellt euch auf einen Kampf ein. In Rennspielen signalisieren Motorengeräusche, ob ihr gerade beschleunigt, mit hoher Geschwindigkeit fahrt, oder bei manueller Steuerung eventuell auch schalten müsst. Solche Möglichkeiten, Mechaniken nicht nur über visuelle Spielelemente zu vermitteln, werden mit Fortschreiten der Technik immer raffinierter.

Musik, die auf eure Aktionen reagiert

Nicht ganz so offensichtlich sind Signalklänge, die nicht der virtuellen Umwelt entspringen. Solche also, die – überträgt man das Spielszenario auf die echte Welt – nicht die Spielwelt selbst erzeugt. Dazu gehört so genannte "Adaptive Musik". Dabei handelt es sich um musikalische Begleitung, die auf Handlungen des Spielers reagiert.

Damit hat sie nicht immer nur eine stimmungsregulierende, sondern auch eine informierende Funktion: War sie bisher noch ruhig und wird dann plötzlich schneller, aufgewühlter, bahnt sich vielleicht Gefahr an. So zum Beispiel in den "The Legend of Zelda"-Spielen, bei denen in der Nähe befindliche Feinde damit angekündigt werden, selbst wenn ihr sie noch nicht seht. Hört ihr die Musik lauter werden, wisst ihr, dass ihr beiseite rollen, euch verteidigen oder auf einen Kampf einstellen müsst.

Oder in Metal Gear Solid: Mit Warngeräuschen wird euch signalisiert, dass ihr gerade entdeckt worden seid, wird die Musik plötzlich unruhig, ist das ein sicheres Zeichen für euch, das Weite zu suchen, euch zu verstecken oder kampfbereit zu machen.

Herzrasen dank In-Game-Sound

In Studien, wie "How Does In-Game Audio Affect Players?", die ihr auf Gamasutra einsehen könnt, zeigt sich, wie sich Sound in Spielen ganz grundsätzlich auf den Körper auswirkt: Eine erhöhte Herzrate, schnellere Atmung – Sound in Spielen beeinflusst eure Physiologie enorm, ohne dass ihr etwas dagegen tun könnt.

Bestimmte Musikstücke werden so eingesetzt, dass euch im wahrsten Sinne das Fürchten gelehrt wird. Ihr erinnert euch sicher alle an das Stück, das immer dann in einem Bereich von Resident Evil 3 – Nemesis spielt, wenn sich das namensgebende Monster in der Nähe befindet:

(Quelle: YouTube, DistantMirrors)

Selbst wenn ihr den Erzrivalen nicht seht, setzt mit der Zeit eine Fluchthaltung bei euch ein, wenn ihr diese Musik hört. Verlasst ihr den Abschnitt und die Musik läuft noch, wisst ihr, dass ihr nicht in Sicherheit seid. Resident Evil spielt aber auch mit euren Erwartungen, indem es euch akustisch in Sicherheit wiegt und dann optisch überrascht. Der Sound manipuliert euer Denken und Handeln hier ganz gezielt.

Panik aus dem Lautsprecher

Doch nicht erst in jüngerer Vergangenheit haben Sound-Designer auf diese Weise mit euch gespielt. Bereits Space Invaders hat sich eines akustischen Tricks bedient: Der Rhythmus im Hintergrund ist angelehnt an den menschlichen Herzschlag. Wenn die Zeit für den Spieler knapper wird, erhöht sich die Taktfrequenz der Schläge. Mit diesem suggerierten Ansteigen der Herzrate wird der Spieler in Eile versetzt und beginnt, hektisch zu werden.

In einem Video auf dem YouTube-Kanal von WIRED sprechen Sound-Designer über diese und andere Besonderheiten ikonischer Videospiel-Sounds und deren Einflüsse auf den Spieler:

(Quelle: YouTube, WIRED)

Wiederkehrende Töne sind oft ein Mittel der Konditionierung. In bestimmten Spielereihen, signalisieren sie immer gleiche oder ähnliche Ereignisse: Beispielsweise die Menütöne und bestimmte Jingles in "Final Fantasy"-Spielen. Sounds wie die bei Level-Aufstiegen sind meist besonders eingängige Tonfolgen, die sich belohnend anfühlen. Ihr werdet von ihnen rückversichert, dass ihr etwas gut oder richtig gemacht habt.

Wenn ihr diese belohnenden Töne hört, assoziiert ihr Kampfsiege und Erfolge damit und arbeitet gezielt darauf hin, diese Töne auszulösen. Das Spiel motiviert euch also auch durch Töne, es nochmal zu versuchen, wenn ihr gescheitert seid. In der Tonlehre nennt man diese Muster "Konsonanzen", weil hier positive Ereignisse mit Tönen harmonieren, die sich gut anfühlen.

Manchmal gibt die Musik auch das Muster vor, nach dem ihr die Tasten drücken müsst, um zu bestehen. Und damit sind nicht nur Musikspiele gemeint, deren Kernmechanik so funktioniert. Beispielsweise gibt es in Rayman Legends bestimmte Level, die ihr dann perfektioniert, wenn ihr Taktfolge und Dramaturgie der Musik verinnerlicht, die im Hintergrund läuft.

Videospiel-Samples in der Musik

Videospiel-Samples in der Musik
Bilderstrecke starten (16 Bilder)

Nach so viel Musiktheorie könnt ihr euch in der Bilderstrecke erst einmal ein bisschen "praktische" Musik zu Gemüte führen. Während ihr das tut, sagt uns doch gern: Welche anderen Arten fallen euch ein, auf die euch Töne und Musik in Videospielen lenken? Schreibt es uns in die Kommentare, wir sind auf eure Beiträge gespannt!

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