von Michael Sonntag (Montag, 03.01.2022 - 16:13 Uhr)
Ja, ich weiß. Auch wenn ein Spiel nach dem anderen erscheint, würden die Gamer am liebsten alle eintauschen, um GTA 6 gleich morgen zu bekommen. Ich verstehe das, auch ich dürste nach einem Kometeneinschlag in der Gamingwelt. Aber statt zu hohe Erwartungen in ein Spiel wie GTA 6 zu setzen, das gefühlt erst in Jahrzehnten kommen wird, suche ich lieber nach großartigen GTA-Alternativen, die bereits erschienen sind – und trotz 20 Jahren Staub immer noch unglaublich fetzen. Bei diesem Shooter würde sich selbst John Wick Urlaub zum Zocken nehmen. Da bin ich mir ziemlich sicher.
Im Sommer 2001 erschienen, dann auf den deutschen Index verbannt worden und seit 2012 wieder rehabilitiert: Mit seinem düsteren Großstadt-Setting und seinem Kugeln und Sprüche ballernden Helden könnte Max Payne eigentlich durch und durch ein Rockstar-Spiel sein. Der wahre Schöpfer ist aber Entwickler Remedy Entertainment, der später zwar seine legendären Ballereien beibehalten hat, sich aber mit Alan Wake und Control eher ins Übernatürliche aufgemacht hat. Max Paynes Ursprung und Fortführung mit Rockstar ist wahrlich kompliziert, aber bleiben wir beim Wesentlichen: Es hat nie einen besseren GTA-Shooter gegeben! Und wozu sich auf die Fata Morgana GTA 6 versteifen, wenn man stattdessen eine großartige Alternative nachholen und aus einer neuen Perspektive erleben kann?
Die Story von Max Payne kurz zusammengefasst, so wenig sie auch braucht, um einen guten Grund zum Ballern zu liefern: Nachdem Einbrecher seine Frau und sein Kind ermordet haben, ist Max Payne nicht mehr derselbe. Mit dem einzigen Hinweis, dass all das mit einer mysteriösen Droge zusammenhängt, macht er sich als Undercover-Cop auf, die gesamte New Yorker Unterwelt aufzuräumen. Und lasst uns ehrlich sein! Eine Open World wie in GTA 5 bedeutet in den meisten Fällen nicht nur viel Freiheit und Erkundung, sondern auch viel Leerlauf und lange Fahrtzeiten zu Auftraggebern. Zum Glück besitzt Max Payne so etwas nicht und schickt euch in eine nie enden wollende Baller-Orgie, Raum für Raum, Level für Level. Ohne Pause, höchstens zum Nachladen!
Anstatt ein langweiliger Deckungsshooter zu sein, zu dem auch GTA Online leider viel zu oft tendiert, setzt Max Payne auf offensives Gameplay: Die Gegner sind aggressiv, zahlreich und kommen von allen Seiten, während Max immer mitten hineinläuft und seine Energieleiste schnell leergeht. Um das überleben, kommt es auf den John-Wick-Skill an. Mit seiner berühmten Bullet Time kann Max Payne in Slow-Motion springen und laufen. Es macht unglaublich Spaß, sich mit dieser Fähigkeit wie ein kaltschnäuziger Revolverheld aufzuführen und jede schwierige Situation zu meistern – zum Beispiel sich in ein Zimmer voller Karten spielender Gangster zu stürzen und alle auszuschalten, während man den Tisch umrundet. Irre komisch, wenn man sich überlegt, dass das einzige wirkliche "John Wick"-Spiel namens Hex auf absolut entschleunigte, rundenbasierte Kämpfe setzt und schnell wieder vergessen worden ist.
Mittlerweile besitze ich Max Payne als Disc für PS2 und zweimal digital für PS3 und PS4 – weil sich zwischendurch immer Zeit findet, einzelne Level zu genießen oder eben die gesamte Story zu spielen. Es ist nicht nur das schnelle Flow-Gameplay, das Max Payne einzigartig macht, vor allem die Atmosphäre und der Stil baden den Spieler die gesamte Zeit über in guter Bad-Ass-Laune. So wird die Geschichte beispielsweise über "Sin City"-ähnliche Comicstrips erzählt, in der Max Payne immer wie ein "Ich bin zu alt für diesen Scheiß"-Bruce Willis seine coolen Sprüche und Vergleiche zum Besten gibt, (wobei hier die damalige Indizierung den "vorteilhaften" Umstand mit sich bringt, dass man das Spiel nur auf Englisch genießen kann und ohnehin muss!)
Auch 20 Jahre später hat Max Payne an Geschwindigkeit, Gangster-Satire und Spaß nicht eingebüßt, selbst die pixlige Grafik lässt das Spiel heute noch charmanter und düsterer wirken (ähnlich wie bei GTA 3, was auch niemals hätte remastert werden dürfen). Max Paynes erstes Abenteuer ist perfekt, während Max Payne 2 die Messlatte zwar halten, aber nicht übersteigen kann, und Max Payne 3 die komplette Atmosphäre für ein viel zu brachiales Gameplay opfert. Selbst wenn Max Payne 4 vor GTA 6 kommen sollte, was nicht passieren wird, brauche ich es nicht. Was das angeht, würde ich es tatsächlich spannender finden, wenn andere Studios Max Paynes Ideen für neue Gangsterspiele weiterspinnen würden. Alle Hoffnung nur auf GTA 6 zu setzen, halte ich für falsch, was ich bereits beim Spielen des Mafia-Remasters gemerkt habe. Es schadet nicht, die rosarote GTA-Brille mal herunterzunehmen.
Und die Moral von der Geschicht? Auf GTA 6 zu warten und danach zu schreien, lohnt sich nicht. Dafür gibt es viel zu gute Alternativen, wofür sich auf jeden Fall ein Blick in die obere Bilderstrecke lohnen kann. Darüber hinaus kann ich wirklich nur jedem GTA-Fan ans Herz legen, Max Payne nachzuholen. Für seinen Erzählstil, seine düstere Welt und sein Gameplay. Klar, es gibt in Max Payne keine Autos zu stehlen wie in GTA, aber was das Gameplay angeht, hängt diese 20 Jahre alte Shooterkarre viele heutige Deckungsshooter-Produktionen mit links ab – und zerschießt ihnen anschließend die Reifen, um danach noch einen coolen Spruch zu drücken.
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