von Nathan Navrotzki (Dienstag, 08.02.2022 - 10:43 Uhr)
Das vor kurzem erschienene Pokémon-Legenden: Arceus spaltet die Geister: Handelt es sich bei dem neuen Spiel von Game Freak um ein reines Meisterwerk oder um kompletten Müll? Warum beide Extreme falsch sind, schauen wir uns hier einmal genauer an. Ein Kommentar.
„Ist das Kunst oder kann das weg?“ So oder so ähnlich klang der Diskurs zu Pokémon-Legenden: Arceus schon Monate vor seinem Release. Grafisch war das Spiel für viele ein Graus, aber das brandneue, actionlastige Gameplay lockte dann doch viele hinterm Ofen hervor.
Schon in ersten Trailern war abzusehen: Grafisch hat das Spiel nicht viel auf dem Kasten:
Und wie sieht’s mittlerweile mit der allgemeinen Stimmung in der Community aus? Nicht sonderlich anders. Auf der einen Seite haben wir die Begeisterten, die das Spin-Off gleich als eine Art Revolution für die Pokémon-Reihe bezeichnen. Und auf der anderen haben wir wütende Langzeitfans, die nicht mehr mit ansehen können, wie Game Freak ihr geliebtes Franchise angeblich verschandelt.
In Wirklichkeit übertreiben beide Seiten einfach maßlos. Warum beide Lager – meiner persönlichen Meinung nach – falsch liegen? Schauen wir uns beide Seiten doch mal genauer an, um sie zu widerlegen.
Immer wieder lese ich in Rezensionen sowie in den sozialen Medien, dass Fans das Spiel als das beste Pokémon-Game der vergangenen Jahre, sogar Jahrzehnte, bezeichnen. Klar, die Community hat sich schon seit Langem ein actionreicheres, erwachseneres Pokémon-Spiel mit höherem Schwierigkeitsgrad gewünscht. Das bietet Pokémon-Legenden: Arceus an sich auch. Aber reicht das Abgelieferte wirklich aus, um es als „revolutionär“ zu betiteln?
Gameplay
Vom Gameplay her macht ihr immer wieder dasselbe. Ihr kommt in ein neues Gebiet, schmeißt Pokébälle auf alles, was sich bewegt und besiegt das königliche Pokémon der Region. Fertig? Gut, zurück zur Basis. Jetzt könnt ihr euch einer der vielen Fetch-Quests widmen. Und davon gibt es eine Menge. Legenden: Arceus ist im Prinzip „Fetch-Quests: Das Spiel“. Das ist an sich nichts Schlimmes. Aber es ist einfach zu stumpf, um es so in den Himmel zu loben, wie es manch ein Poké-Fan tut.
Noch dazu halten euch viele belanglose Dialoge von eurem eigentlichen Abenteuer in der Wildnis ab. Ganz zu schweigen von der Nonsens-Prämisse des Spiels. Statt nämlich einfach nur einen Trainer in der Hisui-Zeit zu spielen, was cool gewesen wäre, schickt euch Arceus – also im Prinzip Gott – persönlich als Auserwählten oder Auserwählte zurück in die Vergangenheit. Okay.
Schwierigkeitsgrad
Vom Schwierigkeitsgrad will ich gar nicht erst anfangen – ich meine: Was ist da los? Game Freak hatte schon immer so seine Schwierigkeiten mit dem Balancing seiner Spiele. In der Hauptreihe wart ihr schnell so stark, dass ihr alle Gegner mit einer Attacke zerfetzt habt. Und in Legenden: Arceus machen euch teilweise wilde Pokémon platt, die zehn Stufen unter euch sind und auch noch benachteiligte Typen haben.
Und Elite-Pokémon sind eh zu hoch gelevelt, als dass ihr sie gleich beim ersten Treffen fangen könnt – selbst wenn ihr sie genug schwächt. Für die besonders großen Monster müsst ihr dann also später in alte Gebiete zurückkehren.
Eine schöne, offene Welt – oder so ähnlich
Die fünf Gebiete, die ihr im Laufe der Handlung erkundet, könnten langweiliger kaum sein. Die Welt ist so leer, der einzige Anreiz diese zu erkunden, sind die darin lebenden Pokémon. Hätte man da nicht kleine Rätsel einbauen können, wie die Koroks in Breath of the Wild? Oder irgendwelche interessanten Sehenswürdigkeiten?
Diese Leere könnte ich ja noch verzeihen, würde das Spiel wenigstens gut aussehen. Dass die Grafik nicht das Gelbe vom Ei ist, wollte ich anfangs, so gut es ging, ignorieren. Wenn ich aber daran denke, wie wunderschön New Pokémon Snap vergangenes Jahr ausgesehen hat, wird mir ganz anders. Vielleicht hätte Game Freak Bandai Namco auch für Legenden: Arceus um Hilfe bitten sollen.
Ich freue mich wirklich für jeden, der Spaß mit dem Spiel hat. Mir ging es die meiste Zeit über genauso, vor allem in den ersten Stunden. Aber zum Meisterwerk fehlt hier noch so einiges. Das Spiel ist solide, setzt die Messlatte jetzt aber auch nicht höher für kommende Pokémon-Games. Da wäre so viel mehr drin gewesen.
Wenn es nicht das eine Extrem ist, dann das andere. Einige Kritiker sehen jetzt, nach Legenden: Arceus, komplett schwarz für die Zukunft des Franchises. Aber warum? Klar, die genannten Kritikpunkte, die auch innerhalb der Community genannt werden, bleiben bestehen. Trotzdem ruinieren sie aber nicht gleich das gesamte Spiel.
Wenn wir uns mal anschauen, was Legenden: Arceus alles richtig macht, kommt da auch eine Menge Positives zusammen. Zum einen weiß das Game, wie es Spieler und Spielerinnen in seinen Bann zieht. Den Pokédex Stück für Stück zu füllen ist ein motivierendes Ziel, weshalb es einen Riesenspaß macht, neue Pokémon in bisher unerforschten Gebieten zu entdecken und sie zu fangen.
Wenn ich das Spiel also als eine reine Fetch-Quest bezeichne, dann meine ich das nicht unbedingt negativ. Denn so stumpf es auch ist, das Grinden kann locker für mehrere Stunden am Stück unterhalten. Die Möglichkeit, gleich mehrere Monster auf einmal zu fangen, ist da auch eine große Hilfe.
Vor allem nervt mich an der Anti-Seite aber diese überwältigende Negativität. Legenden: Arceus mag nicht das beste Spiel der Reihe sein, aber ein kompletter Reinfall ist es eben auch nicht. Sonst hätten vermutlich nicht so viele Fans ihren Spaß damit, oder? Irgendwas scheint Game Freak also richtig zu machen, auch wenn da noch sehr viel Luft nach oben ist.
Zusammenfassend lässt sich nur sagen: Keine der beiden Seiten hat Recht. Das Spiel ist weder ein Meisterwerk, noch totaler Müll. Meine Bitte an die Community ist daher: Bleibt mal locker. Versucht die Sachen realistisch zu sehen. Und seid bitte nett zueinander, auch wenn ihr anderer Meinung seid.
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