von Sanel Rihic (Mittwoch, 20.04.2022 - 10:40 Uhr)
Der erste Trailer zu Kingdom Hearts 4 wirkt irgendwie ... fremd. Tatsächlich nähert sich Kingdom Hearts immer weiter dem nie erschienenen Final Fantasy Versus 13 an. Ein Spiel, das auf seine seine zweite Chance wartet – und sie jetzt anscheinend bekommt. Ein Kommentar.
Es ist die Geschichte eines Mannes, Tetsuya Nomura, der an einer Idee krampfhaft festhält. Aber was bedeutet das für Kingdom Hearts 4? Zwischen Neugier und Bedenken – das sind meine Gedanken.
Alles hat ein Ende, nur Kingdom Hearts hat keins. Mit Kingdom Hearts 4 beginnt nämlich eine neue Saga: The Lost Master Arc. Folgerichtig muss sich auch etwas in der JRPG-Reihe verändern. Der erste Trailer macht dies auch deutlich. Optisch hebt sich das Spiel stark von vorherigen Teilen ab. Aber nicht nur der Stil ist ein anderer. Kingdom Hearts 4 wirkt wie Tetsuya Nomuras ungeborenes Kind: Final Fantasy Versus 13
Der Kingdom-Hearts-Schöpfer war einst für ein Final-Fantasy-Spin-off auf der PS3 zuständig, das mehr als vielversprechend aussah. Jedoch zog sich das Projekt wie Kaugummi. Fast zehn Jahre steckte das Final-Fantasy-Game in der Produktionshölle fest, bis Nomura letztlich zurücktreten musste und Hajime Tabata das Ruder übernahm. Aus Final Fantasy Versus 13 wurde einige Jahre später schließlich Final Fantasy 15.
Aber nicht alle Ideen haben es in das finale Final Fantasy geschafft. Und genau da setzt Nomura nun an. Er kann sein Kind einfach nicht vergessen – er kann nicht loslassen. Er beharrt darauf und deshalb wird er mit aller Macht sein Final Fantasy Versus 13 in Kingdom Hearts 4 erschaffen.
Tatsächlich ist das gar keine so große Überraschung. In Kingdom Hearts 3 wirkt bereits eine Zwischensequenz zu Verum Rex, ein Videospiel in der Toy-Story-Welt (also ein Spiel in einem Spiel gespielt von Spielzeugen – danke, Nomura), losgelöst von der restlichen Handlung.
Darin seht ihr eine Gruppe kämpfen, die eine starke Ähnlichkeit mit der Truppe aus Final Fantasy Versus 13 beziehungsweise 15 hat. Insbesondere die Hauptfigur Yozora ähnelt sehr dem Final-Fantasy-Helden Noctis Caelum. Beide Namen heißen übersetzt Nachthimmel. Nomura, du Fuchs!
Verum Rex war der erste Schritt in Richtung Final Fantasy Versus 13. Auf der Rückseite der Spieleverpackung, welche in der Welt zu finden ist, steht sogar „Fordere dein Herz zurück“, was eine Anspielung an das Thema aus Final Fantasy 15 ist, und zwar „Fordere deinen Thron zurück“.
Mit dem DLC Re Mind machte es Nomura dann fast schon offiziell. Denn nach dem Kampf gegen Yozora spielt eine Zwischensequenz, die eins zu eins einem Trailer von Final Fantasy Versus 13 gleicht – von der Kameraeinstellung über das Setting bis hin zum Inhalt der Szene.
Welche ungemeine Bedeutung Verum Rex hat, beweist auch seine Aussage bei einem Q&A: So sei sich Nomura zunächst nicht sicher gewesen, wie er das neue Kingdom Hearts nennen soll: Kingdom Hearts 4 oder Verum Rex? (Quelle: KH13)
„Das ist eine auf der Realität basierende Fantasie.“ Dieser Satz zierte den Trailer von Final Fantasy Versus 13. Und siehe da: Der Trailer zu Kingdom Hearts 4 verkörpert eben genau das. Auch die gezeigte Stadt Quadratum ist zwar angelehnt an das moderne Tokio, jedoch ähnelt sie auch der realistischen Stadt aus den frühen Trailern des Final-Fantasy-Spin-offs, bevor es zu Final Fantasy 15 mutierte. Und nach Yozora sieht selbst Sora nun aus wie Noctis.
Selbst die Melodie in beiden Trailern ist stellenweise die gleiche. Das liegt an derselben Künstlerin, Yoko Shimomura, die generell in ihren Soundtracks Überschneidungen kreiert, um beispielsweise Beziehungen zwischen Figuren hervorzuheben. Daher ist es nicht abwegig, dass Nomura auch über den Soundtrack die beiden Spiele weiter verschmelzen möchte. Es ist schon witzig, schließlich spielt die Replikation eine nicht unwesentliche Rolle in der Kingdom-Hearts-Serie.
Die Hinweise sind recht eindeutig: Nomura verpackt seine Ideen, die er ursprünglich für Final Fantasy Versus 13 hatte, in Kingdom Hearts 4.
Eine neue Richtung, ein frischer Wind schadet der Reihe sicherlich nicht. Aber nach einem eher enttäuschenden, trotzdem erfolgreichen Kingdom Hearts 3 habe ich die Sorge, dass Nomura jetzt seine ursprüngliche Vision von Final Fantasy Versus 13 ohne Wenn und Aber in Kingdom Hearts 4 presst. Das könnte dazu führen, dass sich Handlungsstränge womöglich erzwungen anfühlen, lose Enden schlecht oder gar nicht aufgegriffen werden und der Charme früherer Spiele verloren geht.
Alles steht und fällt eben damit, wie gewissenhaft Nomura mit den beiden Projekten umgeht, die er gerade versucht, zu fusionieren. Das, was ich bisher sehen durfte, sieht mir aber noch nach einem Ungleichgewicht aus – und das ist beunruhigend.
Ich möchte das aber nicht auf einer traurigen Note enden lassen. Denn trotz meiner Befürchtungen bin ich auch neugierig. Ich möchte nämlich erfahren, wohin die Reise geht; es ist aufregend, zu sehen, wie überzeugt Nomura von seinen Ideen ist, die er einst für Final Fantasy Versus 13 geplant hatte.
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