God of War (2018)

God of War macht mich krank: Was sich in Spielen dringend bessern muss

von Nathan Navrotzki (Donnerstag, 09.06.2022 - 19:00 Uhr)

God of War ist nur eines von vielen Spielen mit diesem Problem. (Bildquelle: Santa Monica Studio, Getty Images / Antonio_Diaz)
God of War ist nur eines von vielen Spielen mit diesem Problem. (Bildquelle: Santa Monica Studio, Getty Images / Antonio_Diaz)

Im Jahr 2019 beschloss ich mich endlich dazu God of War nachzuholen. Doch das Spiel hat mir schon zu Beginn zu verstehen gegeben, dass wir beide keine Freunde werden. Warum Barrierefreiheit auch heute noch ein wichtiges Thema ist, das jeden etwas angeht – Ein Kommentar von Nathan Navrotzki.

Ich konnte God of War nicht spielen

Mit dem Thema Barrierefreiheit in Spielen habe ich mich lange Zeit nicht auseinandergesetzt. Wieso auch? Ich war doch immer kerngesund – oder zumindest körperlich immer in der Lage einen Controller zu bedienen. Mehr braucht man doch nicht zum Spielen, oder?

Wie naiv dieses Denken war, realisierte ich erst, als ich selbst betroffen war. Nachdem ich nämlich viel Positives über das neue God of War gehört hatte, wollte auch ich in die nordische Mythologie abtauchen und ein paar Walküren eins auf die Mütze geben. So weit sollte es aber gar nicht erst kommen, denn mein größter Feind waren keine schweren Gegner, sondern die wackelige Kamera. Bereits in der Anfangsszene wurde mir so schwindelig, dass ich den Controller nach ein paar Minuten beiseitelegen musste.

„Motion Sickness“ oder zu Deutsch „Bewegungskrankheit“ nennt man es, wenn die Augen Bewegungen wahrnehmen, die das Gehirn und der Gleichgewichtssinn, nicht registrieren. Diese Nichtübereinstimmung kann dann zu Schwindel und Übelkeit führen. Häufig tritt dieses Phänomen auch in Videospielen auf – meistens in Virtual Reality oder Ego-Shootern, aber eben auch, wenn die Kamera etwas zu wackelig, instabil oder zu schnell ist.

Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nie wirklich bewusst, dass ich Einschränkungen im Gaming erlebe und auch schon immer erlebt habe. Dabei könnte meine Motion Sickness auch erklären, warum mir bei VR und anderen Ego-Perspektiven schon immer schwummrig wurde und ich sie deswegen gemieden habe.

Hoffentlich hattet ihr ein besseres Spielerlebnis mit God of War und freut euch auf den Nachfolger. Was sich unsere Leser und Leserinnen von Ragnarök wünschen, erfahrt ihr in der folgenden Bilderstrecke:

God of War Ragnarök Das wünscht ihr euch vom neuen Action-Hit

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Barrierefreiheit: Warum sollte es euch interessieren?

Barrierefreiheit geht uns alle etwas an. Zum einen, weil auch ihr Barrieren beim Spielen haben könntet, von denen ihr nur noch nichts wisst.

Zum anderen profitiert ihr aber auch ohne eigene Barrieren von Spielen, die diese miteinbeziehen. Wenn ihr eure Knöpfe zum Beispiel gerne selbst belegt, ihr Wert auf übersichtliche Benutzeroberflächen legt oder ihr einfach gerne mit Untertiteln oder Vertonung spielt, dann macht ihr Gebrauch von barrierefreien und nutzerfreundlichen Design-Entscheidungen.

Und zu guter Letzt hilft es natürlich den Spielern und Spielerinnen mit Behinderungen, die ihnen das Hobby schwerer zugänglich machen, also Personen, die auf diese Features angewiesen sind. Und einer Gruppe von Spielern von Spielspaß und tollen Geschichten auszuschließen, wollen wir hoffentlich alle vermeiden.

Welche Barrieren gibt es?

Schauen wir uns mal ein paar der wichtigsten Features an, die Gaming für jeden angenehmer machen.

Controller

Das Umverteilen von Knöpfen auf Controllern und Keyboards ist nicht nur für Gewohnheitstiere wichtig, sondern auch für Menschen, die nicht so gut oder nicht überall greifen und tippen können.

Manche müssen einhändig spielen, andere können Knöpfe nicht lange gedrückt halten, weil ihnen die Kraft in den Fingern fehlt. Die Entwickler von Ratchet & Clank: Rift Apart haben es dafür zum Beispiel in den Einstellungen möglich gemacht, dass Knöpfe nicht gedrückt gehalten werden müssen, sondern ein einzelner Knopfdruck die gewünschte Attacke oder Funktion an – und ausschaltet.

Auch Button-Mashing und Quick-Time-Events zählen für viele zu Hürden, die durch Einstellungen umgangen werden können. It Takes Two und The Dark Pictures Anthology bieten beispielsweise Möglichkeiten diese auszustellen.

Untertitel

Vor allem für Menschen, die nicht gut bis gar nicht hören können und für die es schwierig ist Gehörtes zu verarbeiten, sind Untertitel ein Muss. Damit diese auch gut sichtbar sind, sollten sie sich durch Kontraste vom Hintergrund abheben und farblich anpassbar sein. Auch wichtig: Nicht nur das Gesprochene sollte Untertitel bekommen, sondern auch andere Geräusche, die zur Atmosphäre beitragen.

In Resident Evil Village fehlt dies zum Beispiel. Ein Spieler der schlecht hören kann, bekommt somit nichts von den schaurigen Geräuschen mit, die auch in stillen Momenten zum Schrecken des Spiels beitragen.

Grafik

Für Spieler und Spielerinnen, die weniger gut sehen können oder schnell von visuellen Eindrücken überreizt sind, sind detaillierte Grafikeinstellungen und übersichtliche Menüs wichtig. Menüs und Schrift sollten groß genug und gut leserlich sein. Es sollte außerdem verschiedene Filter für Farbenblinde geben sowie die Möglichkeit grelle und schnell erscheinende Lichter und Effekte auszustellen.

Schwierigkeitsgrad, Orientierung und mehr

Auch Spielende mit kognitiven Behinderungen sehen sich immer wieder vor Barrieren gestellt. Manche haben zum Beispiel Schwierigkeiten mit der Orientierung, weshalb optionale Wegweiser und genaue Missionsbeschreibungen eine große Hilfestellung bieten können.

Andere wiederum verfügen nicht über die nötigen Reflexe, Ausdauer oder das Vermögen schnell dazuzulernen, wenn es um harte Bosse geht. Gerade Spiele der Marke From Software, wie zuletzt Elden Ring, eröffnen immer wieder die Debatte darüber, ob jedes Spiel einen Easy Mode braucht.

Souls-Fans verteidigen oft das Argument, dass diese Spiele eben genauso gespielt werden sollen. Leider werden durch das Fehlen eines einfachen Modus aber eine Reihe Gamer ausgeschlossen, die aus verschiedenen Gründen keine Chance haben in den Genuss eines vermeintlichen Meisterwerks zu kommen.

Und – um den Kreis zu schließen – auch Motion Sickness gehört zu den kognitiven Problemen, die Spielenden das Erlebnis madig machen können. Um dem entgegenzuwirken gibt es Möglichkeiten Kamerawackeln auszuschalten und sie zu stabilisieren. Auch God of War bietet diese Optionen, nur haben sie bei mir persönlich leider nicht viel gebracht. Abgesehen davon, dass ich erst viel zu spät davon erfahren habe.

Das sind, wie gesagt, nur ein paar der wichtigsten Punkte, die Spiele zugänglicher machen. Aber hoffentlich gibt die Auflistung einen kleinen Überblick darüber, mit was für Schwierigkeiten manche Spieler und Spielerinnen zu kämpfen haben – und was Entwicklerstudios tun können, um dem entgegenzuwirken.

Für mehr gute und schlechte Beispiele in Spielen der vergangenen Jahre, kann ich den YouTube-Kanal von Game Makers Toolkit wärmstens empfehlen. Das Thema wurde hier in der Vergangenheit besonders anschaulich und leicht verständlich aufbereitet:

Welche Entwickler treiben das Thema voran?

Vor allem Microsoft engagiert sich für weniger Barrieren im Gaming. So gibt das Unternehmen bestimmte Kriterien an, die ein Spiel erfüllen muss um auf Konsolen der Xbox-Familie zu erscheinen. Darüber hinaus hat Microsoft sogar einen kostenlosen Kurs zum Thema Barrierefreiheit veröffentlicht, den sich Videospielentwickler anschauen können um daraus zu lernen.

Sony hat im Store eine eigene Seite für besonders barrierefreie Spiele eingerichtet, zu denen unter anderem Assassin’s Creed Valhalla, The Last of Us Part 2, Ratchet & Clank und das Indiespiel Spiritfarer gehören. Allgemein scheint es hier jedoch den einzelnen Entwicklern überlassen zu sein, wie zugänglich sie ihre Spiele gestalten.

Was auffällig ist: Vor allem westliche Entwicklerstudios achten auf Barrierefreiheit. Japanische Spiele bieten noch viel zu selten Optionen, die Spiele zugänglicher machen, siehe Resident Evil und Elden Ring. Nintendo kann zumindest mit übersichtlichen Menüs, gut sichtbaren Farben und seiner Einsteigerfreundlichkeit punkten.

Indiespiele hingegen sind noch achtsamer als so manche AAA-Titel. Viele berücksichtigen die genannten Barrieren. Boyfriend-Dungeon macht sogar auf mögliche verstörende Inhalte aufmerksam. Denn auch psychische Erkrankungen können Videospiele zu einer Tortur statt zu einem spaßigem Erlebnis machen.

Wenn ihr mehr über darüber erfahren wollt, wie barrierefrei neue Spiele sind, halten euch Seiten wie Can I Play That mit darauf zugeschnittenen Artikeln auf dem Laufenden.

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