von Daniel Boldt (Montag, 20.06.2022 - 11:06 Uhr)
Lootboxen sind schlecht! So heißt es zumindest. Bestätigt wird diese Aussage durch zahlreiche Skandale und politische Debatten auf internationaler Ebene. Aber ist die Mechanik wirklich so furchtbar?
„Was zur Hölle?!" wird sich der eine oder andere Leser bei der Überschrift dieses Artikels höchstwahrscheinlich denken. Und während auf Facebook bereits wütende Kommentare nur anhand der Überschrift getippt werden, möchte ich euch, die den Artikel offenbar lesen, kurz in meine Gedankenwelt einladen.
Ich verstehe, dass die Headline „Lootboxen sind viel besser als ihr denkt und ich verrate euch warum“ enorm triggert. Immerhin gelten Lootboxen als die Speerspitze der verhassten Mikrotransaktionen und stehen symbolisch für alles, was falsch läuft in der Gaming-Branche.
Sie haben sich wie die Pest über die Videospielindustrie verbreitet und sind dafür verantwortlich, warum Spiele wie Star Wars Battlefront 2 oder die diversen FIFA-Ableger bei der Allgemeinheit einen eher fragwürdigen Ruf haben.
Vor allem in der Smartphone-Sektion sind die bunten Boxen inzwischen Standard und ein handfestes Problem. Animieren sie doch zumeist minderjährige Spieler dazu, permanent echtes Geld in die als Slot Machines getarnten Games zu investieren.
Um Mobile-Games soll es in diesem Artikel aber gar nicht gehen. Es geht mir vielmehr darum vorab festzuhalten, dass ich mir als Autor dieses Kommentars über den negativen Einfluss und die vielen Probleme im Zusammenhang mit Lootboxen sehr wohl bewusst bin.
Und das führt mich zu folgender These: Lootboxen sind nicht gleich Lootboxen.
Die Mechanik funktioniert zwar überwiegend gleich, also eine digitale Box enthält einen zufälligen digitalen Inhalt, aber die Umsetzung ist für mich entscheidend. Richtig umgesetzt kann die ansonsten so verhasste Lootbox-Mechanik nämlich wunderbar motivierend und belohnend sein. Und zwar ohne den negativen Beigeschmack von Echtgeld und Pay2Win.
Ein hervorragendes Beispiel dafür ist Forza Horizon 5. Das Microsoft-exklusive Rennspiel verfügt über eine ausgefeilte Lootbox-Mechanik. Ironischerweise in Form von Wheelspins, also einer buchstäblichen Slot Machine. Allerdings können sich Spieler die Lootboxen nur erspielen, nicht käuflich erwerben. Ein essentieller Unterschied.
Und da Spieler in Forza Horizon 5 auch für fast jede Aktion belohnt werden, erhalten sie auch regelmäßig neue Spins. So bekommt man als User nie das Gefühl weitere Wheelspins kaufen zu müssen. Stumpfer Grind fällt somit weg.
Es gibt zwar eine kostenpflichte VIP-Mitgliedschaft, die wöchentliche Super Wheelspins enthält, aber den VIP-Status können interessierte Spieler nur einziges Mal erwerben. Es ist also nicht möglich sich unendlich viele Wheelspins zu erkaufen.
Und diese Lootbox-Mechanik funktioniert. Ganz ohne Haken. Was mich auch davon überzeugt, dass die Mechanik an sich nicht schlecht ist. Wie sollte sie auch? Es ist eine ganz natürliche und zutiefst menschliche Reaktion, sich über ein Geschenk zu freuen und sich neugierig zu fragen, was wohl der Inhalt der hübschen Box ist.
Und auch das Prinzip des Zufalls ist in diesem Zusammenhang reizvoll. Die Möglichkeit einen seltenen Gegenstand oder heißbegehrten Skin zu erhalten, den ansonsten kaum ein anderer Spieler hat, löst in uns einen gewissen Nervenkitzel aus.
Oder anders formuliert: Lootboxen machen Spaß. Ganz einfach weil sie unsere kindliche Neugierde befeuern und das Element der Überraschung niemals langweilig wird.
Das Problem an der ganzen Sache sind also nicht die Lootboxen an sich, sondern (mal wieder) die gierigen Publisher, die ihre Entwickler oft dazu zwingen, die Mechanik soweit zu korrumpieren, bis so ein Desaster wie bei Star Wars Battlefront 2 entsteht.
Umso trauriger stimmt es mich, dass das System von Forza Horizon 5 und seiner Vorgänger leider die sprichwörtliche Ausnahme bildet. Denn ein Großteil aller Lootboxen zielen nicht auf den Spielspaß, sondern nach wie vor auf das Bankkonto des Spielers ab.
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