von Ove Frank (Sonntag, 28.08.2022 - 15:30 Uhr)
World of Warcraft Classic bringt dieses Jahr noch die Erweiterung Wrath of the Lich King zurück und die Fanbase ist gehypet. Aber warum eigentlich? Was hat Wrath of the Lich King damals so besonders gemacht? In diesem Artikel erklären wir euch, warum WotLK den Höhepunkt des MMORPG-Genres markierte. Ein Kommentar von Ove Frank
Zur Einordnung: Die zweite WoW-Erweiterung Wrath of the Lich King erschien im November 2008 und lief bis zum Dezember 2010, wo mit Cataclysm schließlich die insgesamt dritte Erweiterung von World of Warcraft ihren Release feierte. Genau diese Übergangsphase zwischen Wrath of the Lich King und Cataclysm war der kommerzielle Höhepunkt des MMORPGs. Zu diesem Zeitpunkt konnte Blizzard insgesamt über 12 Millionen zahlende Abonnenten für das MMORPG verbuchen.
Zu Anfang hatte WotLK noch mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen und einige der auch hier aufgelisteten Neuerungen waren noch nicht ganz ausbalanciert, im Verlauf von zwei Jahren nach Release der Erweiterung wurden diese Schwächen jedoch behoben, sodass zeitgleich mit dem Großen Finale im letzten Quartal 2010 auch die jeweiligen Neuerungen die Spieler überzeugen konnten.
Was im Vorfeld einer neuen Erweiterung immer für verlässlichen Trubel sorgt, sind die inhaltlichen sowie Gameplay-basierten Neuerungen. The Burning Crusade etablierte gleich zwei neue Völker, die Blutelfen und die Draenei, und machte es möglich, innerhalb der neuen Scherbenwelt, Flugreittiere zu nutzen. Diese Neuerungen bereicherten das Spiel natürlich.
Auf Gameplay-Ebene ging WotLK einen Schritt weiter und brachte die erste neue Klasse seit Launch des ursprünglichen WoW ins Spiel. Der Todesritter sorgte nicht nur aufgrund seines düsteren Auftretens für Furore, er sorgte vor allem dafür, dass im Klassen-Balancing die Karten neu verteilt wurden. Gerade im kompetetiven PvP sorgte dies für Spannung.
Im Zusammenhang mit dem Todesritter kamen auch neugeschriebene Quests, die uns als Spielern wesentlich mehr das Gefühl vermittelten, in dieser Welt von Bedeutung zu sein. Durch das sogenannte Phasing spielte man innerhalb einiger Zonen auf unterschiedlichen Ebenen, die dem eigenen Fortschritt entsprachen und so ein individuelleres Storytelling ermöglichten. Dies sorgte für eine wirkungsvollere Immersion in das Spielgeschehen.
Wo wir schon von Atmosphäre sprachen: Der neue Kontinent Nordend bot, was wir uns alle erhofften: Nicht nur gab es tolle neue Gebiete und frische spannende Quests, sondern wir hatten wirklich das Gefühl, eine neue Welt zu erkunden.
Die Anfangsgebiete Nordends erinnerten stark an Skandinavien. Mit seinen Tannenwäldern, den tiefen Fjorden, dem Dämmerlicht und den raubeinigen Einheimischen kam ein gewisses Wikinger-Feeling auf. Die großartige neue Musik unterstrich das Ganze noch einmal. Insgesamt versprach Nordend faszinierende weiterführende Lore und wir wurden nicht enttäuscht. Die Atmosphäre sollte in WoW vielleicht niemals wieder so dicht sein wie hier.
Die fliegende Nekropole Naxxramas fand zu Beginn von WotLK ein Revival und wurde die erste Raid-Instanz. Der recycelte Raid hätte als redundant empfunden werden können, wäre er nicht so verdammt gut gewesen! Naxxramas steht mit seinem atmosphärischen Design, seinem fordernden Schwierigkeitsgrad sowie seinen wunderbar abwechslungsreichen Bossen bis heute im Ruf, der vielleicht beste Raid der WoW-Geschichte zu sein.
Wem Naxxramas noch zu leicht war, der konnte mit Ulduar sein Können so richtig auf die Probe stellen. Zehn der insgesamt 14 Bosse dieser Instanz besaßen einen aktivierbaren Hardmode, der dafür sorgte, dass ihr aus euren individuellen Fähigkeiten sowie aus eurem Teamwork wirklich alles herausholen musstet. Die Zeit der schnell eintönig und unterfordernd werdenden Raids war vorbei!
Nicht nur PvE-Spieler konnten sich über neuen ausgefeilten Content freuen, auch an die PvP-Spieler wurde gedacht: Mit Tausendwinter kam eine Art Open-PvP-Belagerungsschlacht-Modus ins Spiel, welcher die Sieger mit tollen Belohnungen versorgte. Damit bekam das PvP eine neue Facette, womit sich auch diese Spielerschaft angesprochen fühlte.
Die neben dem Orc-Schamanen Thrall wohl ikonischste Figur des Warcraft-Universums ist mit Sicherheit der gefallene Menschen-Prinz Arthas Menethil. Dieser ist praktisch Warcrafts Antwort auf Luzifer, Darth Vader und den Nachtkönig aus Game of Thrones, nur halt all diese Charaktere verschmolzen in einer Figur.
In Warcraft 3 noch spielten wir Arthas als jungen und hoffnungsvollen Prinzen von Lordaeron, einen echten Helden. In seinem Bestreben, sein Volk und seine Heimat von unterschiedlichen Gefahren zu schützen, schlug er jedoch einen zunehmend dunkleren Pfad ein, an dessen Ende er vom bösen Schwert Frostmourne korrumpiert und zum Schlächter und Vatermörder wurde.
In der Erweiterung The Frozen Throne spielten wir Arthas nun als gefallenen Helden, der die untote Geißel ins Feld führt und dabei nach immer mehr Macht strebt. Wir brachten ihn zum besagten Frozen Throne, wo er sich mit dem Lich König vereinte und zum ultimativen Bad Guy avancierte. Nun, viele Jahre später, durften wir in WotLK ihm endlich entgegentreten und seiner Schreckensherrschaft ein Ende bereiten.
Eine shakespearische Tragödie wurde über Jahre hinweg erzählt und immer weiter aufgebaut, sodass wir als Spieler nun die Möglichkeit hatten, mit unserem Sieg über Arthas eine in der Gamingwelt so nur selten dagewesene Katharsis zu erreichen. Einen solchen Aufbau, eine solche Geduld, eine solche Poesie scheint es heute kaum noch zu geben. Es machte dieses Finale zu etwas ganz Besonderem.
Die Gründe, warum WotLK so besonders war und auch monetär einen solchen Erfolg verbuchen konnte, sind mannigfaltig und können nur schwerlich zusammenfassend beantwortet werden. Ich denke, es war eine Kombination aus vornehmlich drei Aspekten, die WotLK in der Geschichte von World of Warcraft und des MMORPG-Genres allgemein so herausstechen lassen:
Der Reiz des Neuen war noch da: Es war schließlich erst die zweite Erweiterung von WoW und alles Neue fühlte sich entsprechend aufregend an. Etwas, was so viele Jahre später freilich keinen so großen Einfluss mehr haben kann.
Die Geschichte und die Lore packten die Spieler: Wir hatten das Gefühl, von Beginn an, seit Warcraft 3 auf diesen einen Punkt hingearbeitet zu haben, auf den Sieg über Arthas. Nachdem dies erreicht war, erschien es schlicht und einfach als nicht mehr möglich, uns noch einmal über Jahre hinweg so zu fesseln.
Es traf den damaligen Zeitgeist: Wir merken ja immer wieder, wie gewisse Trends die Gaminglandschaft dominieren, die sich dem aktuellen Zeitgeist anpassen. Waren es in den letzten paar Jahren die Battle-Royale-Games, die alles zu überschatten schienen, war es damals eben dieses eine MMORPG. Eine große und reiche Fantasywelt mit einer großartigen Geschichte, die wir gemeinsam mit unseren Freunden erleben durften, das sprach uns damals einfach an.
Nun sind weit über zehn Jahre vergangen und die jungen Spieler von damals sind nun erwachsen. Viele haben fordernde Jobs oder Familien. Gemeinsam am Computer durch eine Fantasywelt zu streifen ist einfach nicht mehr so wichtig, während die jüngeren Gamer sich von anderen Dingen angesprochen fühlen.
Ich sehe nicht, dass World of Warcraft oder irgend ein anderes MMORPG jemals wieder zu diesen Höhen aufsteigen wird, wie es WoW damals mit WotLK tat. Dafür kam damals einfach zu vieles Passendes zusammen, was in unserer schnelllebigen Zeit einander einfach nicht mehr finden würde.
Dennoch freue ich mich darauf, im kommenden Classic-Ableger von Wrath of the Lich King, wieder unzählige Stunden zu versenken und Arthas um der alten Zeiten willen noch einmal in seinen untoten Hintern zu treten. Vielleicht werden ja auch einige Neueinsteiger die Magie dieses Spiels und eben dieses Ablegers doch noch für sich erkennen. Ich würde es mir wünschen.
Nachdem ihr nun wisst, was Wrath of the Lich King so besonders gemacht habt, warum testet ihr nicht gleich euer übriges WoW-Wissen und absolviert unser hauseigenes Quiz zu World of Warcraft?
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