von Michael Sonntag (Donnerstag, 09.02.2023 - 15:59 Uhr)
Far Cry 3 gilt unter vielen Fans als einer der besten Shooter und auch als bester Teil der gesamten Reihe! Dabei macht der direkte Vorgänger einiges besser. Wir erklären euch, warum Far Cry 2 eine vergessene Perle ist und sich vor allem für Hardcore-Fans eignet.
Exotische Schauplätze, charismatische Bösewichte, wilde Shooter-Gefechte: Das haben alle "Far Cry"-Spiele gemeinsam. Aber die Mehrheit der Fans weiß: Als Entwickler Ubisoft im Jahr 2012 Far Cry 3 veröffentlichte, stieg dieses Spiel zum Herrscher des Rankings auf und konnte seitdem nie wieder eingeholt werden. Aber was macht Far Cry 3 so besonders? Ganz einfach: Ubisoft hat seine Erfolgsformel gefunden. Die Open World ist wunderschön tropisch und hat viel zu bieten, das Schießbuden-Gameplay ist komfortabel und spaßig, aber vor allem ist es Oberfiesling Vaas Montenegro, der das Abenteuer in einen großartigen Chaos-Urlaub verwandelte.
Nimmt man aber heute die Nostalgie-Brille ab und betrachtet das Ganze etwas aus der Entfernung, zeigt sich, dass der Erfolg von Far Cry 3 vor allem darauf basiert, dass Ubisoft mit diesem Teil die ursprüngliche DNS der Shooter-Reihe veränderte und deutlich massenkompatibler machte. Das macht die Frage, welches Far Cry das beste ist, deutlich schwieriger und interessanter, da es davon abhängt, welche Essenzen man Far Cry genau zuspricht – eine hitzige Debatte, die auch auf ähnliche Weise im "Assassin's Creed"-Kosmos geführt wird und auch dort das Ranking immer wieder auf den Kopf stellt. Ich persönlich finde solche Diskussionen immer sehr interessant, da es schon öfter vorkam, dass ich durch einen Perspektivwechsel ein bestimmtes Spiel plötzlich mit ganz anderen Augen sehen und dabei auch geheime Stärken entdecken konnte.
Was die "Far Cry"-Reihe angeht, bin ich in Foren und auf YouTube auf eine äußerst faszinierende Meinung gestoßen: So gilt für einige Hardcore-Fans Far Cry 2 aus dem Jahr 2008 als der wahre Champion der Shooter-Reihe: Genau aus den Gründen, warum viele Spieler diesen Teil stark kritisieren. Weil Far Cry 2 auf Komfort verzichtet, mit Gameplay-Mechaniken experimentiert und vor allem damit eines erschafft: eine wirklich gnadenlose Spielerfahrung in einer erbarmungslosen Spielwelt. Ich selbst habe diesen Teil zuvor nie gespielt und kannte ihn nur als "Wow, wie realistisch dieses Feuer ist!"-Spiel. Aber Mensch, selten war ich so dankbar, auf die Empfehlung eines Internetmenschen gehört zu haben!
Im Grunde orientiert sich jeder "Far Cry"-Teil – mal mehr, mal weniger – an dem Kriegsfilm Apocalypse Now (oder greift Grundzüge davon auf). Je tiefer sich der Mensch in die Hölle des Krieges begibt, desto mehr Macht erlangt sein primitives Ich zurück – könnte die kürzeste Zusammenfassung lauten. Im Gegensatz zu allen anderen Teilen orientiert sich Far Cry 2 aber nicht nur an dieser Essenz, sondern stürzt sich direkt in das Herz seiner Vorlage, (auch wenn die beste Videospieladaption in dieser Richtung weiterhin Spec Ops: The Line bleiben wird). In Far Cry 2 soll der Spieler den Waffenschmuggler "Der Schakal" in Afrika aufhalten, der in einem Bürgerkrieg daran profitiert, die verfeindeten Parteien mit Waffen zu versorgen. So weit, so Far Cry, aber was macht den 13 Jahre alten Teil jetzt so besonders?
Jedenfalls nicht der Antagonist, der zwar interessant ist, aber Vaas' Charme nicht das Wasser reichen kann. Auch nicht die Open World, die zwar wild ist, aber nach gewisser Zeit recht eintönig wirkt. Wenn Far Cry 2 definitiv eines zu bieten hat, ist es das: Es ist ein Survival-"Call of Duty". Keine Map, nur eine Handkarte mit Kompass, kaum Schnellreisen, schnelle Tode, eigene Waffen können Ladehemmungen bekommen oder sogar explodieren, die Gegner sind aggressiv und spawnen neu – Ballern ist kein Spaß in diesem Spiel, sondern eine stetige Herausforderung. Und als wäre das noch nicht genug, zieht sich der Spielcharakter eine Malaria-Erkrankung zu, für die er immer wieder Tabletten kaufen und einnehmen muss, sofern er nicht mitten im Gefecht sterben will. Die Gefahr ist hier keine Einzelsituation, sondern eine Grundstimmung.
Far Cry 2 wirkt wie eine absolute Ausnahme der Reihe, weil es seine Prämissen vollkommen ernst nimmt. Ihr seid kein Actionheld, der alles niedermäht, sondern ein ganz gewöhnlicher Mensch in einer absolut gefährlichen Welt, ein Mensch, der mal aus Not mordet und dann aus Kalkül, ein Mensch, der mit anderen Verbrechern zusammenarbeiten muss und alles daran setzt, sein Ziel zu erreichen. Es war ein augenöffnendes Erlebnis für mich, da es mir die übrige "Far Cry"-Reihe oft zu leicht macht und ich viel zu schnell merke, dass ich mich in einem Shooter-Vergnügungspark befinde. Far Cry 2 versus Far Cry 3, der Unterschied betrifft nicht nur einzelne Gameplay-Elemente, wie sie eben aufgezählt worden sind, sondern eben die ganze Ausrichtung des Spiels.
Denn worum soll es gehen? Um Sandkasten-Gameplay oder Survival? Far Cry hat im Laufe der Zeit viele Gesichter erhalten, aber so oder so, nach Far Cry 2 hat sich die Reihe immer weiter vom Realismus entfernt und immer mehr Komfort-Features, RPG-Elemente und Nebenaktivitäten aufgenommen. Manche Fans stört diese Entwicklung, andere Fans können seitdem vielleicht mehr mit Far Cry anfangen. Ich muss allerdings – trotz nerviger Bugs und manchmal langweiligem Missionsdesign – den Hardcore-Fans recht geben: Far Cry 2 mag der Außenseiter der Reihe sein, aber gleichzeitig auch ein Beispiel für das, wozu Far Cry fähig war, ist und sein könnte. Und gleichzeitig fühlt es sich damit wie ein Shooter-Spiel an, das nur zufällig Far Cry heißt und nie eine wirkliche Fortsetzung bekommen hat.
Welches Far Cry ist das beste? Das kommt drauf an, was man unter Far Cry versteht. Survival, Sandkasten, Action, etc.? Dank bestimmter Hardcore-Fans konnte ich eine völlige neue Seite an Far Cry entdecken und kann jedem nur wärmstens empfehlen, sich auf diesen absolut chaotischen Trip einzulassen. Und ach ja, das Feuer ist wirklich beeindruckend.
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